Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

er diese kleine Tour leicht zu Fuße macht, läuft nicht
Gefahr, mit sächsischen Soldaten oder Bauern hand-
gemein zu werden, und entgeht der Versuchung, bei
Gelegenheit des Merseburger-Bier-Trinkens auf
sächsischen Dörfern, auch von da aus zu contreban-
diren. Wahrlich, wer Halle und die Hallenser
kennt, und Patriotismus hat, würde eben dieser
Gründe wegen es gern sehen, wenn das Accise-De-
partement es dahin brächte, daß das Merseburger-
Bier eben so wohlfeil in Halle wäre, als es um
Halle herum ist: dadurch würde mancher Unfug ge-
hoben, und gewiß an Tausenden weniger ausser Lan-
des geschleppt werden.

Auch Lauchstädt ist des Sommers ein wahres
Verderben für die hallische Universität, ja selbst für
die Bürgerschaft. Im Jahr 1783 kam ein Brief
eines Reisenden
, und 1787 ein Schriftchen:
Lauchstädt, ein kleines Gemählde -- her-
aus, worin von den Tugenden dieses Bades und
der gewöhnlichen Badegäste sehr zweideutig gespro-
chen wird; das kümmert aber den Studenten nicht:
genug, wenn er nur seine Tour nach Lauchstädt ma-
chen kann! Und warum denn wohl? Welches Ver-
gnügen kann der Herr Student in Lauchstädt erwar-
ten? Die Gesellschaften der Badegäste stehen ihm
nicht offen: keine Dame, kein Herr von Stande
würdigt ihn eines Anblicks, er sey denn von Adel,

er dieſe kleine Tour leicht zu Fuße macht, laͤuft nicht
Gefahr, mit ſaͤchſiſchen Soldaten oder Bauern hand-
gemein zu werden, und entgeht der Verſuchung, bei
Gelegenheit des Merſeburger-Bier-Trinkens auf
ſaͤchſiſchen Doͤrfern, auch von da aus zu contreban-
diren. Wahrlich, wer Halle und die Hallenſer
kennt, und Patriotismus hat, wuͤrde eben dieſer
Gruͤnde wegen es gern ſehen, wenn das Acciſe-De-
partement es dahin braͤchte, daß das Merſeburger-
Bier eben ſo wohlfeil in Halle waͤre, als es um
Halle herum iſt: dadurch wuͤrde mancher Unfug ge-
hoben, und gewiß an Tauſenden weniger auſſer Lan-
des geſchleppt werden.

