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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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gutem Buche auszuhelfen. Also hatte ich in diesem
Stück keinen Mangel, und konnte meinen Vorle-
sungen allemal die erforderliche Vollständigkeit geben,
und sie mit allerlei Anekdoten ausschmücken, um die
Aufmerksamkeit meiner Zuhörer mehr zu fixiren. Ich
las in dem Auditorium des Herrn Professor Wol-
tärs, welcher mir dasselbe in seiner Zwischenzeit
überließ.

Ich war den Sommer über sehr fleißig, und
studirte ohne Unterlaß: ich bereitete mich jedesmal
auf meine Lectionen gehörig vor, hielt sie gewissen-
haft, und erwarb mir dadurch einen nicht üblen Kre-
dit. Man fand in meinen Vorlesungen mehr Zu-
sammenhang und Deutlichkeit, als in denen eines
gewissen andern Herrn Magisters -- und ich hatte
eben darum mehr Zuhörer als dieser. Ich bin nie-
mals fleißiger gewesen, als diesen Sommer: wäre
ich doch so geblieben! Allein es eräugneten sich Um-
stände, die mich aus meinem Gleise herausrissen.
Man höre erst weiter!

Eben der Herr Censor ließ mir von Zeit zu Zeit
sagen, "daß ich noch einmal disputiren müßte pro
loco:
würde ich es nicht thun, so müßte er mir
auf den Herbst da[ - 1 Zeichen fehlt] Lesen überhaupt untersagen: ich
müßte mich durchaus habilitiren." Ich stellte dem
Herrn vor, daß ich ja doch eben so viel jetzt wüste,
als dann, wenn ich noch einmal disputirt hätte: ich

gutem Buche auszuhelfen. Alſo hatte ich in dieſem
Stuͤck keinen Mangel, und konnte meinen Vorle-
ſungen allemal die erforderliche Vollſtaͤndigkeit geben,
und ſie mit allerlei Anekdoten ausſchmuͤcken, um die
Aufmerkſamkeit meiner Zuhoͤrer mehr zu fixiren. Ich
las in dem Auditorium des Herrn Profeſſor Wol-
taͤrs, welcher mir daſſelbe in ſeiner Zwiſchenzeit
uͤberließ.

Ich war den Sommer uͤber ſehr fleißig, und
ſtudirte ohne Unterlaß: ich bereitete mich jedesmal
auf meine Lectionen gehoͤrig vor, hielt ſie gewiſſen-
haft, und erwarb mir dadurch einen nicht uͤblen Kre-
dit. Man fand in meinen Vorleſungen mehr Zu-
ſammenhang und Deutlichkeit, als in denen eines
gewiſſen andern Herrn Magiſters — und ich hatte
eben darum mehr Zuhoͤrer als dieſer. Ich bin nie-
mals fleißiger geweſen, als dieſen Sommer: waͤre
ich doch ſo geblieben! Allein es eraͤugneten ſich Um-
ſtaͤnde, die mich aus meinem Gleiſe herausriſſen.
Man hoͤre erſt weiter!

Eben der Herr Cenſor ließ mir von Zeit zu Zeit
ſagen, „daß ich noch einmal diſputiren muͤßte pro
loco:
wuͤrde ich es nicht thun, ſo muͤßte er mir
auf den Herbſt da[ – 1 Zeichen fehlt] Leſen uͤberhaupt unterſagen: ich
muͤßte mich durchaus habilitiren.“ Ich ſtellte dem
Herrn vor, daß ich ja doch eben ſo viel jetzt wuͤſte,
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[206/0208] gutem Buche auszuhelfen. Alſo hatte ich in dieſem Stuͤck keinen Mangel, und konnte meinen Vorle- ſungen allemal die erforderliche Vollſtaͤndigkeit geben, und ſie mit allerlei Anekdoten ausſchmuͤcken, um die Aufmerkſamkeit meiner Zuhoͤrer mehr zu fixiren. Ich las in dem Auditorium des Herrn Profeſſor Wol- taͤrs, welcher mir daſſelbe in ſeiner Zwiſchenzeit uͤberließ. Ich war den Sommer uͤber ſehr fleißig, und ſtudirte ohne Unterlaß: ich bereitete mich jedesmal auf meine Lectionen gehoͤrig vor, hielt ſie gewiſſen- haft, und erwarb mir dadurch einen nicht uͤblen Kre- dit. Man fand in meinen Vorleſungen mehr Zu- ſammenhang und Deutlichkeit, als in denen eines gewiſſen andern Herrn Magiſters — und ich hatte eben darum mehr Zuhoͤrer als dieſer. Ich bin nie- mals fleißiger geweſen, als dieſen Sommer: waͤre ich doch ſo geblieben! Allein es eraͤugneten ſich Um- ſtaͤnde, die mich aus meinem Gleiſe herausriſſen. Man hoͤre erſt weiter! Eben der Herr Cenſor ließ mir von Zeit zu Zeit ſagen, „daß ich noch einmal diſputiren muͤßte pro loco: wuͤrde ich es nicht thun, ſo muͤßte er mir auf den Herbſt da_ Leſen uͤberhaupt unterſagen: ich muͤßte mich durchaus habilitiren.“ Ich ſtellte dem Herrn vor, daß ich ja doch eben ſo viel jetzt wuͤſte, als dann, wenn ich noch einmal diſputirt haͤtte: ich

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/208>, abgerufen am 28.11.2024.