Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

gebährdeten sich wie die Kinder, wenn sie ein hüb-
sches Geschenk erhalten haben. Nur wenige sahen
es nicht gern, daß der Spektakel ein Ende haben
sollte: diese wünschten sich ihren alten Fritze zu-
rück: Der, meynten sie, würde kein Ungemach
gescheut haben, würde entweder ganz ruhig zu Hause
geblieben, oder in Böhmen fluchs vorgedrungen seyn
so lange, bis die Türken von selbst Frieden erhalten
hätten. Viel Blut würde es auch nicht gekostet ha-
ben: Oestreich wäre schon zu schwach, um den Ueber-
rest von Schlesien nicht gern willig abzutreten, die
Kriegskosten zu ersetzen, und sich wenigstens in vier-
zig Jahren die Lust nicht wieder werden zu lassen,
Europa in Krieg zu verwickeln, und so auf Kosten
Anderer, im Trüben für sich zu fischen. -- --
-- -- -- -- Die guten Leute sprachen aber,
wie sies verstanden; und es war sehr klug, einem je-
den dies nach seiner Art nicht zu wehren: dadurch
kühlt sich der erhizte Muth ab, und man ist vor
anderartigen Thätlichkeiten sicher.

Ich hörte dem allen so im Stillen zu, verglich,
prüfte, und wenn es mir auf der einen Seite auch
schien, daß der Reichenbacher Friede etwas vom
Frieden Gottes an sich habe, der, wie Herr Cranz
in seinen Fragmenten sagt, über alle Vernunft erha-
ben ist: so schien es mir doch auf der andern Seite,
daß unser gutmüthiger König sich bei diesem Feldzug

gebaͤhrdeten ſich wie die Kinder, wenn ſie ein huͤb-
ſches Geſchenk erhalten haben. Nur wenige ſahen
es nicht gern, daß der Spektakel ein Ende haben
ſollte: dieſe wuͤnſchten ſich ihren alten Fritze zu-
ruͤck: Der, meynten ſie, wuͤrde kein Ungemach
geſcheut haben, wuͤrde entweder ganz ruhig zu Hauſe
geblieben, oder in Boͤhmen fluchs vorgedrungen ſeyn
ſo lange, bis die Tuͤrken von ſelbſt Frieden erhalten
haͤtten. Viel Blut wuͤrde es auch nicht gekoſtet ha-
ben: Oeſtreich waͤre ſchon zu ſchwach, um den Ueber-
reſt von Schleſien nicht gern willig abzutreten, die
Kriegskoſten zu erſetzen, und ſich wenigſtens in vier-
zig Jahren die Luſt nicht wieder werden zu laſſen,
Europa in Krieg zu verwickeln, und ſo auf Koſten
Anderer, im Truͤben fuͤr ſich zu fiſchen. — —
— — — — Die guten Leute ſprachen aber,
wie ſies verſtanden; und es war ſehr klug, einem je-
den dies nach ſeiner Art nicht zu wehren: dadurch
kuͤhlt ſich der erhizte Muth ab, und man iſt vor
anderartigen Thaͤtlichkeiten ſicher.

Ich hoͤrte dem allen ſo im Stillen zu, verglich,
pruͤfte, und wenn es mir auf der einen Seite auch
ſchien, daß der Reichenbacher Friede etwas vom
Frieden Gottes an ſich habe, der, wie Herr Cranz
in ſeinen Fragmenten ſagt, uͤber alle Vernunft erha-
ben iſt: ſo ſchien es mir doch auf der andern Seite,
daß unſer gutmuͤthiger Koͤnig ſich bei dieſem Feldzug

