Besitze, aber, wie das in der neidischen Menschen- brust immer geht, er will auch die Möglichkeit nicht abgeschnitten, er will auch Maria nicht als Eigenthum eines Andern sehn. Das alte halbe Verhältniß wacht wieder auf, Leopold, der Wan- delbare, läßt sich mancherlei kleine Seitenwege zu Schulden kommen, die Tante endigt, und schickt Maria nach Antwerpen, wo ein Engagement offen ist, und sie vom Publikum mit Enthusiasmus em- pfangen wird. Stürmischen, unruhigen Herzens war sie angekommen, denn am Thore von Brüssel war Jaspis an ihren Wagenschlag getreten, hatte ihr die Hand hineingestreckt, ihr mit weicher Stimme Lebewohl gesagt, und zum ersten Mal wenigstens die Bitte direkt an sie gerichtet, keinen Andern zu heurathen.
Aber der Verkehr mit der großen Menge wirft seine Nebel auf das Herz, der allgemeine Beifall ist ein natürlicher Feind der halb Liebenden, Ma- ria gewann eine unbefangene Stimmung, Leopold, der nach Antwerpen kam, und sich um die Stellung eines Theaterarztes und Theaterdichters bewarb, kam ihr ganz angenehm, sie unterstützte sein Gesuch, sie
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Beſitze, aber, wie das in der neidiſchen Menſchen- bruſt immer geht, er will auch die Moͤglichkeit nicht abgeſchnitten, er will auch Maria nicht als Eigenthum eines Andern ſehn. Das alte halbe Verhaͤltniß wacht wieder auf, Leopold, der Wan- delbare, laͤßt ſich mancherlei kleine Seitenwege zu Schulden kommen, die Tante endigt, und ſchickt Maria nach Antwerpen, wo ein Engagement offen iſt, und ſie vom Publikum mit Enthuſiasmus em- pfangen wird. Stuͤrmiſchen, unruhigen Herzens war ſie angekommen, denn am Thore von Bruͤſſel war Jaspis an ihren Wagenſchlag getreten, hatte ihr die Hand hineingeſtreckt, ihr mit weicher Stimme Lebewohl geſagt, und zum erſten Mal wenigſtens die Bitte direkt an ſie gerichtet, keinen Andern zu heurathen.
Aber der Verkehr mit der großen Menge wirft ſeine Nebel auf das Herz, der allgemeine Beifall iſt ein natuͤrlicher Feind der halb Liebenden, Ma- ria gewann eine unbefangene Stimmung, Leopold, der nach Antwerpen kam, und ſich um die Stellung eines Theaterarztes und Theaterdichters bewarb, kam ihr ganz angenehm, ſie unterſtuͤtzte ſein Geſuch, ſie
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Beſitze, aber, wie das in der neidiſchen Menſchen-
bruſt immer geht, er will auch die Moͤglichkeit
nicht abgeſchnitten, er will auch Maria nicht als
Eigenthum eines Andern ſehn. Das alte halbe
Verhaͤltniß wacht wieder auf, Leopold, der Wan-
delbare, laͤßt ſich mancherlei kleine Seitenwege zu
Schulden kommen, die Tante endigt, und ſchickt
Maria nach Antwerpen, wo ein Engagement offen
iſt, und ſie vom Publikum mit Enthuſiasmus em-
pfangen wird. Stuͤrmiſchen, unruhigen Herzens war
ſie angekommen, denn am Thore von Bruͤſſel war
Jaspis an ihren Wagenſchlag getreten, hatte ihr
die Hand hineingeſtreckt, ihr mit weicher Stimme
Lebewohl geſagt, und zum erſten Mal wenigſtens
die Bitte direkt an ſie gerichtet, keinen Andern zu
heurathen.
Aber der Verkehr mit der großen Menge wirft
ſeine Nebel auf das Herz, der allgemeine Beifall
iſt ein natuͤrlicher Feind der halb Liebenden, Ma-
ria gewann eine unbefangene Stimmung, Leopold,
der nach Antwerpen kam, und ſich um die Stellung
eines Theaterarztes und Theaterdichters bewarb, kam
ihr ganz angenehm, ſie unterſtuͤtzte ſein Geſuch, ſie
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/201>, abgerufen am 27.11.2024.
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