Ein Preußischer Profos ist aber eine gar traurige Personnage. Der Kaiserliche Profos ist ein ange- sehener Mann, welchen die Soldaten und Offiziere ihren Herr-Vater heißen. Ich habe einige von diesen kennen lernen, und besonders an dem Hn. Vater des Regiments Terzi, welches im Winter 1795 in Freyburg stand, einen sehr artigen feinen Mann gefunden, der etwas studirt, und den Kopf auf dem rechten Fleck sitzen hatte. So ein Profos hat auch gutes Traktament, und artige Kleidung. Hingegen ein Preußischer -- ist gewöhnlich ein alter Invalide, der schlechten Sold erhält, und eine aus- gezeichnete Uniform trägt, grau mit grüner Gar- nitur; auch keinen Steckenjungen hat, der die Ge- fangnen schließe, oder die Stecken und Ruthen schneide u. dgl. das muß der preußische Profos alles selbst thun. Daher ist er auch bey jedem Sol- daten verachtet und verspottet; keiner trinkt mit ihm, und er darf sich nicht unterstehen, in ein Wirths- haus, oder in eine Marketenderhütte zu kommen, wo Soldaten sind: sogar die Packknechte wollen den Profos nicht um sich leiden. So warf einst unser Packknecht Rohkohl unsern Profos bey Landau aus der Bierbude, mit dem Zusatz: der Kerl will sich unter honette Leute mischen! -- Wenn man endlich weiß, daß auch die Packknechte von den Soldaten verachtet, und bey jeder Gelegenheit mis-
Ein Preußiſcher Profos iſt aber eine gar traurige Perſonnage. Der Kaiſerliche Profos iſt ein ange- ſehener Mann, welchen die Soldaten und Offiziere ihren Herr-Vater heißen. Ich habe einige von dieſen kennen lernen, und beſonders an dem Hn. Vater des Regiments Terzi, welches im Winter 1795 in Freyburg ſtand, einen ſehr artigen feinen Mann gefunden, der etwas ſtudirt, und den Kopf auf dem rechten Fleck ſitzen hatte. So ein Profos hat auch gutes Traktament, und artige Kleidung. Hingegen ein Preußiſcher — iſt gewoͤhnlich ein alter Invalide, der ſchlechten Sold erhaͤlt, und eine aus- gezeichnete Uniform traͤgt, grau mit gruͤner Gar- nitur; auch keinen Steckenjungen hat, der die Ge- fangnen ſchließe, oder die Stecken und Ruthen ſchneide u. dgl. das muß der preußiſche Profos alles ſelbſt thun. Daher iſt er auch bey jedem Sol- daten verachtet und verſpottet; keiner trinkt mit ihm, und er darf ſich nicht unterſtehen, in ein Wirths- haus, oder in eine Marketenderhuͤtte zu kommen, wo Soldaten ſind: ſogar die Packknechte wollen den Profos nicht um ſich leiden. So warf einſt unſer Packknecht Rohkohl unſern Profos bey Landau aus der Bierbude, mit dem Zuſatz: der Kerl will ſich unter honette Leute miſchen! — Wenn man endlich weiß, daß auch die Packknechte von den Soldaten verachtet, und bey jeder Gelegenheit mis-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0127"n="115"/><p>Ein Preußiſcher Profos iſt aber eine gar traurige<lb/>
Perſonnage. Der Kaiſerliche Profos iſt ein ange-<lb/>ſehener Mann, welchen die Soldaten und Offiziere<lb/>
ihren Herr-Vater heißen. Ich habe einige von<lb/>
dieſen kennen lernen, und beſonders an dem Hn.<lb/>
Vater des Regiments <hirendition="#g">Terzi</hi>, welches im Winter<lb/>
1795 in Freyburg ſtand, einen ſehr artigen feinen<lb/>
Mann gefunden, der etwas ſtudirt, und den Kopf<lb/>
auf dem rechten Fleck ſitzen hatte. So ein Profos<lb/>
hat auch gutes Traktament, und artige Kleidung.<lb/>
Hingegen ein Preußiſcher — iſt gewoͤhnlich ein alter<lb/>
Invalide, der ſchlechten Sold erhaͤlt, und eine aus-<lb/>
gezeichnete Uniform traͤgt, grau mit gruͤner Gar-<lb/>
nitur; auch keinen Steckenjungen hat, der die Ge-<lb/>
fangnen ſchließe, oder die Stecken und Ruthen<lb/>ſchneide u. dgl. das muß der preußiſche Profos<lb/>
alles ſelbſt thun. Daher iſt er auch bey jedem Sol-<lb/>
daten verachtet und verſpottet; keiner trinkt mit ihm,<lb/>
und er darf ſich nicht unterſtehen, in ein Wirths-<lb/>
haus, oder in eine Marketenderhuͤtte zu kommen,<lb/>
wo Soldaten ſind: ſogar die Packknechte wollen<lb/>
den Profos nicht um ſich leiden. So warf einſt<lb/>
unſer Packknecht Rohkohl unſern Profos bey Landau<lb/>
aus der Bierbude, mit dem Zuſatz: der Kerl will<lb/>ſich unter honette Leute miſchen! — Wenn man<lb/>
endlich weiß, daß auch die Packknechte von den<lb/>
Soldaten verachtet, und bey jeder Gelegenheit mis-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[115/0127]
Ein Preußiſcher Profos iſt aber eine gar traurige
Perſonnage. Der Kaiſerliche Profos iſt ein ange-
ſehener Mann, welchen die Soldaten und Offiziere
ihren Herr-Vater heißen. Ich habe einige von
dieſen kennen lernen, und beſonders an dem Hn.
Vater des Regiments Terzi, welches im Winter
1795 in Freyburg ſtand, einen ſehr artigen feinen
Mann gefunden, der etwas ſtudirt, und den Kopf
auf dem rechten Fleck ſitzen hatte. So ein Profos
hat auch gutes Traktament, und artige Kleidung.
Hingegen ein Preußiſcher — iſt gewoͤhnlich ein alter
Invalide, der ſchlechten Sold erhaͤlt, und eine aus-
gezeichnete Uniform traͤgt, grau mit gruͤner Gar-
nitur; auch keinen Steckenjungen hat, der die Ge-
fangnen ſchließe, oder die Stecken und Ruthen
ſchneide u. dgl. das muß der preußiſche Profos
alles ſelbſt thun. Daher iſt er auch bey jedem Sol-
daten verachtet und verſpottet; keiner trinkt mit ihm,
und er darf ſich nicht unterſtehen, in ein Wirths-
haus, oder in eine Marketenderhuͤtte zu kommen,
wo Soldaten ſind: ſogar die Packknechte wollen
den Profos nicht um ſich leiden. So warf einſt
unſer Packknecht Rohkohl unſern Profos bey Landau
aus der Bierbude, mit dem Zuſatz: der Kerl will
ſich unter honette Leute miſchen! — Wenn man
endlich weiß, daß auch die Packknechte von den
Soldaten verachtet, und bey jeder Gelegenheit mis-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/127>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.