Theil des Adels tyrannisirt zwar aller Orten, wo er nur kann, und sieht die Landleute als Geschöpfe an, welche aus einer ganz andern Masse gebildet sind, als der gnädige Junker. Das thut der Adel sogar in der Pfalz, wo ihm sonst die Klauen gar sehr ver- schnitten sind e). Auch da übt er so unter der Hand in den sogenannten ritterschaftlichen Dörfern seine Obermacht aus, und saugt den Armen Unter- thanen das Blut unter den Nägeln hervor. Aber nirgend ist die adeliche Tyrannei ärger als in Schle- sien: da können die Herren Unmenschen so recht nach Herzenslust die armen Unterthanen scheeren. Der Bauer da muß seinem Edelmann oder Gutsherrn ar- beiten, so oft und viel er es verlangt; und was der Edelmann ihm dafür erstattet, ist der Rede nicht werth. Widersezt sich der Bauer, so läßt ihn der Junker einsperren. -- -- -- -- -- -- -- -- Ich habe Beispiele gehört, wobei mir die Haut schauderte. Und geht auch endlich der Land- mann klagen, so bekommt auf den äußersten Fall der Edelmann eine Nase so ganz im stillen, wird auch
e) Kurfürst, FriedrichIV, und Karl Ludwig ha- ben dem Adel in der Pfalz bald durch feine Kunstgriffe, bald aber durch offenbare Gewalt beinahe alles Ansehn genommen, so daß in der Kurpfalz kein Mensch mehr der Despotie des Edelmanns unterworfen ist: und so wäre doch noch etwas Gutes in der Pfalz!
Theil des Adels tyranniſirt zwar aller Orten, wo er nur kann, und ſieht die Landleute als Geſchoͤpfe an, welche aus einer ganz andern Maſſe gebildet ſind, als der gnaͤdige Junker. Das thut der Adel ſogar in der Pfalz, wo ihm ſonſt die Klauen gar ſehr ver- ſchnitten ſind e). Auch da uͤbt er ſo unter der Hand in den ſogenannten ritterſchaftlichen Doͤrfern ſeine Obermacht aus, und ſaugt den Armen Unter- thanen das Blut unter den Naͤgeln hervor. Aber nirgend iſt die adeliche Tyrannei aͤrger als in Schle- ſien: da koͤnnen die Herren Unmenſchen ſo recht nach Herzensluſt die armen Unterthanen ſcheeren. Der Bauer da muß ſeinem Edelmann oder Gutsherrn ar- beiten, ſo oft und viel er es verlangt; und was der Edelmann ihm dafuͤr erſtattet, iſt der Rede nicht werth. Widerſezt ſich der Bauer, ſo laͤßt ihn der Junker einſperren. — — — — — — — — Ich habe Beiſpiele gehoͤrt, wobei mir die Haut ſchauderte. Und geht auch endlich der Land- mann klagen, ſo bekommt auf den aͤußerſten Fall der Edelmann eine Naſe ſo ganz im ſtillen, wird auch
e) Kurfuͤrſt, FriedrichIV, und Karl Ludwig ha- ben dem Adel in der Pfalz bald durch feine Kunſtgriffe, bald aber durch offenbare Gewalt beinahe alles Anſehn genommen, ſo daß in der Kurpfalz kein Menſch mehr der Deſpotie des Edelmanns unterworfen iſt: und ſo waͤre doch noch etwas Gutes in der Pfalz!
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Theil des Adels tyranniſirt zwar aller Orten, wo er
nur kann, und ſieht die Landleute als Geſchoͤpfe an,
welche aus einer ganz andern Maſſe gebildet ſind, als
der gnaͤdige Junker. Das thut der Adel ſogar in
der Pfalz, wo ihm ſonſt die Klauen gar ſehr ver-
ſchnitten ſind e). Auch da uͤbt er ſo unter der
Hand in den ſogenannten ritterſchaftlichen Doͤrfern
ſeine Obermacht aus, und ſaugt den Armen Unter-
thanen das Blut unter den Naͤgeln hervor. Aber
nirgend iſt die adeliche Tyrannei aͤrger als in Schle-
ſien: da koͤnnen die Herren Unmenſchen ſo recht nach
Herzensluſt die armen Unterthanen ſcheeren. Der
Bauer da muß ſeinem Edelmann oder Gutsherrn ar-
beiten, ſo oft und viel er es verlangt; und was der
Edelmann ihm dafuͤr erſtattet, iſt der Rede nicht
werth. Widerſezt ſich der Bauer, ſo laͤßt ihn der
Junker einſperren. — — — — — —
— — Ich habe Beiſpiele gehoͤrt, wobei mir die
Haut ſchauderte. Und geht auch endlich der Land-
mann klagen, ſo bekommt auf den aͤußerſten Fall der
Edelmann eine Naſe ſo ganz im ſtillen, wird auch
e) Kurfuͤrſt, Friedrich IV, und Karl Ludwig ha-
ben dem Adel in der Pfalz bald durch feine Kunſtgriffe,
bald aber durch offenbare Gewalt beinahe alles Anſehn
genommen, ſo daß in der Kurpfalz kein Menſch mehr
der Deſpotie des Edelmanns unterworfen iſt: und ſo
waͤre doch noch etwas Gutes in der Pfalz!
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 438[440]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/442>, abgerufen am 21.11.2024.
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