schlusse, es wird auch Marien die Entlassung zuge- schickt. Nun sammeln sich die Freunde des Paares, die äußerst zahlreich sind, der größte Theil des Theaterpublikums, was sie vergötterte, schließt sich ihnen an, man setzt fest, daß jede Schauspielerin, die in einer Rolle Mariens auftrcten würde, aus- gepfiffen sein solle, man bringt Marien Nachtmu- siken und Vivats, und erwartet ungeduldig den Tag, wo eine Rolle Mariens dran kommen werde. Die Direktion ist klug genug, den so weit als mög- lich hinauszuschieben, unterdeß erkaltete das Jnter- esse, gegen die übertreibende Theilnahme bildet sich wie immer eine nüchterne Opposition, der Abend kommt, die Nachfolgerin Mariens wird mit dem besten Beifalle aufgenommen.
Diese Rohheit, welche in jeder Masse liegt, trifft Mariens Herz wie ein Dolch; sie treibt zur Abreise, sie fühlt sich verlassen, das Unglück führt sie nach Brüssel zurück. Die Tante tröstet auf's beste, und warnt vor dem Theater, aber Marie kann es nicht entbehren, die übrige Welt ist ihr zu prosaisch, nur auf den Brettern findet sie Nah- rung für ihre ideale Sehnsucht. Jaspis hat sich
ſchluſſe, es wird auch Marien die Entlaſſung zuge- ſchickt. Nun ſammeln ſich die Freunde des Paares, die aͤußerſt zahlreich ſind, der groͤßte Theil des Theaterpublikums, was ſie vergoͤtterte, ſchließt ſich ihnen an, man ſetzt feſt, daß jede Schauſpielerin, die in einer Rolle Mariens auftrcten wuͤrde, aus- gepfiffen ſein ſolle, man bringt Marien Nachtmu- ſiken und Vivats, und erwartet ungeduldig den Tag, wo eine Rolle Mariens dran kommen werde. Die Direktion iſt klug genug, den ſo weit als moͤg- lich hinauszuſchieben, unterdeß erkaltete das Jnter- eſſe, gegen die uͤbertreibende Theilnahme bildet ſich wie immer eine nuͤchterne Oppoſition, der Abend kommt, die Nachfolgerin Mariens wird mit dem beſten Beifalle aufgenommen.
Dieſe Rohheit, welche in jeder Maſſe liegt, trifft Mariens Herz wie ein Dolch; ſie treibt zur Abreiſe, ſie fuͤhlt ſich verlaſſen, das Ungluͤck fuͤhrt ſie nach Bruͤſſel zuruͤck. Die Tante troͤſtet auf’s beſte, und warnt vor dem Theater, aber Marie kann es nicht entbehren, die uͤbrige Welt iſt ihr zu proſaiſch, nur auf den Brettern findet ſie Nah- rung fuͤr ihre ideale Sehnſucht. Jaspis hat ſich
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ſchluſſe, es wird auch Marien die Entlaſſung zuge-
ſchickt. Nun ſammeln ſich die Freunde des Paares,
die aͤußerſt zahlreich ſind, der groͤßte Theil des
Theaterpublikums, was ſie vergoͤtterte, ſchließt ſich
ihnen an, man ſetzt feſt, daß jede Schauſpielerin,
die in einer Rolle Mariens auftrcten wuͤrde, aus-
gepfiffen ſein ſolle, man bringt Marien Nachtmu-
ſiken und Vivats, und erwartet ungeduldig den
Tag, wo eine Rolle Mariens dran kommen werde.
Die Direktion iſt klug genug, den ſo weit als moͤg-
lich hinauszuſchieben, unterdeß erkaltete das Jnter-
eſſe, gegen die uͤbertreibende Theilnahme bildet ſich
wie immer eine nuͤchterne Oppoſition, der Abend
kommt, die Nachfolgerin Mariens wird mit dem
beſten Beifalle aufgenommen.
Dieſe Rohheit, welche in jeder Maſſe liegt,
trifft Mariens Herz wie ein Dolch; ſie treibt zur
Abreiſe, ſie fuͤhlt ſich verlaſſen, das Ungluͤck fuͤhrt
ſie nach Bruͤſſel zuruͤck. Die Tante troͤſtet auf’s
beſte, und warnt vor dem Theater, aber Marie
kann es nicht entbehren, die uͤbrige Welt iſt ihr
zu proſaiſch, nur auf den Brettern findet ſie Nah-
rung fuͤr ihre ideale Sehnſucht. Jaspis hat ſich
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/203>, abgerufen am 27.11.2024.
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