machen mit den geheimnißvollen Kenntnissen, die ich aus der vergilbten Scharteke erlerne! Und nun der große Gewinn: hinten und vorn in dem Buche sind zwei eingebundene schmutzige Papierblätter, die werd' ich stehlen, und aus der Mitte werd' ich man- ches lose Druckblatt herausziehn, um über den Druck hinwegzuschreiben; wenn es sich später schwer lesen läßt, so hab' ich ein neues Geschäft des Entzifferns, ich bin jetzt sehr reich, lieber Himmel! Eher darf ich's aber nicht thun, als bis ich das Buch zurück- gegeben und nach mehreren Tagen erkannt habe, daß der Wärter nichts vermißt. Dann, im schlim- men Falle, werden die Blätter gefunden, und ich rette den Bleistift, weil sie noch unbeschrieben sind. Es kommen also wieder einige schlimme Fasttage.
Es ist gelungen, und nun will ich erzählen, aber nur vom Momente der Gefangenschaft an; das Vorhergehende hat seine großen Umrisse mit der äußern Welt gemein, das vergesse ich nicht, aber die kleinen Schattirungen zwischen vier Wän- den entgehen mir; sie möchte ich festhalten. Jch
machen mit den geheimnißvollen Kenntniſſen, die ich aus der vergilbten Scharteke erlerne! Und nun der große Gewinn: hinten und vorn in dem Buche ſind zwei eingebundene ſchmutzige Papierblätter, die werd’ ich ſtehlen, und aus der Mitte werd’ ich man- ches loſe Druckblatt herausziehn, um über den Druck hinwegzuſchreiben; wenn es ſich ſpäter ſchwer leſen läßt, ſo hab’ ich ein neues Geſchäft des Entzifferns, ich bin jetzt ſehr reich, lieber Himmel! Eher darf ich’s aber nicht thun, als bis ich das Buch zurück- gegeben und nach mehreren Tagen erkannt habe, daß der Wärter nichts vermißt. Dann, im ſchlim- men Falle, werden die Blätter gefunden, und ich rette den Bleiſtift, weil ſie noch unbeſchrieben ſind. Es kommen alſo wieder einige ſchlimme Faſttage.
Es iſt gelungen, und nun will ich erzählen, aber nur vom Momente der Gefangenſchaft an; das Vorhergehende hat ſeine großen Umriſſe mit der äußern Welt gemein, das vergeſſe ich nicht, aber die kleinen Schattirungen zwiſchen vier Wän- den entgehen mir; ſie möchte ich feſthalten. Jch
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machen mit den geheimnißvollen Kenntniſſen, die
ich aus der vergilbten Scharteke erlerne! Und nun
der große Gewinn: hinten und vorn in dem Buche
ſind zwei eingebundene ſchmutzige Papierblätter, die
werd’ ich ſtehlen, und aus der Mitte werd’ ich man-
ches loſe Druckblatt herausziehn, um über den Druck
hinwegzuſchreiben; wenn es ſich ſpäter ſchwer leſen
läßt, ſo hab’ ich ein neues Geſchäft des Entzifferns,
ich bin jetzt ſehr reich, lieber Himmel! Eher darf
ich’s aber nicht thun, als bis ich das Buch zurück-
gegeben und nach mehreren Tagen erkannt habe,
daß der Wärter nichts vermißt. Dann, im ſchlim-
men Falle, werden die Blätter gefunden, und ich
rette den Bleiſtift, weil ſie noch unbeſchrieben ſind.
Es kommen alſo wieder einige ſchlimme Faſttage.
Es iſt gelungen, und nun will ich erzählen,
aber nur vom Momente der Gefangenſchaft an;
das Vorhergehende hat ſeine großen Umriſſe mit
der äußern Welt gemein, das vergeſſe ich nicht,
aber die kleinen Schattirungen zwiſchen vier Wän-
den entgehen mir; ſie möchte ich feſthalten. Jch
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/83>, abgerufen am 25.11.2024.
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