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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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Den berühmten Eichhorn konnte ich nicht
sprechen: er war verreiset.

Der Comment der Bursche war nicht mehr so
rüde und wüste als 1776; doch hatte er noch sehr
viel Burschikoses: besonders zeichneten sich die Mo-
sellaner durch ihre Trinkgelage, Balgereien und
andere Unarten, aus. Die Orden waren noch in
großem Flor, besonders der der Schwarzen, derer
Senior sich bei mir berühmte, sich mehr als 50 mal
geschlagen zu haben. Den ältern und jüngern
Hochhausen lernte ich jezt auch kennen. Sie
waren geborne Jenenser, und verstanden den Com-
ment so gut, daß beide mehrmals relegirt wurden.
Der älteste ging als Fechtmeister noch in selbigem
Jahr nach Rußland. Der jüngere aber, nachdem
er zwei Jahre in Weimar gefänglich gesessen, sodann
mit einer Müllersfrau davon gelaufen war, und in Ber-
lin den Winter über 1789/90 den Fechtmeister und Re-
nommisten gemacht hatte, ist vor einiger Zeit Stern-
wirth [in] Jena geworden. So spielt das Schicksal
mit den unbandigen Söhnen der Musen!

Auf der Breuhanschenke bei Halle, gerieth ich
in Bekanntschaft mit einem erzliederlichen hallischen
Halloren, Knautpahl. Er rühmte sich, alle
Professoren in Halle zu kennen, und both sich an,
mich bei jedem einzuführen, wo ich nur wollte. Auf

Den beruͤhmten Eichhorn konnte ich nicht
ſprechen: er war verreiſet.

Der Comment der Burſche war nicht mehr ſo
ruͤde und wuͤſte als 1776; doch hatte er noch ſehr
viel Burſchikoſes: beſonders zeichneten ſich die Mo-
ſellaner durch ihre Trinkgelage, Balgereien und
andere Unarten, aus. Die Orden waren noch in
großem Flor, beſonders der der Schwarzen, derer
Senior ſich bei mir beruͤhmte, ſich mehr als 50 mal
geſchlagen zu haben. Den aͤltern und juͤngern
Hochhauſen lernte ich jezt auch kennen. Sie
waren geborne Jenenſer, und verſtanden den Com-
ment ſo gut, daß beide mehrmals relegirt wurden.
Der aͤlteſte ging als Fechtmeiſter noch in ſelbigem
Jahr nach Rußland. Der juͤngere aber, nachdem
er zwei Jahre in Weimar gefaͤnglich geſeſſen, ſodann
mit einer Muͤllersfrau davon gelaufen war, und in Ber-
lin den Winter uͤber 1789/90 den Fechtmeiſter und Re-
nommiſten gemacht hatte, iſt vor einiger Zeit Stern-
wirth [in] Jena geworden. So ſpielt das Schickſal
mit den unbandigen Soͤhnen der Muſen!

Auf der Breuhanſchenke bei Halle, gerieth ich
in Bekanntſchaft mit einem erzliederlichen halliſchen
Halloren, Knautpahl. Er ruͤhmte ſich, alle
Profeſſoren in Halle zu kennen, und both ſich an,
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[86/0088] Den beruͤhmten Eichhorn konnte ich nicht ſprechen: er war verreiſet. Der Comment der Burſche war nicht mehr ſo ruͤde und wuͤſte als 1776; doch hatte er noch ſehr viel Burſchikoſes: beſonders zeichneten ſich die Mo- ſellaner durch ihre Trinkgelage, Balgereien und andere Unarten, aus. Die Orden waren noch in großem Flor, beſonders der der Schwarzen, derer Senior ſich bei mir beruͤhmte, ſich mehr als 50 mal geſchlagen zu haben. Den aͤltern und juͤngern Hochhauſen lernte ich jezt auch kennen. Sie waren geborne Jenenſer, und verſtanden den Com- ment ſo gut, daß beide mehrmals relegirt wurden. Der aͤlteſte ging als Fechtmeiſter noch in ſelbigem Jahr nach Rußland. Der juͤngere aber, nachdem er zwei Jahre in Weimar gefaͤnglich geſeſſen, ſodann mit einer Muͤllersfrau davon gelaufen war, und in Ber- lin den Winter uͤber 1789/90 den Fechtmeiſter und Re- nommiſten gemacht hatte, iſt vor einiger Zeit Stern- wirth in Jena geworden. So ſpielt das Schickſal mit den unbandigen Soͤhnen der Muſen! Auf der Breuhanſchenke bei Halle, gerieth ich in Bekanntſchaft mit einem erzliederlichen halliſchen Halloren, Knautpahl. Er ruͤhmte ſich, alle Profeſſoren in Halle zu kennen, und both ſich an, mich bei jedem einzufuͤhren, wo ich nur wollte. Auf

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/88>, abgerufen am 21.11.2024.