vor, daß ein Mann, der auf dem Catheder docirte, auch Präses eines Burschenkomments seyn sollte; aber -- ich setzte mich darüber weg. Zwei Tage nachher wußte mein Semler schon alles: er nahm mich vor und las mir den Text nach Noten. Ich hätte ohnehin, sagte er, bei der philosophischen Fa- kultät keine Freude: ich sollte sehen, daß man mir die Erlaubniß, Kollegien zu lesen, verweigern und mich aus der Lehrer Liste ausstreichen würde. -- Das that mir freilich wehe, machte mich aber nicht klüger. Ich fuhr fort, die Wirthshäuser nach wie vor zu besuchen und mich in den Gesellschaften einzu- finden, an die ich einmal gewöhnt war.
Ein gewisser Heuser hatte auf seiner Stube im Schmiedischen Hause auf dem alten Markte eine sogenannte gelehrte Societät gestiftet, wobei auch ich war. Die Person zahlte jedesmal 8 Gr. wofür Kaffee, Taback, Bier und Abendbrod gegeben wurde. Einer um den andern mußte eine Vorlesung halten, und ich machte den Anfang. Etwan sechs Wochen blieb unsre Gesellschaft ungestöhrt: dann bekam einer von uns mit einem Innungs- oder Ordensbruder in Passendorf Händel. Man hatte nämlich unsre ge- lehrte Gesellschaft für einen neu aufkeimenden Orden angesehn, und war darüber nach ächten Ordens- grundsätzen eifersüchtig. Man beunruhigte uns so so lange, bis es endlich zur förmlichen Schlägerei
vor, daß ein Mann, der auf dem Catheder docirte, auch Praͤſes eines Burſchenkomments ſeyn ſollte; aber — ich ſetzte mich daruͤber weg. Zwei Tage nachher wußte mein Semler ſchon alles: er nahm mich vor und las mir den Text nach Noten. Ich haͤtte ohnehin, ſagte er, bei der philoſophiſchen Fa- kultaͤt keine Freude: ich ſollte ſehen, daß man mir die Erlaubniß, Kollegien zu leſen, verweigern und mich aus der Lehrer Liſte ausſtreichen wuͤrde. — Das that mir freilich wehe, machte mich aber nicht kluͤger. Ich fuhr fort, die Wirthshaͤuſer nach wie vor zu beſuchen und mich in den Geſellſchaften einzu- finden, an die ich einmal gewoͤhnt war.
Ein gewiſſer Heuſer hatte auf ſeiner Stube im Schmiediſchen Hauſe auf dem alten Markte eine ſogenannte gelehrte Societaͤt geſtiftet, wobei auch ich war. Die Perſon zahlte jedesmal 8 Gr. wofuͤr Kaffee, Taback, Bier und Abendbrod gegeben wurde. Einer um den andern mußte eine Vorleſung halten, und ich machte den Anfang. Etwan ſechs Wochen blieb unſre Geſellſchaft ungeſtoͤhrt: dann bekam einer von uns mit einem Innungs- oder Ordensbruder in Paſſendorf Haͤndel. Man hatte naͤmlich unſre ge- lehrte Geſellſchaft fuͤr einen neu aufkeimenden Orden angeſehn, und war daruͤber nach aͤchten Ordens- grundſaͤtzen eiferſuͤchtig. Man beunruhigte uns ſo ſo lange, bis es endlich zur foͤrmlichen Schlaͤgerei
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0185"n="183"/>
vor, daß ein Mann, der auf dem Catheder docirte,<lb/>
auch Praͤſes eines Burſchenkomments ſeyn ſollte;<lb/>
aber — ich ſetzte mich daruͤber weg. Zwei Tage<lb/>
nachher wußte mein Semler ſchon alles: er nahm<lb/>
mich vor und las mir den Text nach Noten. Ich<lb/>
haͤtte ohnehin, ſagte er, bei der philoſophiſchen Fa-<lb/>
kultaͤt keine Freude: ich ſollte ſehen, daß man mir<lb/>
die Erlaubniß, Kollegien zu leſen, verweigern und<lb/>
mich aus der Lehrer Liſte ausſtreichen wuͤrde. —<lb/>
Das that mir freilich wehe, machte mich aber nicht<lb/>
kluͤger. Ich fuhr fort, die Wirthshaͤuſer nach wie<lb/>
vor zu beſuchen und mich in den Geſellſchaften einzu-<lb/>
finden, an die ich einmal gewoͤhnt war.</p><lb/><p>Ein gewiſſer <hirendition="#g">Heuſer</hi> hatte auf ſeiner Stube<lb/>
im Schmiediſchen Hauſe auf dem alten Markte eine<lb/>ſogenannte gelehrte Societaͤt geſtiftet, wobei auch<lb/>
ich war. Die Perſon zahlte jedesmal 8 Gr. wofuͤr<lb/>
Kaffee, Taback, Bier und Abendbrod gegeben wurde.<lb/>
Einer um den andern mußte eine Vorleſung halten,<lb/>
und ich machte den Anfang. Etwan ſechs Wochen<lb/>
blieb unſre Geſellſchaft ungeſtoͤhrt: dann bekam einer<lb/>
von uns mit einem Innungs- oder Ordensbruder in<lb/>
Paſſendorf Haͤndel. Man hatte naͤmlich unſre ge-<lb/>
lehrte Geſellſchaft fuͤr einen neu aufkeimenden Orden<lb/>
angeſehn, und war daruͤber nach aͤchten Ordens-<lb/>
grundſaͤtzen eiferſuͤchtig. Man beunruhigte uns ſo<lb/>ſo lange, bis es endlich zur foͤrmlichen Schlaͤgerei<lb/></p></div></body></text></TEI>
[183/0185]
vor, daß ein Mann, der auf dem Catheder docirte,
auch Praͤſes eines Burſchenkomments ſeyn ſollte;
aber — ich ſetzte mich daruͤber weg. Zwei Tage
nachher wußte mein Semler ſchon alles: er nahm
mich vor und las mir den Text nach Noten. Ich
haͤtte ohnehin, ſagte er, bei der philoſophiſchen Fa-
kultaͤt keine Freude: ich ſollte ſehen, daß man mir
die Erlaubniß, Kollegien zu leſen, verweigern und
mich aus der Lehrer Liſte ausſtreichen wuͤrde. —
Das that mir freilich wehe, machte mich aber nicht
kluͤger. Ich fuhr fort, die Wirthshaͤuſer nach wie
vor zu beſuchen und mich in den Geſellſchaften einzu-
finden, an die ich einmal gewoͤhnt war.
Ein gewiſſer Heuſer hatte auf ſeiner Stube
im Schmiediſchen Hauſe auf dem alten Markte eine
ſogenannte gelehrte Societaͤt geſtiftet, wobei auch
ich war. Die Perſon zahlte jedesmal 8 Gr. wofuͤr
Kaffee, Taback, Bier und Abendbrod gegeben wurde.
Einer um den andern mußte eine Vorleſung halten,
und ich machte den Anfang. Etwan ſechs Wochen
blieb unſre Geſellſchaft ungeſtoͤhrt: dann bekam einer
von uns mit einem Innungs- oder Ordensbruder in
Paſſendorf Haͤndel. Man hatte naͤmlich unſre ge-
lehrte Geſellſchaft fuͤr einen neu aufkeimenden Orden
angeſehn, und war daruͤber nach aͤchten Ordens-
grundſaͤtzen eiferſuͤchtig. Man beunruhigte uns ſo
ſo lange, bis es endlich zur foͤrmlichen Schlaͤgerei
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/185>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.