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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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Mein Hauptmann schickte mich einigemal nach
Longwy, um allerhand für ihn einzukaufen. Ich
benuzte diese Gelegenheit, mich auch hier nach der
neuen Lage der Dinge in Frankreich zu erkundigen,
und hörte, sobald die Leute vertraut wurden, mehr,
als ich erwartete. -- Das Hans des gewesenen
Kommandanten von Longwy und das Gemeinhaus
(Maison Commune) wurden zu Lazarethen einge-
richtet, sahen aber schon bald nachher aus, wie
die Mördergruben.

Ich weis nicht, wer anders, als das alte bar-
barische Vorurtheil, seinem Feinde alles mögliche
Böse zuzufügen, und die übertriebene Furcht, die-
ses vom Feinde bewerkstelligt zu sehen, das Gerücht
von Vergiften, auch während dieses Krieges, ver-
breitet haben mag. Mehr als einmal habe ich es
bey uns äußern hören, und sah sehr viele sich ängst-
lich danach richten. Daß es bey dem Eindringen
der Franzosen in unsere Gegenden vielleicht von
ihren kurzsichtigen deutschen Anhängern auch bey
ihnen in Gang gebracht sey, läßt sich denken; und
man hörte es, als sie in die Pfalz eindrangen.
Bey uns wenigstens war es hier gang und gäbe,
und viele unserer Leute waren sehr auf ihrer Hut,
wenn ihnen ein Franzose etwas Gekochtes anbot:
denn vor den ungekochten französischen Kühen, Scha-
fen, Schweinen, Gänsen, Hünern und Feldfrüch-

Mein Hauptmann ſchickte mich einigemal nach
Longwy, um allerhand fuͤr ihn einzukaufen. Ich
benuzte dieſe Gelegenheit, mich auch hier nach der
neuen Lage der Dinge in Frankreich zu erkundigen,
und hoͤrte, ſobald die Leute vertraut wurden, mehr,
als ich erwartete. — Das Hans des geweſenen
Kommandanten von Longwy und das Gemeinhaus
(Maiſon Commune) wurden zu Lazarethen einge-
richtet, ſahen aber ſchon bald nachher aus, wie
die Moͤrdergruben.

Ich weis nicht, wer anders, als das alte bar-
bariſche Vorurtheil, ſeinem Feinde alles moͤgliche
Boͤſe zuzufuͤgen, und die uͤbertriebene Furcht, die-
ſes vom Feinde bewerkſtelligt zu ſehen, das Geruͤcht
von Vergiften, auch waͤhrend dieſes Krieges, ver-
breitet haben mag. Mehr als einmal habe ich es
bey uns aͤußern hoͤren, und ſah ſehr viele ſich aͤngſt-
lich danach richten. Daß es bey dem Eindringen
der Franzoſen in unſere Gegenden vielleicht von
ihren kurzſichtigen deutſchen Anhaͤngern auch bey
ihnen in Gang gebracht ſey, laͤßt ſich denken; und
man hoͤrte es, als ſie in die Pfalz eindrangen.
Bey uns wenigſtens war es hier gang und gaͤbe,
und viele unſerer Leute waren ſehr auf ihrer Hut,
wenn ihnen ein Franzoſe etwas Gekochtes anbot:
denn vor den ungekochten franzoͤſiſchen Kuͤhen, Scha-
fen, Schweinen, Gaͤnſen, Huͤnern und Feldfruͤch-

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[126/0138] Mein Hauptmann ſchickte mich einigemal nach Longwy, um allerhand fuͤr ihn einzukaufen. Ich benuzte dieſe Gelegenheit, mich auch hier nach der neuen Lage der Dinge in Frankreich zu erkundigen, und hoͤrte, ſobald die Leute vertraut wurden, mehr, als ich erwartete. — Das Hans des geweſenen Kommandanten von Longwy und das Gemeinhaus (Maiſon Commune) wurden zu Lazarethen einge- richtet, ſahen aber ſchon bald nachher aus, wie die Moͤrdergruben. Ich weis nicht, wer anders, als das alte bar- bariſche Vorurtheil, ſeinem Feinde alles moͤgliche Boͤſe zuzufuͤgen, und die uͤbertriebene Furcht, die- ſes vom Feinde bewerkſtelligt zu ſehen, das Geruͤcht von Vergiften, auch waͤhrend dieſes Krieges, ver- breitet haben mag. Mehr als einmal habe ich es bey uns aͤußern hoͤren, und ſah ſehr viele ſich aͤngſt- lich danach richten. Daß es bey dem Eindringen der Franzoſen in unſere Gegenden vielleicht von ihren kurzſichtigen deutſchen Anhaͤngern auch bey ihnen in Gang gebracht ſey, laͤßt ſich denken; und man hoͤrte es, als ſie in die Pfalz eindrangen. Bey uns wenigſtens war es hier gang und gaͤbe, und viele unſerer Leute waren ſehr auf ihrer Hut, wenn ihnen ein Franzoſe etwas Gekochtes anbot: denn vor den ungekochten franzoͤſiſchen Kuͤhen, Scha- fen, Schweinen, Gaͤnſen, Huͤnern und Feldfruͤch-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/138>, abgerufen am 16.05.2024.