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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837.

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ohne welche sich kein Staat konstituiren läßt, so
lange wir uns nicht isoliren können von Gewohn-
heit, Herkommen, geschichtlicher Erinnerung, und
besonders so lange wir Nachbarn haben, denen wir
uns akkommodiren müssen. Ein Staat in Europa
kann nicht nach Begriffen, nach bloßen Begriffen
errichtet werden, welche der abgesondert spekulirende
Geist ersinnt, so wenig als das Jndividuum nach
eignen geselligen Regeln sich bewegen darf, so lange
es in der übrigen Gesellschaft seinen Raum ein-
nehmen will. Eben weil es nichts Einzelnes giebt,
weil nichts ohne Verhältnisse existirt, können Wech-
sel und Aenderungen nur mit der größten Umsicht
vorgenommen werden. Und Umsicht ist nicht Sache
des poetischen Herzens, sondern der Erfahrung;
darum dürfen wir unsern Jünglingen den Staat
nicht überlassen."

"Machen Sie mir nicht so klägliche Gesichter.
Freilich ist es für das feurige Blut niederschlagend,
daß die Weltgeschichte in so kleinen Schritten geht,
daß sie nicht eher weiter rückt, als bis ein großer
Staatenraum auf gleicher Höhe angekommen ist;
aber auf diesem lückenhaften Planeten, wo uns lau-

ohne welche ſich kein Staat konſtituiren läßt, ſo
lange wir uns nicht iſoliren können von Gewohn-
heit, Herkommen, geſchichtlicher Erinnerung, und
beſonders ſo lange wir Nachbarn haben, denen wir
uns akkommodiren müſſen. Ein Staat in Europa
kann nicht nach Begriffen, nach bloßen Begriffen
errichtet werden, welche der abgeſondert ſpekulirende
Geiſt erſinnt, ſo wenig als das Jndividuum nach
eignen geſelligen Regeln ſich bewegen darf, ſo lange
es in der übrigen Geſellſchaft ſeinen Raum ein-
nehmen will. Eben weil es nichts Einzelnes giebt,
weil nichts ohne Verhältniſſe exiſtirt, können Wech-
ſel und Aenderungen nur mit der größten Umſicht
vorgenommen werden. Und Umſicht iſt nicht Sache
des poetiſchen Herzens, ſondern der Erfahrung;
darum dürfen wir unſern Jünglingen den Staat
nicht überlaſſen.“

„Machen Sie mir nicht ſo klägliche Geſichter.
Freilich iſt es für das feurige Blut niederſchlagend,
daß die Weltgeſchichte in ſo kleinen Schritten geht,
daß ſie nicht eher weiter rückt, als bis ein großer
Staatenraum auf gleicher Höhe angekommen iſt;
aber auf dieſem lückenhaften Planeten, wo uns lau-

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[205/0215] ohne welche ſich kein Staat konſtituiren läßt, ſo lange wir uns nicht iſoliren können von Gewohn- heit, Herkommen, geſchichtlicher Erinnerung, und beſonders ſo lange wir Nachbarn haben, denen wir uns akkommodiren müſſen. Ein Staat in Europa kann nicht nach Begriffen, nach bloßen Begriffen errichtet werden, welche der abgeſondert ſpekulirende Geiſt erſinnt, ſo wenig als das Jndividuum nach eignen geſelligen Regeln ſich bewegen darf, ſo lange es in der übrigen Geſellſchaft ſeinen Raum ein- nehmen will. Eben weil es nichts Einzelnes giebt, weil nichts ohne Verhältniſſe exiſtirt, können Wech- ſel und Aenderungen nur mit der größten Umſicht vorgenommen werden. Und Umſicht iſt nicht Sache des poetiſchen Herzens, ſondern der Erfahrung; darum dürfen wir unſern Jünglingen den Staat nicht überlaſſen.“ „Machen Sie mir nicht ſo klägliche Geſichter. Freilich iſt es für das feurige Blut niederſchlagend, daß die Weltgeſchichte in ſo kleinen Schritten geht, daß ſie nicht eher weiter rückt, als bis ein großer Staatenraum auf gleicher Höhe angekommen iſt; aber auf dieſem lückenhaften Planeten, wo uns lau-

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/215>, abgerufen am 04.12.2024.