vorsichtig mit dem Schlusse, mit der Forderung in's Allgemeine.
Da trat ein Bauer zu mir, der aus dem Holze kam, und grüßte mich; er fragte, ob ich feirig sei, und warb meine Fäuste und meine Tageszeit. Und zwar für seinen Garten, für seine Baumschule, wenn ich dergleichen verstünde, "denn Jhr seht mir," meinte er, "nicht so recht aus wie Feldarbeit." Jch verstand's, und es schickte sich gut: es gedieh die Frucht, und des Abends schwatzte der Bauer mit mir und ließ sich erzählen und Rathschläge geben -- es erquickte mich, die Macht des Geistes zu sehn, des unbefangenen Geistes, wie er sich abgesetzt hat in mir durch so viel Erfahrung und Gedanken. Es war mir Freude und Genugthuung, einen Erfolg solches unparteiischen, laß mich sagen naiven Geistes auf den Bauersmann zu sehn, ich sprach nicht in Kategorieen, nicht im Jargon unsrer Kultur, und es trat ein wirklich bildendes Verhältniß zwischen uns ein -- was erkannt ich? Ach! Nach bestimm- ten Zielen rennt man, verfehlt sie, und läßt die Arme sinken; man glaubt, umsonst gestrebt und ge- wagt zu haben, aber der Zufall macht uns auf-
vorſichtig mit dem Schluſſe, mit der Forderung in’s Allgemeine.
Da trat ein Bauer zu mir, der aus dem Holze kam, und grüßte mich; er fragte, ob ich feirig ſei, und warb meine Fäuſte und meine Tageszeit. Und zwar für ſeinen Garten, für ſeine Baumſchule, wenn ich dergleichen verſtünde, „denn Jhr ſeht mir,“ meinte er, „nicht ſo recht aus wie Feldarbeit.“ Jch verſtand’s, und es ſchickte ſich gut: es gedieh die Frucht, und des Abends ſchwatzte der Bauer mit mir und ließ ſich erzählen und Rathſchläge geben — es erquickte mich, die Macht des Geiſtes zu ſehn, des unbefangenen Geiſtes, wie er ſich abgeſetzt hat in mir durch ſo viel Erfahrung und Gedanken. Es war mir Freude und Genugthuung, einen Erfolg ſolches unparteiiſchen, laß mich ſagen naiven Geiſtes auf den Bauersmann zu ſehn, ich ſprach nicht in Kategorieen, nicht im Jargon unſrer Kultur, und es trat ein wirklich bildendes Verhältniß zwiſchen uns ein — was erkannt ich? Ach! Nach beſtimm- ten Zielen rennt man, verfehlt ſie, und läßt die Arme ſinken; man glaubt, umſonſt geſtrebt und ge- wagt zu haben, aber der Zufall macht uns auf-
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vorſichtig mit dem Schluſſe, mit der Forderung in’s
Allgemeine.
Da trat ein Bauer zu mir, der aus dem Holze
kam, und grüßte mich; er fragte, ob ich feirig ſei,
und warb meine Fäuſte und meine Tageszeit. Und
zwar für ſeinen Garten, für ſeine Baumſchule, wenn
ich dergleichen verſtünde, „denn Jhr ſeht mir,“
meinte er, „nicht ſo recht aus wie Feldarbeit.“ Jch
verſtand’s, und es ſchickte ſich gut: es gedieh die
Frucht, und des Abends ſchwatzte der Bauer mit
mir und ließ ſich erzählen und Rathſchläge geben —
es erquickte mich, die Macht des Geiſtes zu ſehn,
des unbefangenen Geiſtes, wie er ſich abgeſetzt hat
in mir durch ſo viel Erfahrung und Gedanken. Es
war mir Freude und Genugthuung, einen Erfolg
ſolches unparteiiſchen, laß mich ſagen naiven Geiſtes
auf den Bauersmann zu ſehn, ich ſprach nicht in
Kategorieen, nicht im Jargon unſrer Kultur, und
es trat ein wirklich bildendes Verhältniß zwiſchen
uns ein — was erkannt ich? Ach! Nach beſtimm-
ten Zielen rennt man, verfehlt ſie, und läßt die
Arme ſinken; man glaubt, umſonſt geſtrebt und ge-
wagt zu haben, aber der Zufall macht uns auf-
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/261>, abgerufen am 22.11.2024.
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