mir nur einen Schoppen Wein! Mit diesen Worten trat ich in die Stube, ohne auf den Edelmann zu merken, der am Ofen saß. Kuchen brachte mir den geforderten Schoppen Wein: ich trank, sah mich hernach um, und sprang wie erstaunend auf, mit der Entschuldigung: "Ei, unterthäniger Knecht, gnädiger Herr! verzeihen Sie, daß ich Sie nicht eher bemerkt habe!
B... (stumm vor sich hinsehend).
Ich: Gnädiger Herr, wie bin ich zu dem Un- glück gekommen, daß Sie mich nicht einmal anzu- sehen würdigen?
B... (wie oben mit vielen hem hems).
Ich: Sollt' ich so unglücklich gewesen seyn, Ihre Ungnade auf mich zu laden!
B... (aufstehend und sehr prozzig.) Herr, Sie haben mir meinen Hofhund an der Kette todt- geschossen!
Ich: Gnädiger Herr! wer Ihnen das gesagt hat, ist ein Schurke! Ich Ihren Hund in Ihrem Hochadelichen Hofe todtschießen? Wie sollte ich mich so sehr vergehen können!
B... Sie hätten meinen Hund nicht todtge- schossen?
Ich: Haben Sie die Gnade, mich anzuhören. Ich habe neulich einen Hund in der Gemarkung todtgeschossen: allein da hat mein Herr die Jagd,
mir nur einen Schoppen Wein! Mit dieſen Worten trat ich in die Stube, ohne auf den Edelmann zu merken, der am Ofen ſaß. Kuchen brachte mir den geforderten Schoppen Wein: ich trank, ſah mich hernach um, und ſprang wie erſtaunend auf, mit der Entſchuldigung: „Ei, unterthaͤniger Knecht, gnaͤdiger Herr! verzeihen Sie, daß ich Sie nicht eher bemerkt habe!
B... (ſtumm vor ſich hinſehend).
Ich: Gnaͤdiger Herr, wie bin ich zu dem Un- gluͤck gekommen, daß Sie mich nicht einmal anzu- ſehen wuͤrdigen?
B... (wie oben mit vielen hem hems).
Ich: Sollt' ich ſo ungluͤcklich geweſen ſeyn, Ihre Ungnade auf mich zu laden!
B... (aufſtehend und ſehr prozzig.) Herr, Sie haben mir meinen Hofhund an der Kette todt- geſchoſſen!
Ich: Gnaͤdiger Herr! wer Ihnen das geſagt hat, iſt ein Schurke! Ich Ihren Hund in Ihrem Hochadelichen Hofe todtſchießen? Wie ſollte ich mich ſo ſehr vergehen koͤnnen!
B... Sie haͤtten meinen Hund nicht todtge- ſchoſſen?
Ich: Haben Sie die Gnade, mich anzuhoͤren. Ich habe neulich einen Hund in der Gemarkung todtgeſchoſſen: allein da hat mein Herr die Jagd,
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mir nur einen Schoppen Wein! Mit dieſen Worten
trat ich in die Stube, ohne auf den Edelmann zu
merken, der am Ofen ſaß. Kuchen brachte mir den
geforderten Schoppen Wein: ich trank, ſah mich
hernach um, und ſprang wie erſtaunend auf, mit
der Entſchuldigung: „Ei, unterthaͤniger Knecht,
gnaͤdiger Herr! verzeihen Sie, daß ich Sie nicht
eher bemerkt habe!
B... (ſtumm vor ſich hinſehend).
Ich: Gnaͤdiger Herr, wie bin ich zu dem Un-
gluͤck gekommen, daß Sie mich nicht einmal anzu-
ſehen wuͤrdigen?
B... (wie oben mit vielen hem hems).
Ich: Sollt' ich ſo ungluͤcklich geweſen ſeyn,
Ihre Ungnade auf mich zu laden!
B... (aufſtehend und ſehr prozzig.) Herr,
Sie haben mir meinen Hofhund an der Kette todt-
geſchoſſen!
Ich: Gnaͤdiger Herr! wer Ihnen das geſagt
hat, iſt ein Schurke! Ich Ihren Hund in Ihrem
Hochadelichen Hofe todtſchießen? Wie ſollte ich mich
ſo ſehr vergehen koͤnnen!
B... Sie haͤtten meinen Hund nicht todtge-
ſchoſſen?
Ich: Haben Sie die Gnade, mich anzuhoͤren.
Ich habe neulich einen Hund in der Gemarkung
todtgeſchoſſen: allein da hat mein Herr die Jagd,
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/12>, abgerufen am 21.11.2024.
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