Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

und meinem Hang einen Zügel anlegen sollen, um
dereinst etwas mir durchaus Verhaßtes, eine Pfaffen-
stelle, davon zu tragen n). Ich schlug also alle Er-
innerungen meiner Freunde und die redlichen Ermah-
nungen meines braven Vaters in den Wind und that,
was mir gefiel. Täglich beinahe lag ich bei einem
reformirten Prediger, dessen Tochter mir behagte.
Ich war nichts weniger als verliebt; allein ich mußte
so was zum Tändeln haben, und dazu war die Pfar-
rerstochter gut. Sie war nämlich, wie jedes Pfälzer-
mädchen von der leichtern Art, im höchsten Grade
kokett und nahm manches nur obenhin. Ausserdem
lief ich fleißig in der Gegend herum und besuchte mei-
ne Mainzer Freunde nicht weniger.

Ein gutes Stück habe ich indeß doch auf dem
Saulgau -- so heist jene Gegend -- damals gestif-
tet, und ich wünsche, daß meine Stiftung noch be-
stehen möge. Ich hatte nämlich viele Bekanntschaft

n) Mancher hochweise Herr, mit einem goldnen oder ro-
sigten Kreuze, mag hieraus lernen, daß das beste
Mittel, ehrliche, kluge Köpfe von der Pfafferei zurück
zu scheuchen, darin bestehe, daß man ihnen die Pfaf-
fenlehren nur erst verhaßt mache -- durch Edikte
nach diesem oder jenem Zuschnitt und Namen. Heuch-
ler werden schon das Uebrige vollends zernichten. Und
Dumköpfe --? Je nun, sie müssen auch placirt wer-
den -- und finden immer ihres Gleichen - in der Tie-
fe wie in der Höhe. -

und meinem Hang einen Zuͤgel anlegen ſollen, um
dereinſt etwas mir durchaus Verhaßtes, eine Pfaffen-
ſtelle, davon zu tragen n). Ich ſchlug alſo alle Er-
innerungen meiner Freunde und die redlichen Ermah-
nungen meines braven Vaters in den Wind und that,
was mir gefiel. Taͤglich beinahe lag ich bei einem
reformirten Prediger, deſſen Tochter mir behagte.
Ich war nichts weniger als verliebt; allein ich mußte
ſo was zum Taͤndeln haben, und dazu war die Pfar-
rerstochter gut. Sie war naͤmlich, wie jedes Pfaͤlzer-
maͤdchen von der leichtern Art, im hoͤchſten Grade
kokett und nahm manches nur obenhin. Auſſerdem
lief ich fleißig in der Gegend herum und beſuchte mei-
ne Mainzer Freunde nicht weniger.

Ein gutes Stuͤck habe ich indeß doch auf dem
Saulgau — ſo heiſt jene Gegend — damals geſtif-
tet, und ich wuͤnſche, daß meine Stiftung noch be-
ſtehen moͤge. Ich hatte naͤmlich viele Bekanntſchaft

