Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

nothwendige Ordnung wird mir doch ein Geschäft
sein, und als solches, ach, wie willkommen! Heut
hab ich nur ein Papierstreifchen, das um's Licht
gewickelt war, und muß schließen.



Triumph! der Wärter hat mir ein altes schlech-
tes Buch geliehen, darin ist vom Okuliren der
Bäume, von Vertreibung der Hühnerwurzeln, von
Gelbmachen der Butter und solchen Dingen die
Rede; aber es ist etwas Lesbares, etwas außer mir,
was zu Hilfe kommt, ich habe einen Trost, eine
Hoffnung, wenn mir die Gedanken ausgehn; ich
klettre dann hinauf zu dem kleinen Fensterchen,
welches durch Eisenstäbe und eine Blechblende von
der Außenwelt abscheidet, und nur ein schmales
Stückchen Himmel oben hereinläßt, dort les' ich
über das Buttermachen, und lese jede Zeile zwei-
mal, dreimal, um recht lange Zeit über dem Buche
hinzubringen. Wie berauschend scheint mir der
Traum, solch ein Gartenknecht werden zu können,
der graben und hacken darf in Gottes freier Natur,
und wie wollt ich mich bei der Wirthin beliebt

nothwendige Ordnung wird mir doch ein Geſchäft
ſein, und als ſolches, ach, wie willkommen! Heut
hab ich nur ein Papierſtreifchen, das um’s Licht
gewickelt war, und muß ſchließen.



Triumph! der Wärter hat mir ein altes ſchlech-
tes Buch geliehen, darin iſt vom Okuliren der
Bäume, von Vertreibung der Hühnerwurzeln, von
Gelbmachen der Butter und ſolchen Dingen die
Rede; aber es iſt etwas Lesbares, etwas außer mir,
was zu Hilfe kommt, ich habe einen Troſt, eine
Hoffnung, wenn mir die Gedanken ausgehn; ich
klettre dann hinauf zu dem kleinen Fenſterchen,
welches durch Eiſenſtäbe und eine Blechblende von
der Außenwelt abſcheidet, und nur ein ſchmales
Stückchen Himmel oben hereinläßt, dort leſ’ ich
über das Buttermachen, und leſe jede Zeile zwei-
mal, dreimal, um recht lange Zeit über dem Buche
hinzubringen. Wie berauſchend ſcheint mir der
Traum, ſolch ein Gartenknecht werden zu können,
der graben und hacken darf in Gottes freier Natur,
und wie wollt ich mich bei der Wirthin beliebt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0082" n="74"/>
nothwendige Ordnung wird mir doch ein Ge&#x017F;chäft<lb/>
&#x017F;ein, und als &#x017F;olches, ach, wie willkommen! Heut<lb/>
hab ich nur ein Papier&#x017F;treifchen, das um&#x2019;s Licht<lb/>
gewickelt war, und muß &#x017F;chließen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Triumph! der Wärter hat mir ein altes &#x017F;chlech-<lb/>
tes Buch geliehen, darin i&#x017F;t vom Okuliren der<lb/>
Bäume, von Vertreibung der Hühnerwurzeln, von<lb/>
Gelbmachen der Butter und &#x017F;olchen Dingen die<lb/>
Rede; aber es i&#x017F;t etwas Lesbares, etwas außer mir,<lb/>
was zu Hilfe kommt, ich habe einen Tro&#x017F;t, eine<lb/>
Hoffnung, wenn mir die Gedanken ausgehn; ich<lb/>
klettre dann hinauf zu dem kleinen Fen&#x017F;terchen,<lb/>
welches durch Ei&#x017F;en&#x017F;täbe und eine Blechblende von<lb/>
der Außenwelt ab&#x017F;cheidet, und nur ein &#x017F;chmales<lb/>
Stückchen Himmel oben hereinläßt, dort le&#x017F;&#x2019; ich<lb/>
über das Buttermachen, und le&#x017F;e jede Zeile zwei-<lb/>
mal, dreimal, um recht lange Zeit über dem Buche<lb/>
hinzubringen. Wie berau&#x017F;chend &#x017F;cheint mir der<lb/>
Traum, &#x017F;olch ein Gartenknecht werden zu können,<lb/>
der graben und hacken darf in Gottes freier Natur,<lb/>
und wie wollt ich mich bei der Wirthin beliebt<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0082] nothwendige Ordnung wird mir doch ein Geſchäft ſein, und als ſolches, ach, wie willkommen! Heut hab ich nur ein Papierſtreifchen, das um’s Licht gewickelt war, und muß ſchließen. Triumph! der Wärter hat mir ein altes ſchlech- tes Buch geliehen, darin iſt vom Okuliren der Bäume, von Vertreibung der Hühnerwurzeln, von Gelbmachen der Butter und ſolchen Dingen die Rede; aber es iſt etwas Lesbares, etwas außer mir, was zu Hilfe kommt, ich habe einen Troſt, eine Hoffnung, wenn mir die Gedanken ausgehn; ich klettre dann hinauf zu dem kleinen Fenſterchen, welches durch Eiſenſtäbe und eine Blechblende von der Außenwelt abſcheidet, und nur ein ſchmales Stückchen Himmel oben hereinläßt, dort leſ’ ich über das Buttermachen, und leſe jede Zeile zwei- mal, dreimal, um recht lange Zeit über dem Buche hinzubringen. Wie berauſchend ſcheint mir der Traum, ſolch ein Gartenknecht werden zu können, der graben und hacken darf in Gottes freier Natur, und wie wollt ich mich bei der Wirthin beliebt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/82
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/82>, abgerufen am 16.05.2024.