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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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thätig bewiesen hatten. Wer den Werth der Freund-
schaft nur leise fühlt, und von einem wahren Freunde
je geschieden ist, der kann sich vorstellen, mit wel-
chen bittern Empfindungen ich Halle verlassen habe.

Ich hatte mich mit allem Nöthigen, in sofern
ein Tornister es fassen kann, hinlänglich versehen;
und durch die Bemühungen des Herrn Bispink,
dessen große Verdienste um mein moralisches und
ökonomisches Wesen schon zum Theil aus dem zwey-
ten Bande dieses Werkchens bekannt sind, war
meine Börse in gutem Stande.

Den lezten Abend -- es war den 13ten Jun.
1792 -- brachte ich in Gesellschaft einiger andern
Bekannten noch recht vergnügt bey Hn. Bispink
zu: über die Kirschsuppe, die mir damals, als mein
Leibessen, Madame Bispink vorsezte, haben her-
nach unsere Königliche Prinzen, denen ich davon er-
zählte, mehrmals mit mir gespaßt.

Morgens den 14ten Junius zog unser Regi-
ment von Halle aus. Es schwebten allerley Em-
pfindungen auf den Gesichtern der Soldaten: die
wenigsten zogen freudig davon, doch ließen nur we-
nige Thränen erblicken; und die, welche ja nasse Au-
gen sehen ließen, wurden von ihren Nachbarn be-
straft, die es für unanständig halten wollten, daß
der Soldat -- weine. Viele, gar viele Soldaten ha-
ben aber Weiber: denn bey den Preußen ist es nicht,

thaͤtig bewieſen hatten. Wer den Werth der Freund-
ſchaft nur leiſe fuͤhlt, und von einem wahren Freunde
je geſchieden iſt, der kann ſich vorſtellen, mit wel-
chen bittern Empfindungen ich Halle verlaſſen habe.

Ich hatte mich mit allem Noͤthigen, in ſofern
ein Torniſter es faſſen kann, hinlaͤnglich verſehen;
und durch die Bemuͤhungen des Herrn Bispink,
deſſen große Verdienſte um mein moraliſches und
oͤkonomiſches Weſen ſchon zum Theil aus dem zwey-
ten Bande dieſes Werkchens bekannt ſind, war
meine Boͤrſe in gutem Stande.

Den lezten Abend — es war den 13ten Jun.
1792 — brachte ich in Geſellſchaft einiger andern
Bekannten noch recht vergnuͤgt bey Hn. Bispink
zu: uͤber die Kirſchſuppe, die mir damals, als mein
Leibeſſen, Madame Bispink vorſezte, haben her-
nach unſere Koͤnigliche Prinzen, denen ich davon er-
zaͤhlte, mehrmals mit mir geſpaßt.

Morgens den 14ten Junius zog unſer Regi-
ment von Halle aus. Es ſchwebten allerley Em-
pfindungen auf den Geſichtern der Soldaten: die
wenigſten zogen freudig davon, doch ließen nur we-
nige Thraͤnen erblicken; und die, welche ja naſſe Au-
gen ſehen ließen, wurden von ihren Nachbarn be-
ſtraft, die es fuͤr unanſtaͤndig halten wollten, daß
der Soldat — weine. Viele, gar viele Soldaten ha-
ben aber Weiber: denn bey den Preußen iſt es nicht,

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[4/0016] thaͤtig bewieſen hatten. Wer den Werth der Freund- ſchaft nur leiſe fuͤhlt, und von einem wahren Freunde je geſchieden iſt, der kann ſich vorſtellen, mit wel- chen bittern Empfindungen ich Halle verlaſſen habe. Ich hatte mich mit allem Noͤthigen, in ſofern ein Torniſter es faſſen kann, hinlaͤnglich verſehen; und durch die Bemuͤhungen des Herrn Bispink, deſſen große Verdienſte um mein moraliſches und oͤkonomiſches Weſen ſchon zum Theil aus dem zwey- ten Bande dieſes Werkchens bekannt ſind, war meine Boͤrſe in gutem Stande. Den lezten Abend — es war den 13ten Jun. 1792 — brachte ich in Geſellſchaft einiger andern Bekannten noch recht vergnuͤgt bey Hn. Bispink zu: uͤber die Kirſchſuppe, die mir damals, als mein Leibeſſen, Madame Bispink vorſezte, haben her- nach unſere Koͤnigliche Prinzen, denen ich davon er- zaͤhlte, mehrmals mit mir geſpaßt. Morgens den 14ten Junius zog unſer Regi- ment von Halle aus. Es ſchwebten allerley Em- pfindungen auf den Geſichtern der Soldaten: die wenigſten zogen freudig davon, doch ließen nur we- nige Thraͤnen erblicken; und die, welche ja naſſe Au- gen ſehen ließen, wurden von ihren Nachbarn be- ſtraft, die es fuͤr unanſtaͤndig halten wollten, daß der Soldat — weine. Viele, gar viele Soldaten ha- ben aber Weiber: denn bey den Preußen iſt es nicht,

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/16>, abgerufen am 29.04.2024.