n) Mancher hochweiſe Herr, mit einem goldnen oder ro-
ſigten Kreuze, mag hieraus lernen, daß das beſte
Mittel, ehrliche, kluge Koͤpfe von der Pfafferei zuruͤck
zu ſcheuchen, darin beſtehe, daß man ihnen die Pfaf-
fenlehren nur erſt verhaßt mache — durch Edikte
nach dieſem oder jenem Zuſchnitt und Namen. Heuch-
ler werden ſchon das Uebrige vollends zernichten. Und
Dumkoͤpfe —? Je nun, ſie muͤſſen auch placirt wer-
den — und finden immer ihres Gleichen – in der Tie-
fe wie in der Hoͤhe. –
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0072" n="70"/>
und meinem Hang einen Zu&#x0364;gel anlegen &#x017F;ollen, um<lb/>
derein&#x017F;t etwas mir durchaus Verhaßtes, eine Pfaffen-<lb/>
&#x017F;telle, davon zu tragen <note place="foot" n="n)">Mancher hochwei&#x017F;e Herr, mit einem goldnen oder ro-<lb/>
&#x017F;igten Kreuze, mag hieraus lernen, daß das be&#x017F;te<lb/>
Mittel, ehrliche, kluge Ko&#x0364;pfe von der Pfafferei zuru&#x0364;ck<lb/>
zu &#x017F;cheuchen, darin be&#x017F;tehe, daß man ihnen die <hi rendition="#g">Pfaf</hi>-<lb/><hi rendition="#g">fenlehren</hi> nur er&#x017F;t verhaßt mache &#x2014; durch Edikte<lb/>
nach die&#x017F;em oder jenem Zu&#x017F;chnitt und Namen. Heuch-<lb/>
ler werden &#x017F;chon das Uebrige vollends zernichten. Und<lb/>
Dumko&#x0364;pfe &#x2014;? Je nun, &#x017F;ie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en auch placirt wer-<lb/>
den &#x2014; und finden immer ihres Gleichen &#x2013; in der Tie-<lb/>
fe wie in der Ho&#x0364;he. &#x2013;</note>. Ich &#x017F;chlug al&#x017F;o alle Er-<lb/>
innerungen meiner Freunde und die redlichen Ermah-<lb/>
nungen meines braven Vaters in den Wind und that,<lb/>
was mir gefiel. Ta&#x0364;glich beinahe lag ich bei einem<lb/>
reformirten Prediger, de&#x017F;&#x017F;en Tochter mir behagte.<lb/>
Ich war nichts weniger als verliebt; allein ich mußte<lb/>
&#x017F;o was zum Ta&#x0364;ndeln haben, und dazu war die Pfar-<lb/>
rerstochter gut. Sie war na&#x0364;mlich, wie jedes Pfa&#x0364;lzer-<lb/>
ma&#x0364;dchen von der leichtern Art, im ho&#x0364;ch&#x017F;ten Grade<lb/>
kokett und nahm manches nur obenhin. Au&#x017F;&#x017F;erdem<lb/>
lief ich fleißig in der Gegend herum und be&#x017F;uchte mei-<lb/>
ne Mainzer Freunde nicht weniger.</p><lb/>
        <p>Ein gutes Stu&#x0364;ck habe ich indeß doch auf dem<lb/>
Saulgau &#x2014; &#x017F;o hei&#x017F;t jene Gegend &#x2014; damals ge&#x017F;tif-<lb/>
tet, und ich wu&#x0364;n&#x017F;che, daß meine Stiftung noch be-<lb/>
&#x017F;tehen mo&#x0364;ge. Ich hatte na&#x0364;mlich viele Bekannt&#x017F;chaft<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0072] und meinem Hang einen Zuͤgel anlegen ſollen, um dereinſt etwas mir durchaus Verhaßtes, eine Pfaffen- ſtelle, davon zu tragen n). Ich ſchlug alſo alle Er- innerungen meiner Freunde und die redlichen Ermah- nungen meines braven Vaters in den Wind und that, was mir gefiel. Taͤglich beinahe lag ich bei einem reformirten Prediger, deſſen Tochter mir behagte. Ich war nichts weniger als verliebt; allein ich mußte ſo was zum Taͤndeln haben, und dazu war die Pfar- rerstochter gut. Sie war naͤmlich, wie jedes Pfaͤlzer- maͤdchen von der leichtern Art, im hoͤchſten Grade kokett und nahm manches nur obenhin. Auſſerdem lief ich fleißig in der Gegend herum und beſuchte mei- ne Mainzer Freunde nicht weniger. Ein gutes Stuͤck habe ich indeß doch auf dem Saulgau — ſo heiſt jene Gegend — damals geſtif- tet, und ich wuͤnſche, daß meine Stiftung noch be- ſtehen moͤge. Ich hatte naͤmlich viele Bekanntſchaft n) Mancher hochweiſe Herr, mit einem goldnen oder ro- ſigten Kreuze, mag hieraus lernen, daß das beſte Mittel, ehrliche, kluge Koͤpfe von der Pfafferei zuruͤck zu ſcheuchen, darin beſtehe, daß man ihnen die Pfaf- fenlehren nur erſt verhaßt mache — durch Edikte nach dieſem oder jenem Zuſchnitt und Namen. Heuch- ler werden ſchon das Uebrige vollends zernichten. Und Dumkoͤpfe —? Je nun, ſie muͤſſen auch placirt wer- den — und finden immer ihres Gleichen – in der Tie- fe wie in der Hoͤhe. –

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/72
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/72>, abgerufen am 03.09.2024.