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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837.

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Valerius war sogleich bereit, und auf dem
Wege fragte er den Alten, was Joel fehle. Er fragte
um zu fragen, obwohl er die Krankheit mit all
ihrer Schwere zu kennen glaubte. Manasse's ver-
grabene Augen stiegen bei dieser Frage herauf aus
ihren Höhlen, und sahen mit einem entsetzlichen
Ausdruck nach dem Himmel -- mit der Hand wies
er auf eine schwarze Wolke, welche die Sonne
bedeckte. "Adonai weiß es," sagte er mit leiser,
aber entsetzlicher Stimme, und nach einer Weile
setzte er wie in Geistesabwesenheit hinzu: "Was
wollen wir klagen? Adonai leidet gleich uns, und
alle Nächte weint er auf den Trümmern Zions
voll Reue und Gram, brüllend wie ein Tiger, und
in Verzweiflung, sich auf immer mit seinem Volke
überworfen zu haben -- was wollen wir klagen,
die ganze Welt ist ein Wehe -- -- ach, mein
Sohn Joel!" --

Mit einem leisen Schauer hörte Valerius diese
talmudistischen Dinge, und schritt hastig vorwärts,
in eine Straße hinein, welche größtentheils von
Jsraeliten bewohnt schien. Juden, die ihnen begeg-
neten, sahen mit einem Gemisch von Scheu und

Valerius war ſogleich bereit, und auf dem
Wege fragte er den Alten, was Joel fehle. Er fragte
um zu fragen, obwohl er die Krankheit mit all
ihrer Schwere zu kennen glaubte. Manaſſe’s ver-
grabene Augen ſtiegen bei dieſer Frage herauf aus
ihren Höhlen, und ſahen mit einem entſetzlichen
Ausdruck nach dem Himmel — mit der Hand wies
er auf eine ſchwarze Wolke, welche die Sonne
bedeckte. „Adonai weiß es,“ ſagte er mit leiſer,
aber entſetzlicher Stimme, und nach einer Weile
ſetzte er wie in Geiſtesabweſenheit hinzu: „Was
wollen wir klagen? Adonai leidet gleich uns, und
alle Nächte weint er auf den Trümmern Zions
voll Reue und Gram, brüllend wie ein Tiger, und
in Verzweiflung, ſich auf immer mit ſeinem Volke
überworfen zu haben — was wollen wir klagen,
die ganze Welt iſt ein Wehe — — ach, mein
Sohn Joel!“ —

Mit einem leiſen Schauer hörte Valerius dieſe
talmudiſtiſchen Dinge, und ſchritt haſtig vorwärts,
in eine Straße hinein, welche größtentheils von
Jſraeliten bewohnt ſchien. Juden, die ihnen begeg-
neten, ſahen mit einem Gemiſch von Scheu und

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[231/0241] Valerius war ſogleich bereit, und auf dem Wege fragte er den Alten, was Joel fehle. Er fragte um zu fragen, obwohl er die Krankheit mit all ihrer Schwere zu kennen glaubte. Manaſſe’s ver- grabene Augen ſtiegen bei dieſer Frage herauf aus ihren Höhlen, und ſahen mit einem entſetzlichen Ausdruck nach dem Himmel — mit der Hand wies er auf eine ſchwarze Wolke, welche die Sonne bedeckte. „Adonai weiß es,“ ſagte er mit leiſer, aber entſetzlicher Stimme, und nach einer Weile ſetzte er wie in Geiſtesabweſenheit hinzu: „Was wollen wir klagen? Adonai leidet gleich uns, und alle Nächte weint er auf den Trümmern Zions voll Reue und Gram, brüllend wie ein Tiger, und in Verzweiflung, ſich auf immer mit ſeinem Volke überworfen zu haben — was wollen wir klagen, die ganze Welt iſt ein Wehe — — ach, mein Sohn Joel!“ — Mit einem leiſen Schauer hörte Valerius dieſe talmudiſtiſchen Dinge, und ſchritt haſtig vorwärts, in eine Straße hinein, welche größtentheils von Jſraeliten bewohnt ſchien. Juden, die ihnen begeg- neten, ſahen mit einem Gemiſch von Scheu und

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/241>, abgerufen am 04.12.2024.