vierzehn Groschen bekommt man eine Frau!" Eben darum sind auch unsre meisten Soldaten verehlicht, und wenn es käme, daß unsre Weiber und Kinder mit ins Feld zögen, so würde unsre Armee allerdings einem Haufen ziehender Nationen aus den Zeiten der Völkerwanderungen ähnlich sehen. Ausser dem sind wenigstens die Hälfte unsrer Krieger Landeskinder, welche immer Urlaub haben, auf dem Lande bei den ihrigen leben, und sich da von Ackerbau, und andern Gewerben nähren. Nimmt man das alles zusam- men, so findet man den wahren Grund, warum ich sagen kann, daß unsre Leute ungern ins Feld ziehen. Weib und Kind und Nahrung fesseln sie ans Haus, und machen ihnen den Feldzug verhaßt. Allein eben das, was den Feldzug erschwert, macht die Leute auf der andern Seite getreu, giebt ihnen Anhänglichkeit an ihr Vaterland, und bewahrt sie vor dem Aus- reissen. Man halte mir diese Anmerkung zu gute: sie schien mir hier am rechten Ort zu stehen.
Unser Regiment brach den fünften Junius auf. Ich hatte vorher meiner Mutter geschrieben, und sie um etwas Geld gebeten, damit ich meine Schulden bezahlen könnte. Ich war meiner Wirthin gegen die acht Thaler schuldig, und diese plagte mich darob nicht schlecht: sie hielt mir immer vor das Beispiel eines gewissen Gutglücks, der sie ehedem auch bei seiner Abfahrt um einiges Geld betrogen hätte, und machte
vierzehn Groſchen bekommt man eine Frau!“ Eben darum ſind auch unſre meiſten Soldaten verehlicht, und wenn es kaͤme, daß unſre Weiber und Kinder mit ins Feld zoͤgen, ſo wuͤrde unſre Armee allerdings einem Haufen ziehender Nationen aus den Zeiten der Voͤlkerwanderungen aͤhnlich ſehen. Auſſer dem ſind wenigſtens die Haͤlfte unſrer Krieger Landeskinder, welche immer Urlaub haben, auf dem Lande bei den ihrigen leben, und ſich da von Ackerbau, und andern Gewerben naͤhren. Nimmt man das alles zuſam- men, ſo findet man den wahren Grund, warum ich ſagen kann, daß unſre Leute ungern ins Feld ziehen. Weib und Kind und Nahrung feſſeln ſie ans Haus, und machen ihnen den Feldzug verhaßt. Allein eben das, was den Feldzug erſchwert, macht die Leute auf der andern Seite getreu, giebt ihnen Anhaͤnglichkeit an ihr Vaterland, und bewahrt ſie vor dem Aus- reiſſen. Man halte mir dieſe Anmerkung zu gute: ſie ſchien mir hier am rechten Ort zu ſtehen.
Unſer Regiment brach den fuͤnften Junius auf. Ich hatte vorher meiner Mutter geſchrieben, und ſie um etwas Geld gebeten, damit ich meine Schulden bezahlen koͤnnte. Ich war meiner Wirthin gegen die acht Thaler ſchuldig, und dieſe plagte mich darob nicht ſchlecht: ſie hielt mir immer vor das Beiſpiel eines gewiſſen Gutgluͤcks, der ſie ehedem auch bei ſeiner Abfahrt um einiges Geld betrogen haͤtte, und machte
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[395[397]/0399]
vierzehn Groſchen bekommt man eine Frau!“ Eben
darum ſind auch unſre meiſten Soldaten verehlicht,
und wenn es kaͤme, daß unſre Weiber und Kinder
mit ins Feld zoͤgen, ſo wuͤrde unſre Armee allerdings
einem Haufen ziehender Nationen aus den Zeiten der
Voͤlkerwanderungen aͤhnlich ſehen. Auſſer dem ſind
wenigſtens die Haͤlfte unſrer Krieger Landeskinder,
welche immer Urlaub haben, auf dem Lande bei den
ihrigen leben, und ſich da von Ackerbau, und andern
Gewerben naͤhren. Nimmt man das alles zuſam-
men, ſo findet man den wahren Grund, warum ich
ſagen kann, daß unſre Leute ungern ins Feld ziehen.
Weib und Kind und Nahrung feſſeln ſie ans Haus,
und machen ihnen den Feldzug verhaßt. Allein eben
das, was den Feldzug erſchwert, macht die Leute auf
der andern Seite getreu, giebt ihnen Anhaͤnglichkeit
an ihr Vaterland, und bewahrt ſie vor dem Aus-
reiſſen. Man halte mir dieſe Anmerkung zu gute:
ſie ſchien mir hier am rechten Ort zu ſtehen.
Unſer Regiment brach den fuͤnften Junius auf.
Ich hatte vorher meiner Mutter geſchrieben, und ſie
um etwas Geld gebeten, damit ich meine Schulden
bezahlen koͤnnte. Ich war meiner Wirthin gegen die
acht Thaler ſchuldig, und dieſe plagte mich darob nicht
ſchlecht: ſie hielt mir immer vor das Beiſpiel eines
gewiſſen Gutgluͤcks, der ſie ehedem auch bei ſeiner
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 395[397]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/399>, abgerufen am 24.11.2024.
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