Daß die dummen Polen auch gerade jetzt ihre Re¬ volution anfangen mußten, während Du in der Stadt warest -- von hier hätte ich Dich gewiß nicht fortge¬ lassen, nach den neuesten Vorfällen zu fragen. Ich wün¬ sche den lieben Leuten alles Gute, ich glaube Dir's gern, daß sie ein himmelschreiendes Recht haben, aber ich wünsche mir auch meinen Liebhaber.
Hast Du noch nicht genug Nachrichten, wirst Du nicht bald kommen? Ach ich bin wirklich schon recht böse auf Dich: das Wetter wird immer rauher, man kann beinah nicht mehr aus dem Hause, die Lan¬ geweile und Sehnsucht wird immer größer und noch dazu die Angst -- ja wohl die Angst. Höre nur! Gestern kam ein Reisewagen, und brachte mir eine liebe alte Freundin, das wäre ja doch nur etwas, worüber ich mich freuen könnte; ja doch, ich freute mich sehr, aber nicht lange. Denke nur, als wir zum ersten ruhigen Gespräche kamen, da sah aus jedem Auge, jedem Zuge des Gesichts, Dein Blick, Dein Geist, die Worte wa¬
40. Camilla an Valerius.
Daß die dummen Polen auch gerade jetzt ihre Re¬ volution anfangen mußten, während Du in der Stadt wareſt — von hier hätte ich Dich gewiß nicht fortge¬ laſſen, nach den neueſten Vorfällen zu fragen. Ich wün¬ ſche den lieben Leuten alles Gute, ich glaube Dir's gern, daß ſie ein himmelſchreiendes Recht haben, aber ich wünſche mir auch meinen Liebhaber.
Haſt Du noch nicht genug Nachrichten, wirſt Du nicht bald kommen? Ach ich bin wirklich ſchon recht böſe auf Dich: das Wetter wird immer rauher, man kann beinah nicht mehr aus dem Hauſe, die Lan¬ geweile und Sehnſucht wird immer größer und noch dazu die Angſt — ja wohl die Angſt. Höre nur! Geſtern kam ein Reiſewagen, und brachte mir eine liebe alte Freundin, das wäre ja doch nur etwas, worüber ich mich freuen könnte; ja doch, ich freute mich ſehr, aber nicht lange. Denke nur, als wir zum erſten ruhigen Geſpräche kamen, da ſah aus jedem Auge, jedem Zuge des Geſichts, Dein Blick, Dein Geiſt, die Worte wa¬
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40.
Camilla an Valerius.
Daß die dummen Polen auch gerade jetzt ihre Re¬
volution anfangen mußten, während Du in der Stadt
wareſt — von hier hätte ich Dich gewiß nicht fortge¬
laſſen, nach den neueſten Vorfällen zu fragen. Ich wün¬
ſche den lieben Leuten alles Gute, ich glaube Dir's gern,
daß ſie ein himmelſchreiendes Recht haben, aber ich
wünſche mir auch meinen Liebhaber.
Haſt Du noch nicht genug Nachrichten, wirſt Du
nicht bald kommen? Ach ich bin wirklich ſchon recht
böſe auf Dich: das Wetter wird immer rauher, man
kann beinah nicht mehr aus dem Hauſe, die Lan¬
geweile und Sehnſucht wird immer größer und noch
dazu die Angſt — ja wohl die Angſt. Höre nur!
Geſtern kam ein Reiſewagen, und brachte mir eine liebe
alte Freundin, das wäre ja doch nur etwas, worüber ich
mich freuen könnte; ja doch, ich freute mich ſehr, aber
nicht lange. Denke nur, als wir zum erſten ruhigen
Geſpräche kamen, da ſah aus jedem Auge, jedem Zuge
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/194>, abgerufen am 25.02.2025.
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