ins Gespräch einließ. Herr von Forster wußte um meine Historien, und machte viel schiefe Anmerkungen über den König von Preussen, und dessen Militär. Das ärgerte mich, und ich ward grob, so grob, daß der Edelmann foderte, Herr Diel sollte den Schulzen holen lassen, der mir das Maul stopfen würde. Aber nun ging erst der Skandal recht an, bis ich endlich selbst aufbrach, und meinen Her- mann besuchte. Die Geschichte hat mir einigen Ver- druß und Vorwürfe bei meinem Vater zugezogen.
Meinen Bruder sah ich in den ersten Tagen nicht: er war Vikarius in Dalheim, einem zur kai- serlichen Grafschaft Falkenstein gehörigen Dorfe. Er wußte zwar, daß ich da war, allein er übereilte sich nicht: unsre Freundschaft hatte längst aufgehört, und so waren wir eben nicht versessen, uns zu sehen. Endlich kam er doch; empfing mich aber kalt, und ich bewill- kommte ihn noch kälter. Er bath mich, ihn zu besuchen: das hab ich einmal gethan, aber nur ohngefähr auf vier Stunden. Seine Unterhaltung gefiel mir nicht, und die meinige müßte ihm lästig seyn. Meines Bru- ders Bibliothek musterte ich damals auch: ich fand unter andern die berüchtigte Aloysia Sigaeaf),
f)Aloysia Sigaea, satyra sotadica, seu de elegantia la- tini sermonis libri quatuor. Ein im feinsten Latein geschriebenes, und dem berühmten Meursius zuge- schriebenes Zotenbuch.
ins Geſpraͤch einließ. Herr von Forſter wußte um meine Hiſtorien, und machte viel ſchiefe Anmerkungen uͤber den Koͤnig von Preuſſen, und deſſen Militaͤr. Das aͤrgerte mich, und ich ward grob, ſo grob, daß der Edelmann foderte, Herr Diel ſollte den Schulzen holen laſſen, der mir das Maul ſtopfen wuͤrde. Aber nun ging erſt der Skandal recht an, bis ich endlich ſelbſt aufbrach, und meinen Her- mann beſuchte. Die Geſchichte hat mir einigen Ver- druß und Vorwuͤrfe bei meinem Vater zugezogen.
Meinen Bruder ſah ich in den erſten Tagen nicht: er war Vikarius in Dalheim, einem zur kai- ſerlichen Grafſchaft Falkenſtein gehoͤrigen Dorfe. Er wußte zwar, daß ich da war, allein er uͤbereilte ſich nicht: unſre Freundſchaft hatte laͤngſt aufgehoͤrt, und ſo waren wir eben nicht verſeſſen, uns zu ſehen. Endlich kam er doch; empfing mich aber kalt, und ich bewill- kommte ihn noch kaͤlter. Er bath mich, ihn zu beſuchen: das hab ich einmal gethan, aber nur ohngefaͤhr auf vier Stunden. Seine Unterhaltung gefiel mir nicht, und die meinige muͤßte ihm laͤſtig ſeyn. Meines Bru- ders Bibliothek muſterte ich damals auch: ich fand unter andern die beruͤchtigte Aloyſia Sigaeaf),
f)Aloyſia Sigaea, ſatyra ſotadica, ſeu de elegantia la- tini ſermonis libri quatuor. Ein im feinſten Latein geſchriebenes, und dem beruͤhmten Meurſius zuge- ſchriebenes Zotenbuch.
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ins Geſpraͤch einließ. Herr von Forſter wußte um
meine Hiſtorien, und machte viel ſchiefe Anmerkungen
uͤber den Koͤnig von Preuſſen, und deſſen Militaͤr.
Das aͤrgerte mich, und ich ward grob, ſo grob,
daß der Edelmann foderte, Herr Diel ſollte den
Schulzen holen laſſen, der mir das Maul ſtopfen
wuͤrde. Aber nun ging erſt der Skandal recht an,
bis ich endlich ſelbſt aufbrach, und meinen Her-
mann beſuchte. Die Geſchichte hat mir einigen Ver-
druß und Vorwuͤrfe bei meinem Vater zugezogen.
Meinen Bruder ſah ich in den erſten Tagen
nicht: er war Vikarius in Dalheim, einem zur kai-
ſerlichen Grafſchaft Falkenſtein gehoͤrigen Dorfe. Er
wußte zwar, daß ich da war, allein er uͤbereilte ſich
nicht: unſre Freundſchaft hatte laͤngſt aufgehoͤrt, und ſo
waren wir eben nicht verſeſſen, uns zu ſehen. Endlich
kam er doch; empfing mich aber kalt, und ich bewill-
kommte ihn noch kaͤlter. Er bath mich, ihn zu beſuchen:
das hab ich einmal gethan, aber nur ohngefaͤhr auf
vier Stunden. Seine Unterhaltung gefiel mir nicht,
und die meinige muͤßte ihm laͤſtig ſeyn. Meines Bru-
ders Bibliothek muſterte ich damals auch: ich fand
unter andern die beruͤchtigte Aloyſia Sigaea f),
f) Aloyſia Sigaea, ſatyra ſotadica, ſeu de elegantia la-
tini ſermonis libri quatuor. Ein im feinſten Latein
geſchriebenes, und dem beruͤhmten Meurſius zuge-
ſchriebenes Zotenbuch.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 342[352]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/354>, abgerufen am 24.11.2024.
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