ins Detail, und fragt weiter: was er von Christo halte? Ob dieser wahrer Gott sey? Ob er durch sein Blut, oder durch seine Lehre die Menschen erlöset und für die Sünden der Welt genug gethan ha- be? -- Besteht hier der Meister als orthodox, so wird er Hofmeister: besteht er nicht -- marsch mit ihm! Nach andern Dingen, als Pädagogik, Spra- chen, Wissenschaften und Sitten wird wenig gefragt. Ich berufe mich hier zum Ueberfluß noch auf das Zeugniß der schlesischen Hofmeister in Halle, sammt dem ihrer Eleven. Ich mag die nicht nennen, de- nen es so gegangen ist. Das ist aber noch so ein Anstrich oder Nachhall von dem Religionszustande der Schlesier unter der Regierung Oestreichs. Laut dieses Anstrichs galt selbst Friedrich der Ein- zige als Freigeist: und welcher Orthodoxe nimmt gern von Freigeistern etwas an! Gut nur, daß dieser Freigeist recht wohl wußte, daß zum hölzernen Hermes freilich jeder Klotz schon tauge, aber nicht zu einem Hermes nach der Vorstellung der Alten von dem es hieß:
Non fit cx quovis stipite Mercurius!
Gut nur, sage ich, daß Friedrich das wußte, und darum es sich nie einfallen ließ, nach Roms Art, seine Privatmeynungen, so königlich sie auch waren, -- mit inquisitorischer Gewalt Andern auf- zudringen, und sie auf diese Art zu herrschenden zu
ins Detail, und fragt weiter: was er von Chriſto halte? Ob dieſer wahrer Gott ſey? Ob er durch ſein Blut, oder durch ſeine Lehre die Menſchen erloͤſet und fuͤr die Suͤnden der Welt genug gethan ha- be? — Beſteht hier der Meiſter als orthodox, ſo wird er Hofmeiſter: beſteht er nicht — marſch mit ihm! Nach andern Dingen, als Paͤdagogik, Spra- chen, Wiſſenſchaften und Sitten wird wenig gefragt. Ich berufe mich hier zum Ueberfluß noch auf das Zeugniß der ſchleſiſchen Hofmeiſter in Halle, ſammt dem ihrer Eleven. Ich mag die nicht nennen, de- nen es ſo gegangen iſt. Das iſt aber noch ſo ein Anſtrich oder Nachhall von dem Religionszuſtande der Schleſier unter der Regierung Oeſtreichs. Laut dieſes Anſtrichs galt ſelbſt Friedrich der Ein- zige als Freigeiſt: und welcher Orthodoxe nimmt gern von Freigeiſtern etwas an! Gut nur, daß dieſer Freigeiſt recht wohl wußte, daß zum hoͤlzernen Hermes freilich jeder Klotz ſchon tauge, aber nicht zu einem Hermes nach der Vorſtellung der Alten von dem es hieß:
Non fit cx quovis ſtipite Mercurius!
Gut nur, ſage ich, daß Friedrich das wußte, und darum es ſich nie einfallen ließ, nach Roms Art, ſeine Privatmeynungen, ſo koͤniglich ſie auch waren, — mit inquiſitoriſcher Gewalt Andern auf- zudringen, und ſie auf dieſe Art zu herrſchenden zu
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[448[450]/0452]
ins Detail, und fragt weiter: was er von Chriſto
halte? Ob dieſer wahrer Gott ſey? Ob er durch ſein
Blut, oder durch ſeine Lehre die Menſchen erloͤſet
und fuͤr die Suͤnden der Welt genug gethan ha-
be? — Beſteht hier der Meiſter als orthodox, ſo
wird er Hofmeiſter: beſteht er nicht — marſch mit
ihm! Nach andern Dingen, als Paͤdagogik, Spra-
chen, Wiſſenſchaften und Sitten wird wenig gefragt.
Ich berufe mich hier zum Ueberfluß noch auf das
Zeugniß der ſchleſiſchen Hofmeiſter in Halle, ſammt
dem ihrer Eleven. Ich mag die nicht nennen, de-
nen es ſo gegangen iſt. Das iſt aber noch ſo ein
Anſtrich oder Nachhall von dem Religionszuſtande
der Schleſier unter der Regierung Oeſtreichs. Laut
dieſes Anſtrichs galt ſelbſt Friedrich der Ein-
zige als Freigeiſt: und welcher Orthodoxe nimmt
gern von Freigeiſtern etwas an! Gut nur, daß
dieſer Freigeiſt recht wohl wußte, daß zum hoͤlzernen
Hermes freilich jeder Klotz ſchon tauge, aber nicht
zu einem Hermes nach der Vorſtellung der Alten
von dem es hieß:
Non fit cx quovis ſtipite Mercurius!
Gut nur, ſage ich, daß Friedrich das wußte,
und darum es ſich nie einfallen ließ, nach Roms
Art, ſeine Privatmeynungen, ſo koͤniglich ſie auch
waren, — mit inquiſitoriſcher Gewalt Andern auf-
zudringen, und ſie auf dieſe Art zu herrſchenden zu
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 448[450]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/452>, abgerufen am 21.11.2024.
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