Auch Lauchſtaͤdt iſt des Sommers ein wahres
Verderben fuͤr die halliſche Univerſitaͤt, ja ſelbſt fuͤr
die Buͤrgerſchaft. Im Jahr 1783 kam ein Brief
eines Reiſenden
, und 1787 ein Schriftchen:
Lauchſtaͤdt, ein kleines Gemaͤhlde — her-
aus, worin von den Tugenden dieſes Bades und
der gewoͤhnlichen Badegaͤſte ſehr zweideutig geſpro-
chen wird; das kuͤmmert aber den Studenten nicht:
genug, wenn er nur ſeine Tour nach Lauchſtaͤdt ma-
chen kann! Und warum denn wohl? Welches Ver-
gnuͤgen kann der Herr Student in Lauchſtaͤdt erwar-
ten? Die Geſellſchaften der Badegaͤſte ſtehen ihm
nicht offen: keine Dame, kein Herr von Stande
wuͤrdigt ihn eines Anblicks, er ſey denn von Adel,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0116" n="114"/>
er die&#x017F;e kleine Tour leicht zu Fuße macht, la&#x0364;uft nicht<lb/>
Gefahr, mit &#x017F;a&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen Soldaten oder Bauern hand-<lb/>
gemein zu werden, und entgeht der Ver&#x017F;uchung, bei<lb/>
Gelegenheit des Mer&#x017F;eburger-Bier-Trinkens auf<lb/>
&#x017F;a&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen Do&#x0364;rfern, auch von da aus zu contreban-<lb/>
diren. Wahrlich, wer Halle und die Hallen&#x017F;er<lb/>
kennt, und Patriotismus hat, wu&#x0364;rde eben die&#x017F;er<lb/>
Gru&#x0364;nde wegen es gern &#x017F;ehen, wenn das Acci&#x017F;e-De-<lb/>
partement es dahin bra&#x0364;chte, daß das Mer&#x017F;eburger-<lb/>
Bier eben &#x017F;o wohlfeil in Halle wa&#x0364;re, als es um<lb/>
Halle herum i&#x017F;t: dadurch wu&#x0364;rde mancher Unfug ge-<lb/>
hoben, und gewiß an Tau&#x017F;enden weniger au&#x017F;&#x017F;er Lan-<lb/>
des ge&#x017F;chleppt werden.</p><lb/>
        <p>Auch Lauch&#x017F;ta&#x0364;dt i&#x017F;t des Sommers ein wahres<lb/>
Verderben fu&#x0364;r die halli&#x017F;che Univer&#x017F;ita&#x0364;t, ja &#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;r<lb/>
die Bu&#x0364;rger&#x017F;chaft. Im Jahr 1783 kam ein <hi rendition="#g">Brief<lb/>
eines Rei&#x017F;enden</hi>, und 1787 ein Schriftchen:<lb/><hi rendition="#g">Lauch&#x017F;ta&#x0364;dt</hi>, <hi rendition="#g">ein kleines Gema&#x0364;hlde</hi> &#x2014; her-<lb/>
aus, worin von den Tugenden die&#x017F;es Bades und<lb/>
der gewo&#x0364;hnlichen Badega&#x0364;&#x017F;te &#x017F;ehr zweideutig ge&#x017F;pro-<lb/>
chen wird; das ku&#x0364;mmert aber den Studenten nicht:<lb/>
genug, wenn er nur &#x017F;eine Tour nach Lauch&#x017F;ta&#x0364;dt ma-<lb/>
chen kann! Und warum denn wohl? Welches Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gen kann der Herr Student in Lauch&#x017F;ta&#x0364;dt erwar-<lb/>
ten? Die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften der Badega&#x0364;&#x017F;te &#x017F;tehen ihm<lb/>
nicht offen: keine Dame, kein Herr von Stande<lb/>
wu&#x0364;rdigt ihn eines Anblicks, er &#x017F;ey denn von Adel,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0116] er dieſe kleine Tour leicht zu Fuße macht, laͤuft nicht Gefahr, mit ſaͤchſiſchen Soldaten oder Bauern hand- gemein zu werden, und entgeht der Verſuchung, bei Gelegenheit des Merſeburger-Bier-Trinkens auf ſaͤchſiſchen Doͤrfern, auch von da aus zu contreban- diren. Wahrlich, wer Halle und die Hallenſer kennt, und Patriotismus hat, wuͤrde eben dieſer Gruͤnde wegen es gern ſehen, wenn das Acciſe-De- partement es dahin braͤchte, daß das Merſeburger- Bier eben ſo wohlfeil in Halle waͤre, als es um Halle herum iſt: dadurch wuͤrde mancher Unfug ge- hoben, und gewiß an Tauſenden weniger auſſer Lan- des geſchleppt werden. Auch Lauchſtaͤdt iſt des Sommers ein wahres Verderben fuͤr die halliſche Univerſitaͤt, ja ſelbſt fuͤr die Buͤrgerſchaft. Im Jahr 1783 kam ein Brief eines Reiſenden, und 1787 ein Schriftchen: Lauchſtaͤdt, ein kleines Gemaͤhlde — her- aus, worin von den Tugenden dieſes Bades und der gewoͤhnlichen Badegaͤſte ſehr zweideutig geſpro- chen wird; das kuͤmmert aber den Studenten nicht: genug, wenn er nur ſeine Tour nach Lauchſtaͤdt ma- chen kann! Und warum denn wohl? Welches Ver- gnuͤgen kann der Herr Student in Lauchſtaͤdt erwar- ten? Die Geſellſchaften der Badegaͤſte ſtehen ihm nicht offen: keine Dame, kein Herr von Stande wuͤrdigt ihn eines Anblicks, er ſey denn von Adel,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/116
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/116>, abgerufen am 18.12.2024.