Bispink des Doktors Freund war; aber ich wußte auch, daß er Vieles an ihm nicht billigte. Er zeigte die größte Achtung gegen Bahrdts Talent und Schriften, und bedaurte um beider willen, daß er nicht mehr Mann im Leben wäre. Einmal hörte ich ihn Bahrdten gar ein moralisches Ungeheuer nen- nen, das der Kraft nach zum Herrschen bestimmt wäre; aber, wie er sie verschwendete, zum Sklaven herabsänke.
Das alles wußte ich; dem aber ohngeachtet konnte ich von Herrn Bispink, als Bahrdts Ver- trauten und zugleich Mitverleger von dessen Schrif- ten, wohl nicht füglich erwarten, daß er meine Be- merkungen über ihn und dessen Lebensgeschichte würde drucken lassen, wenn ich sie auch fürs Publikum be- stimmen wollte. Sie schienen mir indeß wichtig ge- nug zu seyn, um bekannt und verbreitet zu werden, und ich entschloß mich, sie für irgend einen andern Verleger auszufertigen und sie so dem Publikum mit- zutheilen. Ein Zufall überhob mich der Nühe, die- sen lange aufzusuchen. Ich war nämlich m Som- mer des vorigen Jahres in einer Gesellschaft, wo eben von D.Bahrdts Biographie gesprochen wurde. Ich nahm das Buch -- es war der dritte Theil -- und bemerkte und verdollmetschte so fleißig, daß die Gesellschaft ihre große Freude -- wie die Menschen nun einmal sind! -- darüber [ - 1 Zeichen fehlt]ezeugte. In
Bispink des Doktors Freund war; aber ich wußte auch, daß er Vieles an ihm nicht billigte. Er zeigte die groͤßte Achtung gegen Bahrdts Talent und Schriften, und bedaurte um beider willen, daß er nicht mehr Mann im Leben waͤre. Einmal hoͤrte ich ihn Bahrdten gar ein moraliſches Ungeheuer nen- nen, das der Kraft nach zum Herrſchen beſtimmt waͤre; aber, wie er ſie verſchwendete, zum Sklaven herabſaͤnke.
Das alles wußte ich; dem aber ohngeachtet konnte ich von Herrn Bispink, als Bahrdts Ver- trauten und zugleich Mitverleger von deſſen Schrif- ten, wohl nicht fuͤglich erwarten, daß er meine Be- merkungen uͤber ihn und deſſen Lebensgeſchichte wuͤrde drucken laſſen, wenn ich ſie auch fuͤrs Publikum be- ſtimmen wollte. Sie ſchienen mir indeß wichtig ge- nug zu ſeyn, um bekannt und verbreitet zu werden, und ich entſchloß mich, ſie fuͤr irgend einen andern Verleger auszufertigen und ſie ſo dem Publikum mit- zutheilen. Ein Zufall uͤberhob mich der Nuͤhe, die- ſen lange aufzuſuchen. Ich war naͤmlich m Som- mer des vorigen Jahres in einer Geſellſchaft, wo eben von D.Bahrdts Biographie geſprochen wurde. Ich nahm das Buch — es war der dritte Theil — und bemerkte und verdollmetſchte ſo fleißig, daß die Geſellſchaft ihre große Freude — wie die Menſchen nun einmal ſind! — daruͤber [ – 1 Zeichen fehlt]ezeugte. In
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[483[485]/0487]
Bispink des Doktors Freund war; aber ich wußte
auch, daß er Vieles an ihm nicht billigte. Er zeigte
die groͤßte Achtung gegen Bahrdts Talent und
Schriften, und bedaurte um beider willen, daß er
nicht mehr Mann im Leben waͤre. Einmal hoͤrte ich
ihn Bahrdten gar ein moraliſches Ungeheuer nen-
nen, das der Kraft nach zum Herrſchen beſtimmt
waͤre; aber, wie er ſie verſchwendete, zum Sklaven
herabſaͤnke.
Das alles wußte ich; dem aber ohngeachtet
konnte ich von Herrn Bispink, als Bahrdts Ver-
trauten und zugleich Mitverleger von deſſen Schrif-
ten, wohl nicht fuͤglich erwarten, daß er meine Be-
merkungen uͤber ihn und deſſen Lebensgeſchichte wuͤrde
drucken laſſen, wenn ich ſie auch fuͤrs Publikum be-
ſtimmen wollte. Sie ſchienen mir indeß wichtig ge-
nug zu ſeyn, um bekannt und verbreitet zu werden,
und ich entſchloß mich, ſie fuͤr irgend einen andern
Verleger auszufertigen und ſie ſo dem Publikum mit-
zutheilen. Ein Zufall uͤberhob mich der Nuͤhe, die-
ſen lange aufzuſuchen. Ich war naͤmlich m Som-
mer des vorigen Jahres in einer Geſellſchaft, wo
eben von D. Bahrdts Biographie geſprochen
wurde. Ich nahm das Buch — es war der dritte
Theil — und bemerkte und verdollmetſchte ſo fleißig,
daß die Geſellſchaft ihre große Freude — wie die
Menſchen nun einmal ſind! — daruͤber _ezeugte. In
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 483[485]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/487>, abgerufen am 21.11.2024.
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