ich noch weiter befürchtete. Der Baron schien an- fänglich gerührt, legte aber die ganze Sache bald auf die leichte Achsel, nahm mich mit in Dillmanns Garten, und wuste da so viel Schnurren und Schna- ken anzugeben, daß ich beim Wein -- Vater und Thereschen und Verlegenheit und alle Welt vergaß, und so selig ward, als irgend ein Rathsherr in Ab- dera je seyn konnte. So ging das Leben einige Ta- ge fort. Darauf gab mir Herr von F.... zu verste- hen, daß ich ihn bald nach Strasburg begleiten soll- te, und daß wir da hoch leben würden. Das Ding gefiel mir: ich sagte sogleich ja, und nahm meinen Rückweg nach Gundersblum.
Einige Tage hernach erschien mein Herr von F... und forderte, daß ich sogleich aufpacken sollte: es ginge vorwärts. Herr von Goldenberg sah es freilich nicht gern, daß ich ihn, seine Jagden und und seinen Keller verlassen wollte; aber er muste es schon geschehen lassen, und sich damit trösten, daß ich bald würde zurück kommen. Ich hatte dies auch ernstlich im Sinne: denn damals ging eben der Pro- zeß der Grafen von Leiningen mit dem Fürsten die- ses Namens zu Ende: die Linanges d'Italie, wie man sie spottweise nannte, hatten endlich nach vieler Noth und Mühe ihre Ansprüche auf die Grafschaf- ten Gundersblum und Heidesheim geltend gemacht. Auch hatte schon zu meiner Zeit Joseph II. in der
ich noch weiter befuͤrchtete. Der Baron ſchien an- faͤnglich geruͤhrt, legte aber die ganze Sache bald auf die leichte Achſel, nahm mich mit in Dillmanns Garten, und wuſte da ſo viel Schnurren und Schna- ken anzugeben, daß ich beim Wein — Vater und Thereschen und Verlegenheit und alle Welt vergaß, und ſo ſelig ward, als irgend ein Rathsherr in Ab- dera je ſeyn konnte. So ging das Leben einige Ta- ge fort. Darauf gab mir Herr von F.... zu verſte- hen, daß ich ihn bald nach Strasburg begleiten ſoll- te, und daß wir da hoch leben wuͤrden. Das Ding gefiel mir: ich ſagte ſogleich ja, und nahm meinen Ruͤckweg nach Gundersblum.
Einige Tage hernach erſchien mein Herr von F... und forderte, daß ich ſogleich aufpacken ſollte: es ginge vorwaͤrts. Herr von Goldenberg ſah es freilich nicht gern, daß ich ihn, ſeine Jagden und und ſeinen Keller verlaſſen wollte; aber er muſte es ſchon geſchehen laſſen, und ſich damit troͤſten, daß ich bald wuͤrde zuruͤck kommen. Ich hatte dies auch ernſtlich im Sinne: denn damals ging eben der Pro- zeß der Grafen von Leiningen mit dem Fuͤrſten die- ſes Namens zu Ende: die Linanges d'Italie, wie man ſie ſpottweiſe nannte, hatten endlich nach vieler Noth und Muͤhe ihre Anſpruͤche auf die Grafſchaf- ten Gundersblum und Heidesheim geltend gemacht. Auch hatte ſchon zu meiner Zeit Joſeph II. in der
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ich noch weiter befuͤrchtete. Der Baron ſchien an-
faͤnglich geruͤhrt, legte aber die ganze Sache bald
auf die leichte Achſel, nahm mich mit in Dillmanns
Garten, und wuſte da ſo viel Schnurren und Schna-
ken anzugeben, daß ich beim Wein — Vater und
Thereschen und Verlegenheit und alle Welt vergaß,
und ſo ſelig ward, als irgend ein Rathsherr in Ab-
dera je ſeyn konnte. So ging das Leben einige Ta-
ge fort. Darauf gab mir Herr von F.... zu verſte-
hen, daß ich ihn bald nach Strasburg begleiten ſoll-
te, und daß wir da hoch leben wuͤrden. Das Ding
gefiel mir: ich ſagte ſogleich ja, und nahm meinen
Ruͤckweg nach Gundersblum.
Einige Tage hernach erſchien mein Herr von
F... und forderte, daß ich ſogleich aufpacken ſollte:
es ginge vorwaͤrts. Herr von Goldenberg ſah
es freilich nicht gern, daß ich ihn, ſeine Jagden und
und ſeinen Keller verlaſſen wollte; aber er muſte es
ſchon geſchehen laſſen, und ſich damit troͤſten, daß
ich bald wuͤrde zuruͤck kommen. Ich hatte dies auch
ernſtlich im Sinne: denn damals ging eben der Pro-
zeß der Grafen von Leiningen mit dem Fuͤrſten die-
ſes Namens zu Ende: die Linanges d'Italie, wie
man ſie ſpottweiſe nannte, hatten endlich nach vieler
Noth und Muͤhe ihre Anſpruͤche auf die Grafſchaf-
ten Gundersblum und Heidesheim geltend gemacht.
Auch hatte ſchon zu meiner Zeit Joſeph II. in der
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/27>, abgerufen am 23.11.2024.
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