Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

Ursprung und Beikram werden auf die Seite ge-
worfen.

Als der Adel gestürzt ward, kam der Despotis-
mus an die Reihe, diesen stürzten die Jakobiner,
die Jakobiner unterlagen den Soldaten, die Sol-
daten überwältigte das Geld. Und das Geld herrscht
heute noch, denn die Bildung, deren Herrschaft
wir zu befestigen glauben, steht im Solde des Gel-
des. Ludwig Philipp ist auch der König des Geldes,
und die Börse bedeutet jetzt Frankreichs General-
staaten. Was ist nun geblieben von der alten Poesie
der Herrschaft? Etwa die Tapferkeit? Allerdings
ist eine gewisse Tapferkeit noch zu finden: so lange
Erfolg und Sieg noch zu hoffen ist, wird Ludwig
Philipp seinen Thron mit seinem Leibe vertheidigen,
er ist auch in dieser Hinsicht der Held unsrer Tage.
Aber diese Tapferkeit hat nichts von jener poetischen
Eigenschaft, die wir so nennen, sie ist die Tapfer-
keit des Kaufmanns, der sich für seine besseren Waa-
renballen schlägt, der aber den Kampf aufgiebt, wenn
er bedenklich wird, um wenigstens einen Theil jenes
Vermögens zu retten. Es ist nichts mehr von dem
ritterlichen Elemente des Streits zu entdecken, nichts

1*

Urſprung und Beikram werden auf die Seite ge-
worfen.

Als der Adel geſtürzt ward, kam der Deſpotis-
mus an die Reihe, dieſen ſtürzten die Jakobiner,
die Jakobiner unterlagen den Soldaten, die Sol-
daten überwältigte das Geld. Und das Geld herrſcht
heute noch, denn die Bildung, deren Herrſchaft
wir zu befeſtigen glauben, ſteht im Solde des Gel-
des. Ludwig Philipp iſt auch der König des Geldes,
und die Börſe bedeutet jetzt Frankreichs General-
ſtaaten. Was iſt nun geblieben von der alten Poeſie
der Herrſchaft? Etwa die Tapferkeit? Allerdings
iſt eine gewiſſe Tapferkeit noch zu finden: ſo lange
Erfolg und Sieg noch zu hoffen iſt, wird Ludwig
Philipp ſeinen Thron mit ſeinem Leibe vertheidigen,
er iſt auch in dieſer Hinſicht der Held unſrer Tage.
Aber dieſe Tapferkeit hat nichts von jener poetiſchen
Eigenſchaft, die wir ſo nennen, ſie iſt die Tapfer-
keit des Kaufmanns, der ſich für ſeine beſſeren Waa-
renballen ſchlägt, der aber den Kampf aufgiebt, wenn
er bedenklich wird, um wenigſtens einen Theil jenes
Vermögens zu retten. Es iſt nichts mehr von dem
ritterlichen Elemente des Streits zu entdecken, nichts

1*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0017" n="9"/>
Ur&#x017F;prung und Beikram werden auf die Seite ge-<lb/>
worfen.</p><lb/>
          <p>Als der Adel ge&#x017F;türzt ward, kam der De&#x017F;potis-<lb/>
mus an die Reihe, die&#x017F;en &#x017F;türzten die Jakobiner,<lb/>
die Jakobiner unterlagen den Soldaten, die Sol-<lb/>
daten überwältigte das Geld. Und das Geld herr&#x017F;cht<lb/>
heute noch, denn die Bildung, deren Herr&#x017F;chaft<lb/>
wir zu befe&#x017F;tigen glauben, &#x017F;teht im Solde des Gel-<lb/>
des. Ludwig Philipp i&#x017F;t auch der König des Geldes,<lb/>
und die Bör&#x017F;e bedeutet jetzt Frankreichs General-<lb/>
&#x017F;taaten. Was i&#x017F;t nun geblieben von der alten Poe&#x017F;ie<lb/>
der Herr&#x017F;chaft? Etwa die Tapferkeit? Allerdings<lb/>
i&#x017F;t eine gewi&#x017F;&#x017F;e Tapferkeit noch zu finden: &#x017F;o lange<lb/>
Erfolg und Sieg noch zu hoffen i&#x017F;t, wird Ludwig<lb/>
Philipp &#x017F;einen Thron mit &#x017F;einem Leibe vertheidigen,<lb/>
er i&#x017F;t auch in die&#x017F;er Hin&#x017F;icht der Held un&#x017F;rer Tage.<lb/>
Aber die&#x017F;e Tapferkeit hat nichts von jener poeti&#x017F;chen<lb/>
Eigen&#x017F;chaft, die wir &#x017F;o nennen, &#x017F;ie i&#x017F;t die Tapfer-<lb/>
keit des Kaufmanns, der &#x017F;ich für &#x017F;eine be&#x017F;&#x017F;eren Waa-<lb/>
renballen &#x017F;chlägt, der aber den Kampf aufgiebt, wenn<lb/>
er bedenklich wird, um wenig&#x017F;tens einen Theil jenes<lb/>
Vermögens zu retten. Es i&#x017F;t nichts mehr von dem<lb/>
ritterlichen Elemente des Streits zu entdecken, nichts<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">1*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0017] Urſprung und Beikram werden auf die Seite ge- worfen. Als der Adel geſtürzt ward, kam der Deſpotis- mus an die Reihe, dieſen ſtürzten die Jakobiner, die Jakobiner unterlagen den Soldaten, die Sol- daten überwältigte das Geld. Und das Geld herrſcht heute noch, denn die Bildung, deren Herrſchaft wir zu befeſtigen glauben, ſteht im Solde des Gel- des. Ludwig Philipp iſt auch der König des Geldes, und die Börſe bedeutet jetzt Frankreichs General- ſtaaten. Was iſt nun geblieben von der alten Poeſie der Herrſchaft? Etwa die Tapferkeit? Allerdings iſt eine gewiſſe Tapferkeit noch zu finden: ſo lange Erfolg und Sieg noch zu hoffen iſt, wird Ludwig Philipp ſeinen Thron mit ſeinem Leibe vertheidigen, er iſt auch in dieſer Hinſicht der Held unſrer Tage. Aber dieſe Tapferkeit hat nichts von jener poetiſchen Eigenſchaft, die wir ſo nennen, ſie iſt die Tapfer- keit des Kaufmanns, der ſich für ſeine beſſeren Waa- renballen ſchlägt, der aber den Kampf aufgiebt, wenn er bedenklich wird, um wenigſtens einen Theil jenes Vermögens zu retten. Es iſt nichts mehr von dem ritterlichen Elemente des Streits zu entdecken, nichts 1*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/17
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/17>, abgerufen am 21.11.2024.