um sich kräftig zu entwickeln. Es giebt kein abge- sondertes Jnnere, als die Schwärmerei. Und soll ich toben, daß der Staat Gefängnisse braucht? Würden wir einen Staat erhalten ohne sie? Mein moralisches Gefühl, das, was man innerste Ehre nennen kann, verlangt jetzt gerade von mir die größte Milde, weil ich selbst hart betroffen bin, und die Rache mir etwas Unehrenhaftes dünkt. Die Ge- fängnisse selbst anbelangend, würde ich eine unab- hängige Kommission der Humanität im Staate er- richten, welche die Gefängnisse kontrollirte, und, un- abhängig vom Gericht und von der Regierung, wenn auch mit Rücksicht auf den jedesmaligen, speciellen Fall des Gefangenen, verfügte. Die Untersuchungs- arreste sind der wunde Fleck; sie erheischen strengste Aufsicht, und sollen doch noch nicht strafen, meist sind sie aber schmerzhafter als der Strafarrest; jeden- falls sind sie zu sehr über einen Leisten, und dem mitbetheiligten Untersuchungsrichter zu sehr überlassen, der zur Erreichung seiner Zwecke feine Torturgrade dadurch in der Gewalt hat. Du siehst, das ist ein blos Administratives, und hat mit der Staatsspe- kulation im Großen gar nichts zu schaffen, man
um ſich kräftig zu entwickeln. Es giebt kein abge- ſondertes Jnnere, als die Schwärmerei. Und ſoll ich toben, daß der Staat Gefängniſſe braucht? Würden wir einen Staat erhalten ohne ſie? Mein moraliſches Gefühl, das, was man innerſte Ehre nennen kann, verlangt jetzt gerade von mir die größte Milde, weil ich ſelbſt hart betroffen bin, und die Rache mir etwas Unehrenhaftes dünkt. Die Ge- fängniſſe ſelbſt anbelangend, würde ich eine unab- hängige Kommiſſion der Humanität im Staate er- richten, welche die Gefängniſſe kontrollirte, und, un- abhängig vom Gericht und von der Regierung, wenn auch mit Rückſicht auf den jedesmaligen, ſpeciellen Fall des Gefangenen, verfügte. Die Unterſuchungs- arreſte ſind der wunde Fleck; ſie erheiſchen ſtrengſte Aufſicht, und ſollen doch noch nicht ſtrafen, meiſt ſind ſie aber ſchmerzhafter als der Strafarreſt; jeden- falls ſind ſie zu ſehr über einen Leiſten, und dem mitbetheiligten Unterſuchungsrichter zu ſehr überlaſſen, der zur Erreichung ſeiner Zwecke feine Torturgrade dadurch in der Gewalt hat. Du ſiehſt, das iſt ein blos Adminiſtratives, und hat mit der Staatsſpe- kulation im Großen gar nichts zu ſchaffen, man
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um ſich kräftig zu entwickeln. Es giebt kein abge-
ſondertes Jnnere, als die Schwärmerei. Und ſoll
ich toben, daß der Staat Gefängniſſe braucht?
Würden wir einen Staat erhalten ohne ſie? Mein
moraliſches Gefühl, das, was man innerſte Ehre
nennen kann, verlangt jetzt gerade von mir die größte
Milde, weil ich ſelbſt hart betroffen bin, und die
Rache mir etwas Unehrenhaftes dünkt. Die Ge-
fängniſſe ſelbſt anbelangend, würde ich eine unab-
hängige Kommiſſion der Humanität im Staate er-
richten, welche die Gefängniſſe kontrollirte, und, un-
abhängig vom Gericht und von der Regierung, wenn
auch mit Rückſicht auf den jedesmaligen, ſpeciellen
Fall des Gefangenen, verfügte. Die Unterſuchungs-
arreſte ſind der wunde Fleck; ſie erheiſchen ſtrengſte
Aufſicht, und ſollen doch noch nicht ſtrafen, meiſt
ſind ſie aber ſchmerzhafter als der Strafarreſt; jeden-
falls ſind ſie zu ſehr über einen Leiſten, und dem
mitbetheiligten Unterſuchungsrichter zu ſehr überlaſſen,
der zur Erreichung ſeiner Zwecke feine Torturgrade
dadurch in der Gewalt hat. Du ſiehſt, das iſt ein
blos Adminiſtratives, und hat mit der Staatsſpe-
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/158>, abgerufen am 25.11.2024.
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