Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

in die Messe ginge, da er doch den Stifter der christ-
lichen Religion für einen Bastart hielte? Das ist so
Mode, erwiederte er, und die Mode muß man mit
machen! --

Meine Leser mögen mir diese Digression nicht
übel nehmen: ich war sie den Herren schuldig, wel-
che mich damals in Strasburg so herrlich behandelt
haben. Daß heut zu Tage einiges anders ist, weiß
ich: aber an wem liegt die Schuld?

Quidquid delirant Reges, plectuntur Achivi!

Die Koffehäuser waren die Oerter, wo wir ge-
wöhnlich hingingen, uns zu zerstreuen. Wir spielten
Billard, tranken früh Ratafia und Nachmittags
Wein und Koffe. Das Tabackrauchen ist dort nicht
sehr gewöhnlich; und wenn ich länger in Strasburg
geblieben wäre, -- meine Pfeiffe hätte den Abschied
bekommen. Abends sezten wir uns in irgend eine
Kneipe, wo es lustig herging: da wurde gesoffen,
getanzt und um zwölf oder ein Uhr nach Hause ge-
gangen. Aus diesem Geständniß sehen meine Le-
ser, daß ich mich damals um kein Haar gebessert
hatte, und auch noch nicht auf dem Wege war, es
zu thun.



in die Meſſe ginge, da er doch den Stifter der chriſt-
lichen Religion fuͤr einen Baſtart hielte? Das iſt ſo
Mode, erwiederte er, und die Mode muß man mit
machen! —

Meine Leſer moͤgen mir dieſe Digreſſion nicht
uͤbel nehmen: ich war ſie den Herren ſchuldig, wel-
che mich damals in Strasburg ſo herrlich behandelt
haben. Daß heut zu Tage einiges anders iſt, weiß
ich: aber an wem liegt die Schuld?

Quidquid delirant Reges, plectuntur Achivi!

Die Koffehaͤuſer waren die Oerter, wo wir ge-
woͤhnlich hingingen, uns zu zerſtreuen. Wir ſpielten
Billard, tranken fruͤh Ratafia und Nachmittags
Wein und Koffe. Das Tabackrauchen iſt dort nicht
ſehr gewoͤhnlich; und wenn ich laͤnger in Strasburg
geblieben waͤre, — meine Pfeiffe haͤtte den Abſchied
bekommen. Abends ſezten wir uns in irgend eine
Kneipe, wo es luſtig herging: da wurde geſoffen,
getanzt und um zwoͤlf oder ein Uhr nach Hauſe ge-
gangen. Aus dieſem Geſtaͤndniß ſehen meine Le-
ſer, daß ich mich damals um kein Haar gebeſſert
hatte, und auch noch nicht auf dem Wege war, es
zu thun.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0036" n="34"/>
in die Me&#x017F;&#x017F;e ginge, da er doch den Stifter der chri&#x017F;t-<lb/>
lichen Religion fu&#x0364;r einen Ba&#x017F;tart hielte? Das i&#x017F;t &#x017F;o<lb/>
Mode, erwiederte er, und die Mode muß man mit<lb/>
machen! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Meine Le&#x017F;er mo&#x0364;gen mir die&#x017F;e Digre&#x017F;&#x017F;ion nicht<lb/>
u&#x0364;bel nehmen: ich war &#x017F;ie den Herren &#x017F;chuldig, wel-<lb/>
che mich damals in Strasburg &#x017F;o herrlich behandelt<lb/>
haben. Daß heut zu Tage einiges anders i&#x017F;t, weiß<lb/>
ich: aber an wem liegt die Schuld?</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Quidquid delirant Reges, plectuntur Achivi!</hi> </hi> </p><lb/>
        <p>Die Koffeha&#x0364;u&#x017F;er waren die Oerter, wo wir ge-<lb/>
wo&#x0364;hnlich hingingen, uns zu zer&#x017F;treuen. Wir &#x017F;pielten<lb/>
Billard, tranken fru&#x0364;h Ratafia und Nachmittags<lb/>
Wein und Koffe. Das Tabackrauchen i&#x017F;t dort nicht<lb/>
&#x017F;ehr gewo&#x0364;hnlich; und wenn ich la&#x0364;nger in Strasburg<lb/>
geblieben wa&#x0364;re, &#x2014; meine Pfeiffe ha&#x0364;tte den Ab&#x017F;chied<lb/>
bekommen. Abends &#x017F;ezten wir uns in irgend eine<lb/>
Kneipe, wo es lu&#x017F;tig herging: da wurde ge&#x017F;offen,<lb/>
getanzt und um zwo&#x0364;lf oder ein Uhr nach Hau&#x017F;e ge-<lb/>
gangen. Aus die&#x017F;em Ge&#x017F;ta&#x0364;ndniß &#x017F;ehen meine Le-<lb/>
&#x017F;er, daß ich mich damals um kein Haar gebe&#x017F;&#x017F;ert<lb/>
hatte, und auch noch nicht auf dem Wege war, es<lb/>
zu thun.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0036] in die Meſſe ginge, da er doch den Stifter der chriſt- lichen Religion fuͤr einen Baſtart hielte? Das iſt ſo Mode, erwiederte er, und die Mode muß man mit machen! — Meine Leſer moͤgen mir dieſe Digreſſion nicht uͤbel nehmen: ich war ſie den Herren ſchuldig, wel- che mich damals in Strasburg ſo herrlich behandelt haben. Daß heut zu Tage einiges anders iſt, weiß ich: aber an wem liegt die Schuld? Quidquid delirant Reges, plectuntur Achivi! Die Koffehaͤuſer waren die Oerter, wo wir ge- woͤhnlich hingingen, uns zu zerſtreuen. Wir ſpielten Billard, tranken fruͤh Ratafia und Nachmittags Wein und Koffe. Das Tabackrauchen iſt dort nicht ſehr gewoͤhnlich; und wenn ich laͤnger in Strasburg geblieben waͤre, — meine Pfeiffe haͤtte den Abſchied bekommen. Abends ſezten wir uns in irgend eine Kneipe, wo es luſtig herging: da wurde geſoffen, getanzt und um zwoͤlf oder ein Uhr nach Hauſe ge- gangen. Aus dieſem Geſtaͤndniß ſehen meine Le- ſer, daß ich mich damals um kein Haar gebeſſert hatte, und auch noch nicht auf dem Wege war, es zu thun.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/36
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/36>, abgerufen am 21.11.2024.