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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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darin findet: "Daß Ein Hochwohlgeborhner
Schwachkof und Faullenzer von dem Verstand und
der Arbeit Hundert gescheuter und arbeitsamer
Leute leben solle g)." -- An Holz haben die Leute
freilich einen Ueberfluß, gehen aber damit so unspar-
sam um, daß es eine Schande ist h). Um eine Was-
sersuppe zu kochen, verbrennt der Schlesier so viel
Holz, als man in Halle braucht, eine ganze Mahl-
zeit zuzurichten. Den ganzen Tag brennt da das
Feuer auf dem Heerde, damit, wenn ja einem ein-
fällt, etwas anzusetzen, er nicht nöthig habe, erst
Feuer anzumachen. Die Leute brauchen täglich drei-
mal warmes Wasser für ihr Vieh: da nun das Was-
ser in Ofenschiffen gewärmt wird, so werden die
Stuben in diesem Lande täglich wenigstens dreimal
geheizt. Ich konnte in solchen Stuben gar nicht
bleiben, eben so wenig meine Kameraden: die Ein-
wohner aber rührte das gar nicht. Wenn also über-
haupt, wie man sagt, diese Nation von etwas schwa-
chem Geiste ist, so mag das ewige Heizen der Stu-

g) Staats-Anzeigen, Heft 64. S. 457.
h) Herr Georg Forster äußert im I. B. seiner An-
sichten vom Niederrhein: daß der Holzmangel
die Völker dereinst wieder nöthigen werde, auszuwan-
dern: meynt aber, zum Trost aller armen Sünder auf
dem Thron, daß es wohl noch tausend Jahre währen
könnte.

darin findet: „Daß Ein Hochwohlgeborhner
Schwachkof und Faullenzer von dem Verſtand und
der Arbeit Hundert geſcheuter und arbeitſamer
Leute leben ſolle g).“ — An Holz haben die Leute
freilich einen Ueberfluß, gehen aber damit ſo unſpar-
ſam um, daß es eine Schande iſt h). Um eine Waſ-
ſerſuppe zu kochen, verbrennt der Schleſier ſo viel
Holz, als man in Halle braucht, eine ganze Mahl-
zeit zuzurichten. Den ganzen Tag brennt da das
Feuer auf dem Heerde, damit, wenn ja einem ein-
faͤllt, etwas anzuſetzen, er nicht noͤthig habe, erſt
Feuer anzumachen. Die Leute brauchen taͤglich drei-
mal warmes Waſſer fuͤr ihr Vieh: da nun das Waſ-
ſer in Ofenſchiffen gewaͤrmt wird, ſo werden die
Stuben in dieſem Lande taͤglich wenigſtens dreimal
geheizt. Ich konnte in ſolchen Stuben gar nicht
bleiben, eben ſo wenig meine Kameraden: die Ein-
wohner aber ruͤhrte das gar nicht. Wenn alſo uͤber-
haupt, wie man ſagt, dieſe Nation von etwas ſchwa-
chem Geiſte iſt, ſo mag das ewige Heizen der Stu-

g) Staats-Anzeigen, Heft 64. S. 457.
h) Herr Georg Forſter aͤußert im I. B. ſeiner An-
ſichten vom Niederrhein: daß der Holzmangel
die Voͤlker dereinſt wieder noͤthigen werde, auszuwan-
dern: meynt aber, zum Troſt aller armen Suͤnder auf
dem Thron, daß es wohl noch tauſend Jahre waͤhren
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[440[442]/0444] darin findet: „Daß Ein Hochwohlgeborhner Schwachkof und Faullenzer von dem Verſtand und der Arbeit Hundert geſcheuter und arbeitſamer Leute leben ſolle g).“ — An Holz haben die Leute freilich einen Ueberfluß, gehen aber damit ſo unſpar- ſam um, daß es eine Schande iſt h). Um eine Waſ- ſerſuppe zu kochen, verbrennt der Schleſier ſo viel Holz, als man in Halle braucht, eine ganze Mahl- zeit zuzurichten. Den ganzen Tag brennt da das Feuer auf dem Heerde, damit, wenn ja einem ein- faͤllt, etwas anzuſetzen, er nicht noͤthig habe, erſt Feuer anzumachen. Die Leute brauchen taͤglich drei- mal warmes Waſſer fuͤr ihr Vieh: da nun das Waſ- ſer in Ofenſchiffen gewaͤrmt wird, ſo werden die Stuben in dieſem Lande taͤglich wenigſtens dreimal geheizt. Ich konnte in ſolchen Stuben gar nicht bleiben, eben ſo wenig meine Kameraden: die Ein- wohner aber ruͤhrte das gar nicht. Wenn alſo uͤber- haupt, wie man ſagt, dieſe Nation von etwas ſchwa- chem Geiſte iſt, ſo mag das ewige Heizen der Stu- g) Staats-Anzeigen, Heft 64. S. 457. h) Herr Georg Forſter aͤußert im I. B. ſeiner An- ſichten vom Niederrhein: daß der Holzmangel die Voͤlker dereinſt wieder noͤthigen werde, auszuwan- dern: meynt aber, zum Troſt aller armen Suͤnder auf dem Thron, daß es wohl noch tauſend Jahre waͤhren koͤnnte.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 440[442]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/444>, abgerufen am 01.06.2024.