wiederholte mir sein Versprechen, daß ich es gut bei ihm haben sollte.
Ich hatte schon am vorigen Abend auf Begeh- ren des Hauptmanns einen Zettel an den Prorector geschrieben, und ihm berichtet, daß ich aus gewissen Gründen Soldat geworden wäre. Das war nun freilich unnöthig: denn der Prorector hat in solchen Dingen nichts zu verfügen. Der Hauptmann fragte mich, ob ich noch haben wollte, daß er den Zettel an den Herrn Schulze abschicken sollte: ich bejahte es, und Zutzel, der Unterofficier, muste ihn hintra- gen. Herr Schulze ließ dem Hauptmann wieder sagen, daß er ihm zu mir gratulire. Auf meine Frage, was Schulze für eine Mine gemacht habe, antwortete Zutzel, er habe gelacht, und seiner Frau die Sache mit Lachen erzählt. Das ärgerte mich. Der Unbefangene findet aber freilich manches nicht so wichtig, als der Befangene -- im Taumel. Wohl dem, der hierdurch allmälig ein Körnchen vom Salz der Weisheit einsammelt, um nichts wichtiger zu finden, als es -- ist.
Ich wurde noch auf der Hauptwache eingeklei- det, und kam zu dem Unterofficier Zutzel ins Quar- tier: das war am dritten Weinachtstage, 1783.
Aber nun kam der Lärmen in der ganzen Stadt herum, und alle Straßen, alle Kneipen, alle vorneh- me Zirkel und alle Puffkeller ertönten von der einzi-
wiederholte mir ſein Verſprechen, daß ich es gut bei ihm haben ſollte.
Ich hatte ſchon am vorigen Abend auf Begeh- ren des Hauptmanns einen Zettel an den Prorector geſchrieben, und ihm berichtet, daß ich aus gewiſſen Gruͤnden Soldat geworden waͤre. Das war nun freilich unnoͤthig: denn der Prorector hat in ſolchen Dingen nichts zu verfuͤgen. Der Hauptmann fragte mich, ob ich noch haben wollte, daß er den Zettel an den Herrn Schulze abſchicken ſollte: ich bejahte es, und Zutzel, der Unterofficier, muſte ihn hintra- gen. Herr Schulze ließ dem Hauptmann wieder ſagen, daß er ihm zu mir gratulire. Auf meine Frage, was Schulze fuͤr eine Mine gemacht habe, antwortete Zutzel, er habe gelacht, und ſeiner Frau die Sache mit Lachen erzaͤhlt. Das aͤrgerte mich. Der Unbefangene findet aber freilich manches nicht ſo wichtig, als der Befangene — im Taumel. Wohl dem, der hierdurch allmaͤlig ein Koͤrnchen vom Salz der Weisheit einſammelt, um nichts wichtiger zu finden, als es — iſt.
Ich wurde noch auf der Hauptwache eingeklei- det, und kam zu dem Unterofficier Zutzel ins Quar- tier: das war am dritten Weinachtstage, 1783.
Aber nun kam der Laͤrmen in der ganzen Stadt herum, und alle Straßen, alle Kneipen, alle vorneh- me Zirkel und alle Puffkeller ertoͤnten von der einzi-
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wiederholte mir ſein Verſprechen, daß ich es gut
bei ihm haben ſollte.
Ich hatte ſchon am vorigen Abend auf Begeh-
ren des Hauptmanns einen Zettel an den Prorector
geſchrieben, und ihm berichtet, daß ich aus gewiſſen
Gruͤnden Soldat geworden waͤre. Das war nun
freilich unnoͤthig: denn der Prorector hat in ſolchen
Dingen nichts zu verfuͤgen. Der Hauptmann fragte
mich, ob ich noch haben wollte, daß er den Zettel
an den Herrn Schulze abſchicken ſollte: ich bejahte
es, und Zutzel, der Unterofficier, muſte ihn hintra-
gen. Herr Schulze ließ dem Hauptmann wieder
ſagen, daß er ihm zu mir gratulire. Auf meine
Frage, was Schulze fuͤr eine Mine gemacht habe,
antwortete Zutzel, er habe gelacht, und ſeiner Frau
die Sache mit Lachen erzaͤhlt. Das aͤrgerte mich.
Der Unbefangene findet aber freilich manches nicht
ſo wichtig, als der Befangene — im Taumel. Wohl
dem, der hierdurch allmaͤlig ein Koͤrnchen vom Salz
der Weisheit einſammelt, um nichts wichtiger zu
finden, als es — iſt.
Ich wurde noch auf der Hauptwache eingeklei-
det, und kam zu dem Unterofficier Zutzel ins Quar-
tier: das war am dritten Weinachtstage, 1783.
Aber nun kam der Laͤrmen in der ganzen Stadt
herum, und alle Straßen, alle Kneipen, alle vorneh-
me Zirkel und alle Puffkeller ertoͤnten von der einzi-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 239[249]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/251>, abgerufen am 24.11.2024.
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