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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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Leute sehnen sich nicht einmal nach Gartenfrüch-
ten: sie essen Jahr aus Jahr ein ihre Knötel d)
und ihre Suppe, bloßes Mehl mit Salz und Was-
ser, selten mit Milch, und sind damit zufrieden.
Es giebt Familien, die das ganze Jahr hindurch
auch nicht ein Loth Fleisch essen. An Einschlachten
und an Geräuchertes ist gar nicht zu denken, ich
meine noch immer, auf den Dörfern: denn in schle-
sische Städte bin ich nicht gekommen. Die Lebens-
art der dortigen Bauern ist also sehr einfach: ihre
allgemeine, ewige Kost, von der sie nie abgehen,
ist -- Suppe und Knötel: selten etwas Butter
und Käse.

Die Tracht oder die Kleidung dieser Leute ist
sehr einfach und zeugt von der Armuth der meisten.
Fast alle beklagten sich, daß sie kaum so viel erwer-
ben könnten, als hinreicht, die Abgaben an den Kö-
nig und den Edelmann zu entrichten: woher nun
Kost und Kleidung!

Der Schlesische Landmann ist in allem Betracht
ein Sklave. Die königlichen Abgaben, hörte ich meh-
rere sagen, wollten sie gern geben, wenn sie nur von
der Tyrannei des Adels befreit wären. Der größte

d) Mehl wird in Wasser gerührt, sehr schwach gesalzen,
geknetet, zu länglichen Stücken geformt und in bloßem
Wasser gesotten. Das sind Schlesische Knötel, welche
noch obendrein ohne Schmelze gegessen werden.

Leute ſehnen ſich nicht einmal nach Gartenfruͤch-
ten: ſie eſſen Jahr aus Jahr ein ihre Knoͤtel d)
und ihre Suppe, bloßes Mehl mit Salz und Waſ-
ſer, ſelten mit Milch, und ſind damit zufrieden.
Es giebt Familien, die das ganze Jahr hindurch
auch nicht ein Loth Fleiſch eſſen. An Einſchlachten
und an Geraͤuchertes iſt gar nicht zu denken, ich
meine noch immer, auf den Doͤrfern: denn in ſchle-
ſiſche Staͤdte bin ich nicht gekommen. Die Lebens-
art der dortigen Bauern iſt alſo ſehr einfach: ihre
allgemeine, ewige Koſt, von der ſie nie abgehen,
iſt — Suppe und Knoͤtel: ſelten etwas Butter
und Kaͤſe.

Die Tracht oder die Kleidung dieſer Leute iſt
ſehr einfach und zeugt von der Armuth der meiſten.
Faſt alle beklagten ſich, daß ſie kaum ſo viel erwer-
ben koͤnnten, als hinreicht, die Abgaben an den Koͤ-
nig und den Edelmann zu entrichten: woher nun
Koſt und Kleidung!

Der Schleſiſche Landmann iſt in allem Betracht
ein Sklave. Die koͤniglichen Abgaben, hoͤrte ich meh-
rere ſagen, wollten ſie gern geben, wenn ſie nur von
der Tyrannei des Adels befreit waͤren. Der groͤßte

d) Mehl wird in Waſſer geruͤhrt, ſehr ſchwach geſalzen,
geknetet, zu laͤnglichen Stuͤcken geformt und in bloßem
Waſſer geſotten. Das ſind Schleſiſche Knoͤtel, welche
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[437[439]/0441] Leute ſehnen ſich nicht einmal nach Gartenfruͤch- ten: ſie eſſen Jahr aus Jahr ein ihre Knoͤtel d) und ihre Suppe, bloßes Mehl mit Salz und Waſ- ſer, ſelten mit Milch, und ſind damit zufrieden. Es giebt Familien, die das ganze Jahr hindurch auch nicht ein Loth Fleiſch eſſen. An Einſchlachten und an Geraͤuchertes iſt gar nicht zu denken, ich meine noch immer, auf den Doͤrfern: denn in ſchle- ſiſche Staͤdte bin ich nicht gekommen. Die Lebens- art der dortigen Bauern iſt alſo ſehr einfach: ihre allgemeine, ewige Koſt, von der ſie nie abgehen, iſt — Suppe und Knoͤtel: ſelten etwas Butter und Kaͤſe. Die Tracht oder die Kleidung dieſer Leute iſt ſehr einfach und zeugt von der Armuth der meiſten. Faſt alle beklagten ſich, daß ſie kaum ſo viel erwer- ben koͤnnten, als hinreicht, die Abgaben an den Koͤ- nig und den Edelmann zu entrichten: woher nun Koſt und Kleidung! Der Schleſiſche Landmann iſt in allem Betracht ein Sklave. Die koͤniglichen Abgaben, hoͤrte ich meh- rere ſagen, wollten ſie gern geben, wenn ſie nur von der Tyrannei des Adels befreit waͤren. Der groͤßte d) Mehl wird in Waſſer geruͤhrt, ſehr ſchwach geſalzen, geknetet, zu laͤnglichen Stuͤcken geformt und in bloßem Waſſer geſotten. Das ſind Schleſiſche Knoͤtel, welche noch obendrein ohne Schmelze gegeſſen werden.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 437[439]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/441>, abgerufen am 21.11.2024.