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0448" n="444[446]"/>
geba&#x0364;hrdeten &#x017F;ich wie die Kinder, wenn &#x017F;ie ein hu&#x0364;b-<lb/>
&#x017F;ches Ge&#x017F;chenk erhalten haben. Nur wenige &#x017F;ahen<lb/>
es nicht gern, daß der Spektakel ein Ende haben<lb/>
&#x017F;ollte: die&#x017F;e wu&#x0364;n&#x017F;chten &#x017F;ich ihren alten <hi rendition="#g">Fritze</hi> zu-<lb/>
ru&#x0364;ck: <hi rendition="#g">Der</hi>, meynten &#x017F;ie, wu&#x0364;rde kein Ungemach<lb/>
ge&#x017F;cheut haben, wu&#x0364;rde entweder ganz ruhig zu Hau&#x017F;e<lb/>
geblieben, oder in Bo&#x0364;hmen fluchs vorgedrungen &#x017F;eyn<lb/>
&#x017F;o lange, bis die Tu&#x0364;rken von &#x017F;elb&#x017F;t Frieden erhalten<lb/>
ha&#x0364;tten. Viel Blut wu&#x0364;rde es auch nicht geko&#x017F;tet ha-<lb/>
ben: Oe&#x017F;treich wa&#x0364;re &#x017F;chon zu &#x017F;chwach, um den Ueber-<lb/>
re&#x017F;t von Schle&#x017F;ien nicht gern willig abzutreten, die<lb/>
Kriegsko&#x017F;ten zu er&#x017F;etzen, und &#x017F;ich wenig&#x017F;tens in vier-<lb/>
zig Jahren die Lu&#x017F;t nicht wieder werden zu la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
Europa in Krieg zu verwickeln, und &#x017F;o auf Ko&#x017F;ten<lb/>
Anderer, im Tru&#x0364;ben fu&#x0364;r &#x017F;ich zu fi&#x017F;chen. &#x2014; &#x2014;<lb/>
&#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; Die guten Leute &#x017F;prachen aber,<lb/>
wie &#x017F;ies ver&#x017F;tanden; und es war &#x017F;ehr klug, einem je-<lb/>
den dies nach &#x017F;einer Art nicht zu wehren: dadurch<lb/>
ku&#x0364;hlt &#x017F;ich der erhizte Muth ab, und man i&#x017F;t vor<lb/>
anderartigen Tha&#x0364;tlichkeiten &#x017F;icher.</p><lb/>
        <p>Ich ho&#x0364;rte dem allen &#x017F;o im Stillen zu, verglich,<lb/>
pru&#x0364;fte, und wenn es mir auf der einen Seite auch<lb/>
&#x017F;chien, daß der Reichenbacher Friede etwas vom<lb/>
Frieden Gottes an &#x017F;ich habe, der, wie Herr <hi rendition="#g">Cranz</hi><lb/>
in &#x017F;einen Fragmenten &#x017F;agt, u&#x0364;ber alle Vernunft erha-<lb/>
ben i&#x017F;t: &#x017F;o &#x017F;chien es mir doch auf der andern Seite,<lb/>
daß un&#x017F;er gutmu&#x0364;thiger Ko&#x0364;nig &#x017F;ich bei die&#x017F;em Feldzug<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[444[446]/0448] gebaͤhrdeten ſich wie die Kinder, wenn ſie ein huͤb- ſches Geſchenk erhalten haben. Nur wenige ſahen es nicht gern, daß der Spektakel ein Ende haben ſollte: dieſe wuͤnſchten ſich ihren alten Fritze zu- ruͤck: Der, meynten ſie, wuͤrde kein Ungemach geſcheut haben, wuͤrde entweder ganz ruhig zu Hauſe geblieben, oder in Boͤhmen fluchs vorgedrungen ſeyn ſo lange, bis die Tuͤrken von ſelbſt Frieden erhalten haͤtten. Viel Blut wuͤrde es auch nicht gekoſtet ha- ben: Oeſtreich waͤre ſchon zu ſchwach, um den Ueber- reſt von Schleſien nicht gern willig abzutreten, die Kriegskoſten zu erſetzen, und ſich wenigſtens in vier- zig Jahren die Luſt nicht wieder werden zu laſſen, Europa in Krieg zu verwickeln, und ſo auf Koſten Anderer, im Truͤben fuͤr ſich zu fiſchen. — — — — — — Die guten Leute ſprachen aber, wie ſies verſtanden; und es war ſehr klug, einem je- den dies nach ſeiner Art nicht zu wehren: dadurch kuͤhlt ſich der erhizte Muth ab, und man iſt vor anderartigen Thaͤtlichkeiten ſicher. Ich hoͤrte dem allen ſo im Stillen zu, verglich, pruͤfte, und wenn es mir auf der einen Seite auch ſchien, daß der Reichenbacher Friede etwas vom Frieden Gottes an ſich habe, der, wie Herr Cranz in ſeinen Fragmenten ſagt, uͤber alle Vernunft erha- ben iſt: ſo ſchien es mir doch auf der andern Seite, daß unſer gutmuͤthiger Koͤnig ſich bei dieſem Feldzug

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/448
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 444[446]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/448>, abgerufen am 21.11.2024.