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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837.

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gewöhnt habe. Jch schwatze über die Revolution,
über Ludwig Philipp, über Belgien, wie gute teutsche
Bürgersleute vom Wetter schwatzen, von der gestrigen
Bostonpartie, von der Kuppelei zwischen zwei jungen
Leuten; wenn das zufällig etwas Verfängliches wäre,
wie meine Revolution, so könnten sie in manchem
Staate mit eben so gutem Rechte eingesperrt werden,
wie ich; meine Politik ist ganz indifferent, all das
Zeug interessirt mich nicht, ich spreche nur und treibe
mit, weil ich noch immer nirgends den Zugang
finde, selbsteigen die Welt zu meinem Genüge er-
schütternd anzufassen.

Was weiß ich! Aber Jhr Prinzipienmenschen
bildet und karrt, Leute meines Schlags genießen,
herrschen, leben, oder die Kugel trifft sie.

Warum, Frau van Wälen, sagte ich leise zu
ihr, kümmern Sie sich um Politik, die Sie mit
Jhrer Schönheit, mit Jhrem Herzen Kummer und
Leben bereiten können? Erst wenn wir selbst un-
mächtig werden, fragen wir nach Parteien, eher
nicht; nur die Mittelmäßigkeit associirt sich, nur die
Prosa; warum bleiben Sie nicht allein? Jch bin
auch allein.

gewöhnt habe. Jch ſchwatze über die Revolution,
über Ludwig Philipp, über Belgien, wie gute teutſche
Bürgersleute vom Wetter ſchwatzen, von der geſtrigen
Boſtonpartie, von der Kuppelei zwiſchen zwei jungen
Leuten; wenn das zufällig etwas Verfängliches wäre,
wie meine Revolution, ſo könnten ſie in manchem
Staate mit eben ſo gutem Rechte eingeſperrt werden,
wie ich; meine Politik iſt ganz indifferent, all das
Zeug intereſſirt mich nicht, ich ſpreche nur und treibe
mit, weil ich noch immer nirgends den Zugang
finde, ſelbſteigen die Welt zu meinem Genüge er-
ſchütternd anzufaſſen.

Was weiß ich! Aber Jhr Prinzipienmenſchen
bildet und karrt, Leute meines Schlags genießen,
herrſchen, leben, oder die Kugel trifft ſie.

Warum, Frau van Wälen, ſagte ich leiſe zu
ihr, kümmern Sie ſich um Politik, die Sie mit
Jhrer Schönheit, mit Jhrem Herzen Kummer und
Leben bereiten können? Erſt wenn wir ſelbſt un-
mächtig werden, fragen wir nach Parteien, eher
nicht; nur die Mittelmäßigkeit aſſociirt ſich, nur die
Proſa; warum bleiben Sie nicht allein? Jch bin
auch allein.

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[51/0059] gewöhnt habe. Jch ſchwatze über die Revolution, über Ludwig Philipp, über Belgien, wie gute teutſche Bürgersleute vom Wetter ſchwatzen, von der geſtrigen Boſtonpartie, von der Kuppelei zwiſchen zwei jungen Leuten; wenn das zufällig etwas Verfängliches wäre, wie meine Revolution, ſo könnten ſie in manchem Staate mit eben ſo gutem Rechte eingeſperrt werden, wie ich; meine Politik iſt ganz indifferent, all das Zeug intereſſirt mich nicht, ich ſpreche nur und treibe mit, weil ich noch immer nirgends den Zugang finde, ſelbſteigen die Welt zu meinem Genüge er- ſchütternd anzufaſſen. Was weiß ich! Aber Jhr Prinzipienmenſchen bildet und karrt, Leute meines Schlags genießen, herrſchen, leben, oder die Kugel trifft ſie. Warum, Frau van Wälen, ſagte ich leiſe zu ihr, kümmern Sie ſich um Politik, die Sie mit Jhrer Schönheit, mit Jhrem Herzen Kummer und Leben bereiten können? Erſt wenn wir ſelbſt un- mächtig werden, fragen wir nach Parteien, eher nicht; nur die Mittelmäßigkeit aſſociirt ſich, nur die Proſa; warum bleiben Sie nicht allein? Jch bin auch allein.

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/59>, abgerufen am 23.11.2024.