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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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ner subtilen Einfädelung der Begebenheiten, welche
endlich zu einem wo nicht durchaus vortheilhaften,
doch sehr gemäßigten Urtheile den Leser führen muß.
Seine guten Seiten -- und deren hatte Bahrdt
mehrere -- stellte er ins vortheilhafteste Licht; seine
moralischen Krankheiten aber bemäntelte er so artig,
daß man, wie er sie und sich stellt, geneigt wird,
immer mit Schonung über ihn zu urtheilen. Ich
will nur die Geschichte mit seiner Frau anführen,
welche schon in dem zweiten Bande anfängt, und
sich am Ende des Vierten mit der Christine endigt.
Die Christiniade ist wirklich etwas skandalöses; wer
aber blos die Bahrdtische Biographie ließt, kann
höchstens die Achsel zucken, aber unmöglich über den
Doktor zürnen.

Nach meiner Zurückkunft aus dem Felde kam
eben der zweite Band zum Vorschein. Ich las ihn,
und merkte gleich, wo Bahrdt hinaus wollte. Es
kam endlich der dritte und vierte heraus: und, siehe
da, meine Bemerkung traf ein. Ueberall Kunst,
überall Verstellung für einige der Hauptmomente
seines Lebens, überall zu viel Licht in diesem Gemäl-
de: und aus Mangel an Schatten glich es der dar-
gestellten Person nicht mehr. Ich theilte meine Be-
merkungen dem Herrn Bispink mit, und dieser
hatte die Güte, sie noch mit einigen Hauptbemer-
kungen zu bereichern. Ich wußte zwar, daß Herr

ner ſubtilen Einfaͤdelung der Begebenheiten, welche
endlich zu einem wo nicht durchaus vortheilhaften,
doch ſehr gemaͤßigten Urtheile den Leſer fuͤhren muß.
Seine guten Seiten — und deren hatte Bahrdt
mehrere — ſtellte er ins vortheilhafteſte Licht; ſeine
moraliſchen Krankheiten aber bemaͤntelte er ſo artig,
daß man, wie er ſie und ſich ſtellt, geneigt wird,
immer mit Schonung uͤber ihn zu urtheilen. Ich
will nur die Geſchichte mit ſeiner Frau anfuͤhren,
welche ſchon in dem zweiten Bande anfaͤngt, und
ſich am Ende des Vierten mit der Chriſtine endigt.
Die Chriſtiniade iſt wirklich etwas ſkandaloͤſes; wer
aber blos die Bahrdtiſche Biographie ließt, kann
hoͤchſtens die Achſel zucken, aber unmoͤglich uͤber den
Doktor zuͤrnen.

Nach meiner Zuruͤckkunft aus dem Felde kam
eben der zweite Band zum Vorſchein. Ich las ihn,
und merkte gleich, wo Bahrdt hinaus wollte. Es
kam endlich der dritte und vierte heraus: und, ſiehe
da, meine Bemerkung traf ein. Ueberall Kunſt,
uͤberall Verſtellung fuͤr einige der Hauptmomente
ſeines Lebens, uͤberall zu viel Licht in dieſem Gemaͤl-
de: und aus Mangel an Schatten glich es der dar-
geſtellten Perſon nicht mehr. Ich theilte meine Be-
merkungen dem Herrn Bispink mit, und dieſer
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kungen zu bereichern. Ich wußte zwar, daß Herr

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[482[484]/0486] ner ſubtilen Einfaͤdelung der Begebenheiten, welche endlich zu einem wo nicht durchaus vortheilhaften, doch ſehr gemaͤßigten Urtheile den Leſer fuͤhren muß. Seine guten Seiten — und deren hatte Bahrdt mehrere — ſtellte er ins vortheilhafteſte Licht; ſeine moraliſchen Krankheiten aber bemaͤntelte er ſo artig, daß man, wie er ſie und ſich ſtellt, geneigt wird, immer mit Schonung uͤber ihn zu urtheilen. Ich will nur die Geſchichte mit ſeiner Frau anfuͤhren, welche ſchon in dem zweiten Bande anfaͤngt, und ſich am Ende des Vierten mit der Chriſtine endigt. Die Chriſtiniade iſt wirklich etwas ſkandaloͤſes; wer aber blos die Bahrdtiſche Biographie ließt, kann hoͤchſtens die Achſel zucken, aber unmoͤglich uͤber den Doktor zuͤrnen. Nach meiner Zuruͤckkunft aus dem Felde kam eben der zweite Band zum Vorſchein. Ich las ihn, und merkte gleich, wo Bahrdt hinaus wollte. Es kam endlich der dritte und vierte heraus: und, ſiehe da, meine Bemerkung traf ein. Ueberall Kunſt, uͤberall Verſtellung fuͤr einige der Hauptmomente ſeines Lebens, uͤberall zu viel Licht in dieſem Gemaͤl- de: und aus Mangel an Schatten glich es der dar- geſtellten Perſon nicht mehr. Ich theilte meine Be- merkungen dem Herrn Bispink mit, und dieſer hatte die Guͤte, ſie noch mit einigen Hauptbemer- kungen zu bereichern. Ich wußte zwar, daß Herr

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 482[484]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/486>, abgerufen am 21.11.2024.