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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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liebt ist, mein Befremden; allein der Herr Pastor
versicherte mich, daß ich das Ding nicht verstünde:
einer, der da ein Haus bauen wollte, hohlte erst die
Materialien zusammen u. s. w. Seine Tochter erster
Ehe ist sehr belesen in -- Romanen, und erhält diese
herrlichen Produkte von den Officiren aus Potsdam,
welche, wie sie versicherte, ganz artige Leute sind.

In Berlin bemerkte ich den großen Unterschied
zwischen den Einwohnern großer und denen kleiner
Städte. Wenn in Halle oder sonst wo etwas vor-
geht, dann steht der Pöbel auf allen Gassen und
gafft; hingegen in Berlin sahen uns nur wenige zu,
als wir einzogen. Sie hielten dergleichen ihrer Auf-
merksamkeit nicht werth, und hatten Recht. -- Es
waren mehrere fremde Regimenter in Berlin zusam-
men gekommen, nachdem die ganze dasige Garnison
ausmarschiert war. Unter diesen hatte unser Regi-
ment, nach dem Geständniß aller Berliner, den
Vorzug sowohl in Absicht der Sitten der Soldaten,
als in Rücksicht auf ihren guten Anzug. Herzog
Friedrich von Braunschweig, ein Bruder
des regierenden Herzogs, übernahm hier das Kom-
mando über unser Korps.

Berlin hat zwar recht hübsche Häuser, und in
diesen Häusern giebt es ganz artige Zimmer, allein wir
wurden größtentheils in Gemächer geworfen, welche
den Hölen wilder Thiere ähnlicher sahen, als Lager-

liebt iſt, mein Befremden; allein der Herr Paſtor
verſicherte mich, daß ich das Ding nicht verſtuͤnde:
einer, der da ein Haus bauen wollte, hohlte erſt die
Materialien zuſammen u. ſ. w. Seine Tochter erſter
Ehe iſt ſehr beleſen in — Romanen, und erhaͤlt dieſe
herrlichen Produkte von den Officiren aus Potsdam,
welche, wie ſie verſicherte, ganz artige Leute ſind.

In Berlin bemerkte ich den großen Unterſchied
zwiſchen den Einwohnern großer und denen kleiner
Staͤdte. Wenn in Halle oder ſonſt wo etwas vor-
geht, dann ſteht der Poͤbel auf allen Gaſſen und
gafft; hingegen in Berlin ſahen uns nur wenige zu,
als wir einzogen. Sie hielten dergleichen ihrer Auf-
merkſamkeit nicht werth, und hatten Recht. — Es
waren mehrere fremde Regimenter in Berlin zuſam-
men gekommen, nachdem die ganze daſige Garniſon
ausmarſchiert war. Unter dieſen hatte unſer Regi-
ment, nach dem Geſtaͤndniß aller Berliner, den
Vorzug ſowohl in Abſicht der Sitten der Soldaten,
als in Ruͤckſicht auf ihren guten Anzug. Herzog
Friedrich von Braunſchweig, ein Bruder
des regierenden Herzogs, uͤbernahm hier das Kom-
mando uͤber unſer Korps.

Berlin hat zwar recht huͤbſche Haͤuſer, und in
dieſen Haͤuſern giebt es ganz artige Zimmer, allein wir
wurden groͤßtentheils in Gemaͤcher geworfen, welche
den Hoͤlen wilder Thiere aͤhnlicher ſahen, als Lager-

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[404[406]/0408] liebt iſt, mein Befremden; allein der Herr Paſtor verſicherte mich, daß ich das Ding nicht verſtuͤnde: einer, der da ein Haus bauen wollte, hohlte erſt die Materialien zuſammen u. ſ. w. Seine Tochter erſter Ehe iſt ſehr beleſen in — Romanen, und erhaͤlt dieſe herrlichen Produkte von den Officiren aus Potsdam, welche, wie ſie verſicherte, ganz artige Leute ſind. In Berlin bemerkte ich den großen Unterſchied zwiſchen den Einwohnern großer und denen kleiner Staͤdte. Wenn in Halle oder ſonſt wo etwas vor- geht, dann ſteht der Poͤbel auf allen Gaſſen und gafft; hingegen in Berlin ſahen uns nur wenige zu, als wir einzogen. Sie hielten dergleichen ihrer Auf- merkſamkeit nicht werth, und hatten Recht. — Es waren mehrere fremde Regimenter in Berlin zuſam- men gekommen, nachdem die ganze daſige Garniſon ausmarſchiert war. Unter dieſen hatte unſer Regi- ment, nach dem Geſtaͤndniß aller Berliner, den Vorzug ſowohl in Abſicht der Sitten der Soldaten, als in Ruͤckſicht auf ihren guten Anzug. Herzog Friedrich von Braunſchweig, ein Bruder des regierenden Herzogs, uͤbernahm hier das Kom- mando uͤber unſer Korps. Berlin hat zwar recht huͤbſche Haͤuſer, und in dieſen Haͤuſern giebt es ganz artige Zimmer, allein wir wurden groͤßtentheils in Gemaͤcher geworfen, welche den Hoͤlen wilder Thiere aͤhnlicher ſahen, als Lager-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 404[406]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/408>, abgerufen am 21.11.2024.