Knieen, Ihre Insolenz dem Doktor und den Stu- denten abbitten müssen? Haben Sie ihre endliche Befreiung und Sicherheit nicht selbst Bahrdts Für- bitte bei den Studenten zu danken gehabt? Ist das nicht alles wahr? Und kurz, Liebeler, Du läßt die Stelle stehen, wie sie steht: Herr Professor Sprengel hat sie censirt.
Dreyßig war häßlich erboßt, und lief unter Flu- chen und Drohungen fort, und die Jungen in der Druckerei lachten hinter ihm drein. Einige Stun- den hernach konstituirte er mich von neuem, spannte aber jetzt sehr gelinde Saiten auf, und bat ganz er- gebenst um Weglassung des Vorfalls. Ich versicher- te ihn aber, daß ich dieses nicht könnte. Herr Hen- del hat, sagte ich, die Handschrift gelesen, und hat von Weglassen nichts erwähnt, bezahlt hat er mir auch. Soll ich nun dem Büchelchen seinen Werth durch Weglassung unterhaltender und den größten Theil der Leser anziehender Stellen verschlechtern und dem guten Manne seinen Gewinn schmälern? Ueberdem müßte er von der christlichen Billigkeit einen heidnisch unbilligen Begriff haben: denn sonst müste er auch das für sich angemessen finden, was er so oft und so famös an Andern praktisirt hätte. Er hätte ja ordentlich in der Stadt herum spionirt und herum spioniren lassen, um nur die Schwächen, oft
Knieen, Ihre Inſolenz dem Doktor und den Stu- denten abbitten muͤſſen? Haben Sie ihre endliche Befreiung und Sicherheit nicht ſelbſt Bahrdts Fuͤr- bitte bei den Studenten zu danken gehabt? Iſt das nicht alles wahr? Und kurz, Liebeler, Du laͤßt die Stelle ſtehen, wie ſie ſteht: Herr Profeſſor Sprengel hat ſie cenſirt.
Dreyßig war haͤßlich erboßt, und lief unter Flu- chen und Drohungen fort, und die Jungen in der Druckerei lachten hinter ihm drein. Einige Stun- den hernach konſtituirte er mich von neuem, ſpannte aber jetzt ſehr gelinde Saiten auf, und bat ganz er- gebenſt um Weglaſſung des Vorfalls. Ich verſicher- te ihn aber, daß ich dieſes nicht koͤnnte. Herr Hen- del hat, ſagte ich, die Handſchrift geleſen, und hat von Weglaſſen nichts erwaͤhnt, bezahlt hat er mir auch. Soll ich nun dem Buͤchelchen ſeinen Werth durch Weglaſſung unterhaltender und den groͤßten Theil der Leſer anziehender Stellen verſchlechtern und dem guten Manne ſeinen Gewinn ſchmaͤlern? Ueberdem muͤßte er von der chriſtlichen Billigkeit einen heidniſch unbilligen Begriff haben: denn ſonſt muͤſte er auch das fuͤr ſich angemeſſen finden, was er ſo oft und ſo famoͤs an Andern praktiſirt haͤtte. Er haͤtte ja ordentlich in der Stadt herum ſpionirt und herum ſpioniren laſſen, um nur die Schwaͤchen, oft
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Knieen, Ihre Inſolenz dem Doktor und den Stu-
denten abbitten muͤſſen? Haben Sie ihre endliche
Befreiung und Sicherheit nicht ſelbſt Bahrdts Fuͤr-
bitte bei den Studenten zu danken gehabt? Iſt das
nicht alles wahr? Und kurz, Liebeler, Du laͤßt
die Stelle ſtehen, wie ſie ſteht: Herr Profeſſor
Sprengel hat ſie cenſirt.
Dreyßig war haͤßlich erboßt, und lief unter Flu-
chen und Drohungen fort, und die Jungen in der
Druckerei lachten hinter ihm drein. Einige Stun-
den hernach konſtituirte er mich von neuem, ſpannte
aber jetzt ſehr gelinde Saiten auf, und bat ganz er-
gebenſt um Weglaſſung des Vorfalls. Ich verſicher-
te ihn aber, daß ich dieſes nicht koͤnnte. Herr Hen-
del hat, ſagte ich, die Handſchrift geleſen, und hat
von Weglaſſen nichts erwaͤhnt, bezahlt hat er mir
auch. Soll ich nun dem Buͤchelchen ſeinen Werth
durch Weglaſſung unterhaltender und den groͤßten
Theil der Leſer anziehender Stellen verſchlechtern
und dem guten Manne ſeinen Gewinn ſchmaͤlern?
Ueberdem muͤßte er von der chriſtlichen Billigkeit
einen heidniſch unbilligen Begriff haben: denn ſonſt
muͤſte er auch das fuͤr ſich angemeſſen finden, was er
ſo oft und ſo famoͤs an Andern praktiſirt haͤtte. Er
haͤtte ja ordentlich in der Stadt herum ſpionirt und
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 493[495]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/497>, abgerufen am 21.11.2024.
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