singen den Herrn; diese glücklichen Menschen sind dann vom nächsten Morgen an die großen Musiker, welche das träumerisch Vernommene zu fesseln suchen, und der Welt überliefern. So verbreitet sich der Himmel, die verschiedenen Apostel verstehen oft selbst nicht die Sprache, welche sie reden, der Dichter nun deutet sie, und das thu ich; jeder Walzer ist die Geschichte eines Menschen, der sich im leichten Sinne zum Ewigen durchschaukelt; die Symphonie ist schon der Versuch, sich einer ganzen Himmelsgegend zu bemächtigen, und der Schluß meines Gedichtes wird dann das große, letzte irdische Musikfest, was pro- fane Menschen das Ende der Welt nennen, da lös't sie sich auf in verschwebende Harmonie, der Mensch wird Ton, die Sinnesrichtungen entwickeln sich als Tonarten, der vereinte große Herzschlag der Mensch- heit wird Takt, das allgemeine Aufgehn in die Gott- heit wird Weltenchorus, jene unendliche, nur von den zartesten Gemüthern geahnte Symphonie der Sphären.
Dies Land hat den Wein erfunden, um aus der irdischen Entzückung in die überirdische zu ge- langen. Eine junge Gräfin aus der Champagne, Lilli
ſingen den Herrn; dieſe gluͤcklichen Menſchen ſind dann vom naͤchſten Morgen an die großen Muſiker, welche das traͤumeriſch Vernommene zu feſſeln ſuchen, und der Welt uͤberliefern. So verbreitet ſich der Himmel, die verſchiedenen Apoſtel verſtehen oft ſelbſt nicht die Sprache, welche ſie reden, der Dichter nun deutet ſie, und das thu ich; jeder Walzer iſt die Geſchichte eines Menſchen, der ſich im leichten Sinne zum Ewigen durchſchaukelt; die Symphonie iſt ſchon der Verſuch, ſich einer ganzen Himmelsgegend zu bemaͤchtigen, und der Schluß meines Gedichtes wird dann das große, letzte irdiſche Muſikfeſt, was pro- fane Menſchen das Ende der Welt nennen, da loͤſ’t ſie ſich auf in verſchwebende Harmonie, der Menſch wird Ton, die Sinnesrichtungen entwickeln ſich als Tonarten, der vereinte große Herzſchlag der Menſch- heit wird Takt, das allgemeine Aufgehn in die Gott- heit wird Weltenchorus, jene unendliche, nur von den zarteſten Gemuͤthern geahnte Symphonie der Sphaͤren.
Dies Land hat den Wein erfunden, um aus der irdiſchen Entzuͤckung in die uͤberirdiſche zu ge- langen. Eine junge Graͤfin aus der Champagne, Lilli
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ſingen den Herrn; dieſe gluͤcklichen Menſchen ſind
dann vom naͤchſten Morgen an die großen Muſiker,
welche das traͤumeriſch Vernommene zu feſſeln ſuchen,
und der Welt uͤberliefern. So verbreitet ſich der
Himmel, die verſchiedenen Apoſtel verſtehen oft ſelbſt
nicht die Sprache, welche ſie reden, der Dichter nun
deutet ſie, und das thu ich; jeder Walzer iſt die
Geſchichte eines Menſchen, der ſich im leichten Sinne
zum Ewigen durchſchaukelt; die Symphonie iſt ſchon
der Verſuch, ſich einer ganzen Himmelsgegend zu
bemaͤchtigen, und der Schluß meines Gedichtes wird
dann das große, letzte irdiſche Muſikfeſt, was pro-
fane Menſchen das Ende der Welt nennen, da loͤſ’t
ſie ſich auf in verſchwebende Harmonie, der Menſch
wird Ton, die Sinnesrichtungen entwickeln ſich als
Tonarten, der vereinte große Herzſchlag der Menſch-
heit wird Takt, das allgemeine Aufgehn in die Gott-
heit wird Weltenchorus, jene unendliche, nur von
den zarteſten Gemuͤthern geahnte Symphonie der
Sphaͤren.
Dies Land hat den Wein erfunden, um aus
der irdiſchen Entzuͤckung in die uͤberirdiſche zu ge-
langen. Eine junge Graͤfin aus der Champagne, Lilli
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/224>, abgerufen am 25.11.2024.
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