Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Schwindsucht: es möchte indeß werden, wie es wolle,
er müsse doch bald sterben, stürbe aber mit Vergnü-
gen, weil er doch den Burschen nach dem ächten
Komment gespielt hätte. -- Schöner Trost!

Die Mosellaner zeichneten sich noch immer
durch fidele Lebensart von den andern Landmann-
schaften aus, und saßen mehr als die übrigen auf
dem Fürstenkeller und in den Schenken der Dör-
fer y). Ich saß auch oft bei ihnen, als meinen Lands-
leuten, und brachte mich dadurch in sehr üblen Kre-
dit, so daß auch Herr D. Griesbach, den ich
wiederum besuchte, mir nicht undeutlich zu verstehen
gab, daß ihm mein Betragen nicht gefiele: ein gra-
duirter Mann, meinte er, müßte mehr Decenz in
sein Benehmen zu bringen suchen. Er hatte Recht:
ich that mir eben darum auch wirklich Zwang an,
und besuchte den Fürstenkeller nicht weiter.

Das Kommersiren auf den Stuben währte
auch damals noch fort: ich selbst habe einem solchen
lustigen Gelage beigewohnt, in D. Döderleins
Behausung. So wenig Respekt hatten die Herren
Jenenser für einen Doctor der Theologie!


y) Studenten aus Gegenden, wo Trinkgelage zur Na-
tional Sitte geworden sind verderben oft eine ganze
Universität. Nur erst zu Hause den Brodkorb höher
gehängt!

Schwindſucht: es moͤchte indeß werden, wie es wolle,
er muͤſſe doch bald ſterben, ſtuͤrbe aber mit Vergnuͤ-
gen, weil er doch den Burſchen nach dem aͤchten
Komment geſpielt haͤtte. — Schoͤner Troſt!

Die Moſellaner zeichneten ſich noch immer
durch fidele Lebensart von den andern Landmann-
ſchaften aus, und ſaßen mehr als die uͤbrigen auf
dem Fuͤrſtenkeller und in den Schenken der Doͤr-
fer y). Ich ſaß auch oft bei ihnen, als meinen Lands-
leuten, und brachte mich dadurch in ſehr uͤblen Kre-
dit, ſo daß auch Herr D. Griesbach, den ich
wiederum beſuchte, mir nicht undeutlich zu verſtehen
gab, daß ihm mein Betragen nicht gefiele: ein gra-
duirter Mann, meinte er, muͤßte mehr Decenz in
ſein Benehmen zu bringen ſuchen. Er hatte Recht:
ich that mir eben darum auch wirklich Zwang an,
und beſuchte den Fuͤrſtenkeller nicht weiter.

Das Kommerſiren auf den Stuben waͤhrte
auch damals noch fort: ich ſelbſt habe einem ſolchen
luſtigen Gelage beigewohnt, in D. Doͤderleins
Behauſung. So wenig Reſpekt hatten die Herren
Jenenſer fuͤr einen Doctor der Theologie!


