niß, ein Bündniß wünschen könnte; die Tante da- gegen, welche irgendwie etwas von dem Zustande geahnt haben mochte, warnt Marien ohne Rückhalt vor Jaspis, sagt, daß er nur zu geneigt sei, in Tändelei mit einem Mädchen einzugehen.
Maria wird krank; um diese Zeit ist Leopold im Hause der Wittwe eingeführt worden. Sein ein- schmeichelndes, liebenswürdiges Wesen erwirbt ihm das größte Wohlwollen der Wittwe, er überflügelt am Krankenbette der Kleinen mit leichter Mühe die materiellen Versuche der übrigen Aerzte, welche wie gewöhnlich nichts als ein körperliches Krankheits- schema vor Augen haben. Du weißt, er versteht es, in mystisch poetischer Weise über das menschliche Herz zu sprechen, ihm ist jederzeit eine ganz char- mante ideale Welt zur Hand, wenn ein sinniges Frauenzimmer darnach verlangt, kurz, er poetisirt Marien gesund, und mit der gefällig unterstützen- den Wittwe ist er bald Verlobter des liebenswürdi- gen Mädchens. Das geht so eine Weile, aber beim Komödienspiel bleibt die neue Berührung mit Jas- pis nicht aus; der scheint zwar noch immer keine Lust zu haben nach einem eignen ausgesprochnen
niß, ein Buͤndniß wuͤnſchen koͤnnte; die Tante da- gegen, welche irgendwie etwas von dem Zuſtande geahnt haben mochte, warnt Marien ohne Ruͤckhalt vor Jaspis, ſagt, daß er nur zu geneigt ſei, in Taͤndelei mit einem Maͤdchen einzugehen.
Maria wird krank; um dieſe Zeit iſt Leopold im Hauſe der Wittwe eingefuͤhrt worden. Sein ein- ſchmeichelndes, liebenswuͤrdiges Weſen erwirbt ihm das groͤßte Wohlwollen der Wittwe, er uͤberfluͤgelt am Krankenbette der Kleinen mit leichter Muͤhe die materiellen Verſuche der uͤbrigen Aerzte, welche wie gewoͤhnlich nichts als ein koͤrperliches Krankheits- ſchema vor Augen haben. Du weißt, er verſteht es, in myſtiſch poetiſcher Weiſe uͤber das menſchliche Herz zu ſprechen, ihm iſt jederzeit eine ganz char- mante ideale Welt zur Hand, wenn ein ſinniges Frauenzimmer darnach verlangt, kurz, er poetiſirt Marien geſund, und mit der gefaͤllig unterſtuͤtzen- den Wittwe iſt er bald Verlobter des liebenswuͤrdi- gen Maͤdchens. Das geht ſo eine Weile, aber beim Komoͤdienſpiel bleibt die neue Beruͤhrung mit Jas- pis nicht aus; der ſcheint zwar noch immer keine Luſt zu haben nach einem eignen ausgeſprochnen
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niß, ein Buͤndniß wuͤnſchen koͤnnte; die Tante da-
gegen, welche irgendwie etwas von dem Zuſtande
geahnt haben mochte, warnt Marien ohne Ruͤckhalt
vor Jaspis, ſagt, daß er nur zu geneigt ſei, in
Taͤndelei mit einem Maͤdchen einzugehen.
Maria wird krank; um dieſe Zeit iſt Leopold
im Hauſe der Wittwe eingefuͤhrt worden. Sein ein-
ſchmeichelndes, liebenswuͤrdiges Weſen erwirbt ihm
das groͤßte Wohlwollen der Wittwe, er uͤberfluͤgelt
am Krankenbette der Kleinen mit leichter Muͤhe die
materiellen Verſuche der uͤbrigen Aerzte, welche wie
gewoͤhnlich nichts als ein koͤrperliches Krankheits-
ſchema vor Augen haben. Du weißt, er verſteht
es, in myſtiſch poetiſcher Weiſe uͤber das menſchliche
Herz zu ſprechen, ihm iſt jederzeit eine ganz char-
mante ideale Welt zur Hand, wenn ein ſinniges
Frauenzimmer darnach verlangt, kurz, er poetiſirt
Marien geſund, und mit der gefaͤllig unterſtuͤtzen-
den Wittwe iſt er bald Verlobter des liebenswuͤrdi-
gen Maͤdchens. Das geht ſo eine Weile, aber beim
Komoͤdienſpiel bleibt die neue Beruͤhrung mit Jas-
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/200>, abgerufen am 27.11.2024.
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