all der Wechsel, die Strebsamkeit wie Tändelei aus. Die Leute mag's wundern, Dich nicht, der Du mich wirklich kennst, daß ich so abfällig über Frankreich rede; ja wohl, das Meiste von unsern Wünschen ist hier leicht gemacht oder gar verwirk- licht, aber das Element, aus welchem hier Alles entsteht, in welchem es herumspielt, kann mir nicht zusagen. Man muß nicht in die Küche gehn, und die Späße der Köche anhören und ansehn, wenn Einem das Essen schmecken soll. Meine Wünsche, meine Pläne, meine Ansichten von Staat und Leben, sie quellen aus tiefer, starker Leidenschaft -- 's mag wohl sein, daß ich die Welt darüber mißbrauche, und am End' zu Grunde geh' -- aber die fran- zösischen quellen aus der Leidenschaftlichkeit, das ist nicht mein Geschmack.
Jch bin zu den Republikanern gegangen, da fand ich allerdings Haß und Zorn und stolze Wuth gegen die Unlauterkeit der Herrschenden, welchen die Stelle, das Amt, die Auszeichnung käuflich und feil ist für dies oder jenes Bessere, für eine Ueber- zeugung, für ein würdiges Verhältniß, was sie spielend in den Kauf geben. Aber der Haß war
all der Wechſel, die Strebſamkeit wie Taͤndelei aus. Die Leute mag’s wundern, Dich nicht, der Du mich wirklich kennſt, daß ich ſo abfaͤllig uͤber Frankreich rede; ja wohl, das Meiſte von unſern Wuͤnſchen iſt hier leicht gemacht oder gar verwirk- licht, aber das Element, aus welchem hier Alles entſteht, in welchem es herumſpielt, kann mir nicht zuſagen. Man muß nicht in die Kuͤche gehn, und die Spaͤße der Koͤche anhoͤren und anſehn, wenn Einem das Eſſen ſchmecken ſoll. Meine Wuͤnſche, meine Plaͤne, meine Anſichten von Staat und Leben, ſie quellen aus tiefer, ſtarker Leidenſchaft — ’s mag wohl ſein, daß ich die Welt daruͤber mißbrauche, und am End’ zu Grunde geh’ — aber die fran- zoͤſiſchen quellen aus der Leidenſchaftlichkeit, das iſt nicht mein Geſchmack.
Jch bin zu den Republikanern gegangen, da fand ich allerdings Haß und Zorn und ſtolze Wuth gegen die Unlauterkeit der Herrſchenden, welchen die Stelle, das Amt, die Auszeichnung kaͤuflich und feil iſt fuͤr dies oder jenes Beſſere, fuͤr eine Ueber- zeugung, fuͤr ein wuͤrdiges Verhaͤltniß, was ſie ſpielend in den Kauf geben. Aber der Haß war
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all der Wechſel, die Strebſamkeit wie Taͤndelei
aus. Die Leute mag’s wundern, Dich nicht, der
Du mich wirklich kennſt, daß ich ſo abfaͤllig uͤber
Frankreich rede; ja wohl, das Meiſte von unſern
Wuͤnſchen iſt hier leicht gemacht oder gar verwirk-
licht, aber das Element, aus welchem hier Alles
entſteht, in welchem es herumſpielt, kann mir nicht
zuſagen. Man muß nicht in die Kuͤche gehn, und
die Spaͤße der Koͤche anhoͤren und anſehn, wenn
Einem das Eſſen ſchmecken ſoll. Meine Wuͤnſche,
meine Plaͤne, meine Anſichten von Staat und Leben,
ſie quellen aus tiefer, ſtarker Leidenſchaft — ’s mag
wohl ſein, daß ich die Welt daruͤber mißbrauche,
und am End’ zu Grunde geh’ — aber die fran-
zoͤſiſchen quellen aus der Leidenſchaftlichkeit, das iſt
nicht mein Geſchmack.
Jch bin zu den Republikanern gegangen, da
fand ich allerdings Haß und Zorn und ſtolze Wuth
gegen die Unlauterkeit der Herrſchenden, welchen die
Stelle, das Amt, die Auszeichnung kaͤuflich und
feil iſt fuͤr dies oder jenes Beſſere, fuͤr eine Ueber-
zeugung, fuͤr ein wuͤrdiges Verhaͤltniß, was ſie
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/206>, abgerufen am 27.11.2024.
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