y) Studenten aus Gegenden, wo Trinkgelage zur Na-
tional Sitte geworden ſind verderben oft eine ganze
Univerſitaͤt. Nur erſt zu Hauſe den Brodkorb hoͤher
gehaͤngt!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0197" n="195"/>
Schwind&#x017F;ucht: es mo&#x0364;chte indeß werden, wie es wolle,<lb/>
er mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e doch bald &#x017F;terben, &#x017F;tu&#x0364;rbe aber mit Vergnu&#x0364;-<lb/>
gen, weil er doch den Bur&#x017F;chen nach dem a&#x0364;chten<lb/>
Komment ge&#x017F;pielt ha&#x0364;tte. &#x2014; Scho&#x0364;ner Tro&#x017F;t!</p><lb/>
        <p>Die Mo&#x017F;ellaner zeichneten &#x017F;ich noch immer<lb/>
durch fidele Lebensart von den andern Landmann-<lb/>
&#x017F;chaften aus, und &#x017F;aßen mehr als die u&#x0364;brigen auf<lb/>
dem Fu&#x0364;r&#x017F;tenkeller und in den Schenken der Do&#x0364;r-<lb/>
fer <note place="foot" n="y)">Studenten aus Gegenden, wo Trinkgelage zur Na-<lb/>
tional Sitte geworden &#x017F;ind verderben oft eine ganze<lb/>
Univer&#x017F;ita&#x0364;t. Nur er&#x017F;t zu Hau&#x017F;e den Brodkorb ho&#x0364;her<lb/>
geha&#x0364;ngt!</note>. Ich &#x017F;aß auch oft bei ihnen, als meinen Lands-<lb/>
leuten, und brachte mich dadurch in &#x017F;ehr u&#x0364;blen Kre-<lb/>
dit, &#x017F;o daß auch Herr <hi rendition="#aq">D.</hi> <hi rendition="#g">Griesbach</hi>, den ich<lb/>
wiederum be&#x017F;uchte, mir nicht undeutlich zu ver&#x017F;tehen<lb/>
gab, daß ihm mein Betragen nicht gefiele: ein gra-<lb/>
duirter Mann, meinte er, mu&#x0364;ßte mehr Decenz in<lb/>
&#x017F;ein Benehmen zu bringen &#x017F;uchen. Er hatte Recht:<lb/>
ich that mir eben darum auch wirklich Zwang an,<lb/>
und be&#x017F;uchte den Fu&#x0364;r&#x017F;tenkeller nicht weiter.</p><lb/>
        <p>Das Kommer&#x017F;iren auf den Stuben wa&#x0364;hrte<lb/>
auch damals noch fort: ich &#x017F;elb&#x017F;t habe einem &#x017F;olchen<lb/>
lu&#x017F;tigen Gelage beigewohnt, in <hi rendition="#aq">D.</hi> <hi rendition="#g">Do&#x0364;derleins</hi><lb/>
Behau&#x017F;ung. So wenig Re&#x017F;pekt hatten die Herren<lb/>
Jenen&#x017F;er fu&#x0364;r einen Doctor der Theologie!</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0197] Schwindſucht: es moͤchte indeß werden, wie es wolle, er muͤſſe doch bald ſterben, ſtuͤrbe aber mit Vergnuͤ- gen, weil er doch den Burſchen nach dem aͤchten Komment geſpielt haͤtte. — Schoͤner Troſt! Die Moſellaner zeichneten ſich noch immer durch fidele Lebensart von den andern Landmann- ſchaften aus, und ſaßen mehr als die uͤbrigen auf dem Fuͤrſtenkeller und in den Schenken der Doͤr- fer y). Ich ſaß auch oft bei ihnen, als meinen Lands- leuten, und brachte mich dadurch in ſehr uͤblen Kre- dit, ſo daß auch Herr D. Griesbach, den ich wiederum beſuchte, mir nicht undeutlich zu verſtehen gab, daß ihm mein Betragen nicht gefiele: ein gra- duirter Mann, meinte er, muͤßte mehr Decenz in ſein Benehmen zu bringen ſuchen. Er hatte Recht: ich that mir eben darum auch wirklich Zwang an, und beſuchte den Fuͤrſtenkeller nicht weiter. Das Kommerſiren auf den Stuben waͤhrte auch damals noch fort: ich ſelbſt habe einem ſolchen luſtigen Gelage beigewohnt, in D. Doͤderleins Behauſung. So wenig Reſpekt hatten die Herren Jenenſer fuͤr einen Doctor der Theologie! y) Studenten aus Gegenden, wo Trinkgelage zur Na- tional Sitte geworden ſind verderben oft eine ganze Univerſitaͤt. Nur erſt zu Hauſe den Brodkorb hoͤher gehaͤngt!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/197
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/197>, abgerufen am 21.11.2024.