nalistischen Ansichten auf 100 Meilen an, in welcher Unbehaglichkeit sie empfangen worden sind. Ich habe mich nun lange genug mit solchem Zeuge gequält: aber was ist das Ende vom Liede? Man kann nun einmal alles Religiöse und dahin Gehörige nicht ins Reine bringen, und was hätte man auch davon, wenn man es könnte? Eine Wissenschaft mehr und eine Welt von Gefühlen weniger. Und wir müssen in dieser Blüthen und Kraut zerstörenden Giftzeit mit den Gefühlen wahr¬ lich sparsam umgehen. Du siehst nun, und wirst näch¬ stens schreiben, Constantin ist unter die Frommen ge¬ gangen und bekommt nächstens ein Bisthum in par¬ tibus infidelium. Nein, Mann, dem ist nicht so; aber ich suche mir jetzt fortwährend negirend alles Po¬ sitive hervor, was sich irgend in honetter Gesellschaft präsentiren kann. Ich habe den festen Entschluß ge¬ faßt, das Leben schön zu finden und schon giebt es Stunden, wo ich es ganz erträglich finde. Ich kenne weder das Christenthum noch eine andere Religion so genau wie Du, genau genug, um ordentlich darüber urtheilen zu können, aber soviel mir als Religionsdi¬ lettanten scheint, ist das Christenthum eine dauerhaft gearbeitete Lehre, die uns Beide wohl überleben wird,
naliſtiſchen Anſichten auf 100 Meilen an, in welcher Unbehaglichkeit ſie empfangen worden ſind. Ich habe mich nun lange genug mit ſolchem Zeuge gequält: aber was iſt das Ende vom Liede? Man kann nun einmal alles Religiöſe und dahin Gehörige nicht ins Reine bringen, und was hätte man auch davon, wenn man es könnte? Eine Wiſſenſchaft mehr und eine Welt von Gefühlen weniger. Und wir müſſen in dieſer Blüthen und Kraut zerſtörenden Giftzeit mit den Gefühlen wahr¬ lich ſparſam umgehen. Du ſiehſt nun, und wirſt näch¬ ſtens ſchreiben, Conſtantin iſt unter die Frommen ge¬ gangen und bekommt nächſtens ein Bisthum in par¬ tibus infidelium. Nein, Mann, dem iſt nicht ſo; aber ich ſuche mir jetzt fortwährend negirend alles Po¬ ſitive hervor, was ſich irgend in honetter Geſellſchaft präſentiren kann. Ich habe den feſten Entſchluß ge¬ faßt, das Leben ſchön zu finden und ſchon giebt es Stunden, wo ich es ganz erträglich finde. Ich kenne weder das Chriſtenthum noch eine andere Religion ſo genau wie Du, genau genug, um ordentlich darüber urtheilen zu können, aber ſoviel mir als Religionsdi¬ lettanten ſcheint, iſt das Chriſtenthum eine dauerhaft gearbeitete Lehre, die uns Beide wohl überleben wird,
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naliſtiſchen Anſichten auf 100 Meilen an, in welcher
Unbehaglichkeit ſie empfangen worden ſind. Ich habe
mich nun lange genug mit ſolchem Zeuge gequält: aber
was iſt das Ende vom Liede? Man kann nun einmal
alles Religiöſe und dahin Gehörige nicht ins Reine
bringen, und was hätte man auch davon, wenn man
es könnte? Eine Wiſſenſchaft mehr und eine Welt von
Gefühlen weniger. Und wir müſſen in dieſer Blüthen
und Kraut zerſtörenden Giftzeit mit den Gefühlen wahr¬
lich ſparſam umgehen. Du ſiehſt nun, und wirſt näch¬
ſtens ſchreiben, Conſtantin iſt unter die Frommen ge¬
gangen und bekommt nächſtens ein Bisthum in par¬
tibus infidelium. Nein, Mann, dem iſt nicht ſo;
aber ich ſuche mir jetzt fortwährend negirend alles Po¬
ſitive hervor, was ſich irgend in honetter Geſellſchaft
präſentiren kann. Ich habe den feſten Entſchluß ge¬
faßt, das Leben ſchön zu finden und ſchon giebt es
Stunden, wo ich es ganz erträglich finde. Ich kenne
weder das Chriſtenthum noch eine andere Religion ſo
genau wie Du, genau genug, um ordentlich darüber
urtheilen zu können, aber ſoviel mir als Religionsdi¬
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/88>, abgerufen am 16.02.2025.
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