ter uns her kam, widersprach öffentlich, und drohte mir auf gut pfaffisch, mich zu verklagen, und mir durch meine Vorgesetzten das lästerliche Maul stopfen zu lassen. Diese Bravade brachte meinen ohnehin schon heroischen Kopf vollends in Harnisch, so daß ich dem Gottesmann mit Nachdruck vorwarf: Er, ja Er wäre der Rechte, der noch Ursache hätte, sich zu brüsten! Er möchte doch nur erst sein Haloren- Mensch fahren lassen, und durch die seine Frau nicht nöthigen, ihren Kummer in Brantewein zu versaufen. Es sey wahrlich sehr sauber, sich nach- sagen zu lassen, daß er seine viehischen Triebe nicht einmal im Beichtstuhl bändigen könnte! Er möchte sich zum Teufel scheeren, wohin er gehörte! u. dgl. Jetzt wollte ich auf den gleißnerischen Hurenbengel mit geballter Faust los, und ich würde wahrschein- lich sehr unsanft mit ihm verfahren seyn, wenn mich mein Begleiter nicht abgehalten, und in eine nahe Kneipe geführt hätte. Hier saßen wir, bis ich vol- lends meine Ladung hatte, und endlich aufbrach. In der Märkerstraße begegnete mir der alte Magi- ster von Sangerhausen, den ich aus Verse- hen schuppte, und der nun anfing loszuziehen. -- "Was willt du alter Pfaffe," schrie ich, und lief ihm nach. Er rettete sich in des Juden Josephs Haus, wohin ich ihn verfolgte: weil aber die Thür verschlossen wurde, so klopfte ich so stark an die Fen-
ter uns her kam, widerſprach oͤffentlich, und drohte mir auf gut pfaffiſch, mich zu verklagen, und mir durch meine Vorgeſetzten das laͤſterliche Maul ſtopfen zu laſſen. Dieſe Bravade brachte meinen ohnehin ſchon heroiſchen Kopf vollends in Harniſch, ſo daß ich dem Gottesmann mit Nachdruck vorwarf: Er, ja Er waͤre der Rechte, der noch Urſache haͤtte, ſich zu bruͤſten! Er moͤchte doch nur erſt ſein Haloren- Menſch fahren laſſen, und durch die ſeine Frau nicht noͤthigen, ihren Kummer in Brantewein zu verſaufen. Es ſey wahrlich ſehr ſauber, ſich nach- ſagen zu laſſen, daß er ſeine viehiſchen Triebe nicht einmal im Beichtſtuhl baͤndigen koͤnnte! Er moͤchte ſich zum Teufel ſcheeren, wohin er gehoͤrte! u. dgl. Jetzt wollte ich auf den gleißneriſchen Hurenbengel mit geballter Fauſt los, und ich wuͤrde wahrſchein- lich ſehr unſanft mit ihm verfahren ſeyn, wenn mich mein Begleiter nicht abgehalten, und in eine nahe Kneipe gefuͤhrt haͤtte. Hier ſaßen wir, bis ich vol- lends meine Ladung hatte, und endlich aufbrach. In der Maͤrkerſtraße begegnete mir der alte Magi- ſter von Sangerhauſen, den ich aus Verſe- hen ſchuppte, und der nun anfing loszuziehen. — „Was willt du alter Pfaffe,“ ſchrie ich, und lief ihm nach. Er rettete ſich in des Juden Joſephs Haus, wohin ich ihn verfolgte: weil aber die Thuͤr verſchloſſen wurde, ſo klopfte ich ſo ſtark an die Fen-
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[357[359]/0361]
ter uns her kam, widerſprach oͤffentlich, und drohte
mir auf gut pfaffiſch, mich zu verklagen, und mir
durch meine Vorgeſetzten das laͤſterliche Maul ſtopfen
zu laſſen. Dieſe Bravade brachte meinen ohnehin
ſchon heroiſchen Kopf vollends in Harniſch, ſo daß
ich dem Gottesmann mit Nachdruck vorwarf: Er,
ja Er waͤre der Rechte, der noch Urſache haͤtte, ſich
zu bruͤſten! Er moͤchte doch nur erſt ſein Haloren-
Menſch fahren laſſen, und durch die ſeine Frau
nicht noͤthigen, ihren Kummer in Brantewein zu
verſaufen. Es ſey wahrlich ſehr ſauber, ſich nach-
ſagen zu laſſen, daß er ſeine viehiſchen Triebe nicht
einmal im Beichtſtuhl baͤndigen koͤnnte! Er moͤchte
ſich zum Teufel ſcheeren, wohin er gehoͤrte! u. dgl.
Jetzt wollte ich auf den gleißneriſchen Hurenbengel
mit geballter Fauſt los, und ich wuͤrde wahrſchein-
lich ſehr unſanft mit ihm verfahren ſeyn, wenn mich
mein Begleiter nicht abgehalten, und in eine nahe
Kneipe gefuͤhrt haͤtte. Hier ſaßen wir, bis ich vol-
lends meine Ladung hatte, und endlich aufbrach.
In der Maͤrkerſtraße begegnete mir der alte Magi-
ſter von Sangerhauſen, den ich aus Verſe-
hen ſchuppte, und der nun anfing loszuziehen. —
„Was willt du alter Pfaffe,“ ſchrie ich, und lief
ihm nach. Er rettete ſich in des Juden Joſephs
Haus, wohin ich ihn verfolgte: weil aber die Thuͤr
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 357[359]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/361>, abgerufen am 24.11.2024.
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