sich beschäftigt war, als daß es auf die andern hätte Acht haben können. Einen Augenblick war ich durch einen Zufall, der die Andern auseinander sprengte, mit Clara allein. -- "Willst Du mir nicht Morgen schenken, lieber Valer, ich will sonst weiter nichts von Dir." Die Rührung überwältigte mich, weinend fiel ich ihr um den Hals, sie bedeckte mein Gesicht mit ihren war¬ men Händen, küßte mich nur auf das Auge und sprach: "Du guter Junge -- ich will nichts von Dir, als Dich einmal sehen."
Ich wäre untröstlich, erführe dieser Engel meiner Poesie, daß ich noch Andre liebte und küßte. -- Als Alberta zurückkam, eilte ich fort, um Camilla zu su¬ chen. Sie kam mir wie ein Kind sanftlächelnd ent¬ gegen, gab mir ihre Hand und fragte nur: "Sie ist es?" -- Sie ist's, antwortete ich und erregt in allen Fibern meiner Seele wollt' ich das liebenswürdigste Mädchen an mein Herz drücken. Sie hielt mir die Hand vor den Mund und sagte: "Bitte, bitte, nein -- Du armer reicher Mann." -- Willst Du mir meinen Reichthum lassen? -- "Ob ich will?" -- Laß Clara nichts von unsrer Liebe ahnen. "Wie kannst Du bit¬ ten, was sich von selbst versteht; ich bin doch glücklich."
ſich beſchäftigt war, als daß es auf die andern hätte Acht haben können. Einen Augenblick war ich durch einen Zufall, der die Andern auseinander ſprengte, mit Clara allein. — „Willſt Du mir nicht Morgen ſchenken, lieber Valer, ich will ſonſt weiter nichts von Dir.“ Die Rührung überwältigte mich, weinend fiel ich ihr um den Hals, ſie bedeckte mein Geſicht mit ihren war¬ men Händen, küßte mich nur auf das Auge und ſprach: „Du guter Junge — ich will nichts von Dir, als Dich einmal ſehen.“
Ich wäre untröſtlich, erführe dieſer Engel meiner Poeſie, daß ich noch Andre liebte und küßte. — Als Alberta zurückkam, eilte ich fort, um Camilla zu ſu¬ chen. Sie kam mir wie ein Kind ſanftlächelnd ent¬ gegen, gab mir ihre Hand und fragte nur: „Sie iſt es?“ — Sie iſt's, antwortete ich und erregt in allen Fibern meiner Seele wollt' ich das liebenswürdigſte Mädchen an mein Herz drücken. Sie hielt mir die Hand vor den Mund und ſagte: „Bitte, bitte, nein — Du armer reicher Mann.“ — Willſt Du mir meinen Reichthum laſſen? — „Ob ich will?“ — Laß Clara nichts von unſrer Liebe ahnen. „Wie kannſt Du bit¬ ten, was ſich von ſelbſt verſteht; ich bin doch glücklich.„
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0200"n="188"/>ſich beſchäftigt war, als daß es auf die andern hätte<lb/>
Acht haben können. Einen Augenblick war ich durch<lb/>
einen Zufall, der die Andern auseinander ſprengte, mit<lb/>
Clara allein. —„Willſt Du mir nicht Morgen ſchenken,<lb/>
lieber Valer, ich will ſonſt weiter nichts von Dir.“<lb/>
Die Rührung überwältigte mich, weinend fiel ich ihr<lb/>
um den Hals, ſie bedeckte mein Geſicht mit ihren war¬<lb/>
men Händen, küßte mich nur auf das Auge und ſprach:<lb/>„Du guter Junge — ich will nichts von Dir, als<lb/>
Dich einmal ſehen.“</p><lb/><p>Ich wäre untröſtlich, erführe dieſer Engel meiner<lb/>
Poeſie, daß ich noch Andre liebte und küßte. — Als<lb/>
Alberta zurückkam, eilte ich fort, um Camilla zu ſu¬<lb/>
chen. Sie kam mir wie ein Kind ſanftlächelnd ent¬<lb/>
gegen, gab mir ihre Hand und fragte nur: „Sie iſt<lb/>
es?“— Sie iſt's, antwortete ich und erregt in allen<lb/>
Fibern meiner Seele wollt' ich das liebenswürdigſte<lb/>
Mädchen an mein Herz drücken. Sie hielt mir die<lb/>
Hand vor den Mund und ſagte: „Bitte, bitte, nein —<lb/>
Du armer reicher Mann.“— Willſt Du mir meinen<lb/>
Reichthum laſſen? —„Ob ich will?“— Laß Clara<lb/>
nichts von unſrer Liebe ahnen. „Wie kannſt Du bit¬<lb/>
ten, was ſich von ſelbſt verſteht; ich bin doch glücklich.„<lb/></p></div></body></text></TEI>
[188/0200]
ſich beſchäftigt war, als daß es auf die andern hätte
Acht haben können. Einen Augenblick war ich durch
einen Zufall, der die Andern auseinander ſprengte, mit
Clara allein. — „Willſt Du mir nicht Morgen ſchenken,
lieber Valer, ich will ſonſt weiter nichts von Dir.“
Die Rührung überwältigte mich, weinend fiel ich ihr
um den Hals, ſie bedeckte mein Geſicht mit ihren war¬
men Händen, küßte mich nur auf das Auge und ſprach:
„Du guter Junge — ich will nichts von Dir, als
Dich einmal ſehen.“
Ich wäre untröſtlich, erführe dieſer Engel meiner
Poeſie, daß ich noch Andre liebte und küßte. — Als
Alberta zurückkam, eilte ich fort, um Camilla zu ſu¬
chen. Sie kam mir wie ein Kind ſanftlächelnd ent¬
gegen, gab mir ihre Hand und fragte nur: „Sie iſt
es?“ — Sie iſt's, antwortete ich und erregt in allen
Fibern meiner Seele wollt' ich das liebenswürdigſte
Mädchen an mein Herz drücken. Sie hielt mir die
Hand vor den Mund und ſagte: „Bitte, bitte, nein —
Du armer reicher Mann.“ — Willſt Du mir meinen
Reichthum laſſen? — „Ob ich will?“ — Laß Clara
nichts von unſrer Liebe ahnen. „Wie kannſt Du bit¬
ten, was ſich von ſelbſt verſteht; ich bin doch glücklich.„
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/200>, abgerufen am 25.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.