Schwindsucht: es möchte indeß werden, wie es wolle, er müsse doch bald sterben, stürbe aber mit Vergnü- gen, weil er doch den Burschen nach dem ächten Komment gespielt hätte. -- Schöner Trost!
Die Mosellaner zeichneten sich noch immer durch fidele Lebensart von den andern Landmann- schaften aus, und saßen mehr als die übrigen auf dem Fürstenkeller und in den Schenken der Dör- fer y). Ich saß auch oft bei ihnen, als meinen Lands- leuten, und brachte mich dadurch in sehr üblen Kre- dit, so daß auch Herr D.Griesbach, den ich wiederum besuchte, mir nicht undeutlich zu verstehen gab, daß ihm mein Betragen nicht gefiele: ein gra- duirter Mann, meinte er, müßte mehr Decenz in sein Benehmen zu bringen suchen. Er hatte Recht: ich that mir eben darum auch wirklich Zwang an, und besuchte den Fürstenkeller nicht weiter.
Das Kommersiren auf den Stuben währte auch damals noch fort: ich selbst habe einem solchen lustigen Gelage beigewohnt, in D.Döderleins Behausung. So wenig Respekt hatten die Herren Jenenser für einen Doctor der Theologie!
y) Studenten aus Gegenden, wo Trinkgelage zur Na- tional Sitte geworden sind verderben oft eine ganze Universität. Nur erst zu Hause den Brodkorb höher gehängt!
Schwindſucht: es moͤchte indeß werden, wie es wolle, er muͤſſe doch bald ſterben, ſtuͤrbe aber mit Vergnuͤ- gen, weil er doch den Burſchen nach dem aͤchten Komment geſpielt haͤtte. — Schoͤner Troſt!
Die Moſellaner zeichneten ſich noch immer durch fidele Lebensart von den andern Landmann- ſchaften aus, und ſaßen mehr als die uͤbrigen auf dem Fuͤrſtenkeller und in den Schenken der Doͤr- fer y). Ich ſaß auch oft bei ihnen, als meinen Lands- leuten, und brachte mich dadurch in ſehr uͤblen Kre- dit, ſo daß auch Herr D.Griesbach, den ich wiederum beſuchte, mir nicht undeutlich zu verſtehen gab, daß ihm mein Betragen nicht gefiele: ein gra- duirter Mann, meinte er, muͤßte mehr Decenz in ſein Benehmen zu bringen ſuchen. Er hatte Recht: ich that mir eben darum auch wirklich Zwang an, und beſuchte den Fuͤrſtenkeller nicht weiter.
Das Kommerſiren auf den Stuben waͤhrte auch damals noch fort: ich ſelbſt habe einem ſolchen luſtigen Gelage beigewohnt, in D.Doͤderleins Behauſung. So wenig Reſpekt hatten die Herren Jenenſer fuͤr einen Doctor der Theologie!
y) Studenten aus Gegenden, wo Trinkgelage zur Na- tional Sitte geworden ſind verderben oft eine ganze Univerſitaͤt. Nur erſt zu Hauſe den Brodkorb hoͤher gehaͤngt!
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Schwindſucht: es moͤchte indeß werden, wie es wolle,
er muͤſſe doch bald ſterben, ſtuͤrbe aber mit Vergnuͤ-
gen, weil er doch den Burſchen nach dem aͤchten
Komment geſpielt haͤtte. — Schoͤner Troſt!
Die Moſellaner zeichneten ſich noch immer
durch fidele Lebensart von den andern Landmann-
ſchaften aus, und ſaßen mehr als die uͤbrigen auf
dem Fuͤrſtenkeller und in den Schenken der Doͤr-
fer y). Ich ſaß auch oft bei ihnen, als meinen Lands-
leuten, und brachte mich dadurch in ſehr uͤblen Kre-
dit, ſo daß auch Herr D. Griesbach, den ich
wiederum beſuchte, mir nicht undeutlich zu verſtehen
gab, daß ihm mein Betragen nicht gefiele: ein gra-
duirter Mann, meinte er, muͤßte mehr Decenz in
ſein Benehmen zu bringen ſuchen. Er hatte Recht:
ich that mir eben darum auch wirklich Zwang an,
und beſuchte den Fuͤrſtenkeller nicht weiter.
Das Kommerſiren auf den Stuben waͤhrte
auch damals noch fort: ich ſelbſt habe einem ſolchen
luſtigen Gelage beigewohnt, in D. Doͤderleins
Behauſung. So wenig Reſpekt hatten die Herren
Jenenſer fuͤr einen Doctor der Theologie!
y) Studenten aus Gegenden, wo Trinkgelage zur Na-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/197>, abgerufen am 21.11.2024.
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