Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

denen in Kurzem der offne Kampf losbrechen wird
-- lassen Sie diese ultrademokratischen Dinge, die
Jhnen gar nicht einmal so natürlich sind, als Sie
glauben. Sie haben sich vielmehr diese Grundsätze
als eine Art von Tugend angeeignet, weil Sie
aus Trieb nach Charakterstärke eine Art Schwärmer
sind, ein Systematiker --

Hier unterbrach der Graf Kicki die Fürstin, und
führte sie zur Tafel. Valerius stand überrascht von
all den plötzlichen Erscheinungen, die wie ein lustiges
Gewitter über ihn hereingebrochen waren, und be-
merkte es kaum, daß Hedwig und Stanislaus zu
ihm traten, und daß das fröhliche Mädchen über
seine Geistesabwesenheit lachte. Aber er fühlte es
mit innigem Behagen, als sie ihren Arm in den
seinen legte. Den andern reichte sie Stanislaus
und unter ihren Scherzen und liebenswürdigen Vor-
würfen, daß der Herr von Valerius sie auf eine
abscheuliche Weise ignorirt und kaum von Weitem
gegrüßt habe, kamen sie in den Speisesaal. Die
Fürstin saß nicht weit von ihnen, und ihre Augen
sahen mit einem seltnen Gemisch von Wehmuth und
Lebhaftigkeit auf den jungen Deutschen, wenn er

denen in Kurzem der offne Kampf losbrechen wird
— laſſen Sie dieſe ultrademokratiſchen Dinge, die
Jhnen gar nicht einmal ſo natürlich ſind, als Sie
glauben. Sie haben ſich vielmehr dieſe Grundſätze
als eine Art von Tugend angeeignet, weil Sie
aus Trieb nach Charakterſtärke eine Art Schwärmer
ſind, ein Syſtematiker —

Hier unterbrach der Graf Kicki die Fürſtin, und
führte ſie zur Tafel. Valerius ſtand überraſcht von
all den plötzlichen Erſcheinungen, die wie ein luſtiges
Gewitter über ihn hereingebrochen waren, und be-
merkte es kaum, daß Hedwig und Stanislaus zu
ihm traten, und daß das fröhliche Mädchen über
ſeine Geiſtesabweſenheit lachte. Aber er fühlte es
mit innigem Behagen, als ſie ihren Arm in den
ſeinen legte. Den andern reichte ſie Stanislaus
und unter ihren Scherzen und liebenswürdigen Vor-
würfen, daß der Herr von Valerius ſie auf eine
abſcheuliche Weiſe ignorirt und kaum von Weitem
gegrüßt habe, kamen ſie in den Speiſeſaal. Die
Fürſtin ſaß nicht weit von ihnen, und ihre Augen
ſahen mit einem ſeltnen Gemiſch von Wehmuth und
Lebhaftigkeit auf den jungen Deutſchen, wenn er

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0178" n="168"/>
denen in Kurzem der offne Kampf losbrechen wird<lb/>
&#x2014; la&#x017F;&#x017F;en Sie die&#x017F;e ultrademokrati&#x017F;chen Dinge, die<lb/>
Jhnen gar nicht einmal &#x017F;o natürlich &#x017F;ind, als Sie<lb/>
glauben. Sie haben &#x017F;ich vielmehr die&#x017F;e Grund&#x017F;ätze<lb/>
als eine Art von Tugend <hi rendition="#g">angeeignet,</hi> weil Sie<lb/>
aus Trieb nach Charakter&#x017F;tärke eine Art Schwärmer<lb/>
&#x017F;ind, ein Sy&#x017F;tematiker &#x2014;</p><lb/>
          <p>Hier unterbrach der Graf Kicki die Für&#x017F;tin, und<lb/>
führte &#x017F;ie zur Tafel. Valerius &#x017F;tand überra&#x017F;cht von<lb/>
all den plötzlichen Er&#x017F;cheinungen, die wie ein lu&#x017F;tiges<lb/>
Gewitter über ihn hereingebrochen waren, und be-<lb/>
merkte es kaum, daß Hedwig und Stanislaus zu<lb/>
ihm traten, und daß das fröhliche Mädchen über<lb/>
&#x017F;eine Gei&#x017F;tesabwe&#x017F;enheit lachte. Aber er fühlte es<lb/>
mit innigem Behagen, als &#x017F;ie ihren Arm in den<lb/>
&#x017F;einen legte. Den andern reichte &#x017F;ie Stanislaus<lb/>
und unter ihren Scherzen und liebenswürdigen Vor-<lb/>
würfen, daß der Herr von Valerius &#x017F;ie auf eine<lb/>
ab&#x017F;cheuliche Wei&#x017F;e ignorirt und kaum von Weitem<lb/>
gegrüßt habe, kamen &#x017F;ie in den Spei&#x017F;e&#x017F;aal. Die<lb/>
Für&#x017F;tin &#x017F;aß nicht weit von ihnen, und ihre Augen<lb/>
&#x017F;ahen mit einem &#x017F;eltnen Gemi&#x017F;ch von Wehmuth und<lb/>
Lebhaftigkeit auf den jungen Deut&#x017F;chen, wenn er<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0178] denen in Kurzem der offne Kampf losbrechen wird — laſſen Sie dieſe ultrademokratiſchen Dinge, die Jhnen gar nicht einmal ſo natürlich ſind, als Sie glauben. Sie haben ſich vielmehr dieſe Grundſätze als eine Art von Tugend angeeignet, weil Sie aus Trieb nach Charakterſtärke eine Art Schwärmer ſind, ein Syſtematiker — Hier unterbrach der Graf Kicki die Fürſtin, und führte ſie zur Tafel. Valerius ſtand überraſcht von all den plötzlichen Erſcheinungen, die wie ein luſtiges Gewitter über ihn hereingebrochen waren, und be- merkte es kaum, daß Hedwig und Stanislaus zu ihm traten, und daß das fröhliche Mädchen über ſeine Geiſtesabweſenheit lachte. Aber er fühlte es mit innigem Behagen, als ſie ihren Arm in den ſeinen legte. Den andern reichte ſie Stanislaus und unter ihren Scherzen und liebenswürdigen Vor- würfen, daß der Herr von Valerius ſie auf eine abſcheuliche Weiſe ignorirt und kaum von Weitem gegrüßt habe, kamen ſie in den Speiſeſaal. Die Fürſtin ſaß nicht weit von ihnen, und ihre Augen ſahen mit einem ſeltnen Gemiſch von Wehmuth und Lebhaftigkeit auf den jungen Deutſchen, wenn er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/178
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/178>, abgerufen am 18.05.2024.