schwach und verwirrt, Wahl hört völlig auf, der Zufall weiß, was daraus werden mag, und die Menschen verurtheilen! -- Ach, mein Raum ist wieder aus, ich bin wieder wer weiß wohin ge- rathen --
Mit peinlicher Mühe habe ich mir Tage lang vorgesagt, was ich damals noch dazu schreiben wollte, als der Papierfetzen zu Ende war, und ich habe lange keinen erreichen können; solch ein halb übrig bleibender Gedanke quält und martert, er will ent- weichen, weil er nur ein halbes ist, mein Gedächt- niß wird ohnedies täglich schwächer. Es was dies: in einiger Entfernung von meinem Kerker höre ich zuweilen Ketten rasseln, ich denke, es mag ein Bö- sewicht sein, und ich fühl's an meiner Schwäche, daß ich ja auch gar nicht sicher bin, ein solcher zu werden. O, was ist der Mensch! -- Und zu einem Erzählen komme ich immer nicht, und mein Kla- gen darüber füllt den spärlichen Papierraum nutzlos. Nun, ich will meine gefangenen Jdeen noch spe- cieller einzufangen suchen für die Darstellung, diese
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ſchwach und verwirrt, Wahl hört völlig auf, der Zufall weiß, was daraus werden mag, und die Menſchen verurtheilen! — Ach, mein Raum iſt wieder aus, ich bin wieder wer weiß wohin ge- rathen —
Mit peinlicher Mühe habe ich mir Tage lang vorgeſagt, was ich damals noch dazu ſchreiben wollte, als der Papierfetzen zu Ende war, und ich habe lange keinen erreichen können; ſolch ein halb übrig bleibender Gedanke quält und martert, er will ent- weichen, weil er nur ein halbes iſt, mein Gedächt- niß wird ohnedies täglich ſchwächer. Es was dies: in einiger Entfernung von meinem Kerker höre ich zuweilen Ketten raſſeln, ich denke, es mag ein Bö- ſewicht ſein, und ich fühl’s an meiner Schwäche, daß ich ja auch gar nicht ſicher bin, ein ſolcher zu werden. O, was iſt der Menſch! — Und zu einem Erzählen komme ich immer nicht, und mein Kla- gen darüber füllt den ſpärlichen Papierraum nutzlos. Nun, ich will meine gefangenen Jdeen noch ſpe- cieller einzufangen ſuchen für die Darſtellung, dieſe
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ſchwach und verwirrt, Wahl hört völlig auf, der
Zufall weiß, was daraus werden mag, und die
Menſchen verurtheilen! — Ach, mein Raum iſt
wieder aus, ich bin wieder wer weiß wohin ge-
rathen —
Mit peinlicher Mühe habe ich mir Tage lang
vorgeſagt, was ich damals noch dazu ſchreiben wollte,
als der Papierfetzen zu Ende war, und ich habe
lange keinen erreichen können; ſolch ein halb übrig
bleibender Gedanke quält und martert, er will ent-
weichen, weil er nur ein halbes iſt, mein Gedächt-
niß wird ohnedies täglich ſchwächer. Es was dies:
in einiger Entfernung von meinem Kerker höre ich
zuweilen Ketten raſſeln, ich denke, es mag ein Bö-
ſewicht ſein, und ich fühl’s an meiner Schwäche,
daß ich ja auch gar nicht ſicher bin, ein ſolcher zu
werden. O, was iſt der Menſch! — Und zu einem
Erzählen komme ich immer nicht, und mein Kla-
gen darüber füllt den ſpärlichen Papierraum nutzlos.
Nun, ich will meine gefangenen Jdeen noch ſpe-
cieller einzufangen ſuchen für die Darſtellung, dieſe
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/81>, abgerufen am 25.11.2024.
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