Soldaten die gute Idee, welche sie seit der Kano- nade von den Franzosen schon hatten. Von nun an hörte man auch fast allgemein auf, sie Spiz- buben, Racker, dumme Jungen u. dgl. zu schelten.
Man hatte auch von allen Orten her so viel Vieh zusammen getrieben, als man nur konnte, und da er- hielt denn freylich der Soldat auch Fleisch, aber mageres elendes statt des Brods: und Brod muß der Soldat haben, wenn er nicht hungern, oder an Nebenspeisen nicht erkranken soll.
Als am 27ten endlich das Brod ankam -- der 25te und 26te war ausgefallen -- so befahl der König, daß die Kompagnien dereinst, aber doch bald, die ausgefallnen Brodtage den Soldaten bezahlen sollten, oder vielmehr, er versprach, sie selbst zu bezahlen. Aber diese Zahlung blieb aus! Ohne Zweifel hat der gutmüthige Monarch, der das Elend seiner Soldaten, welche über 59 Stunden ohne alle Speise seyn mußten, wohl selbst fühlte, diesen armen Leuten einen kleinen Ersatz an Gelde für diesen Hunger bestimmt: Aber wo das Geld blieb -- ist eine andre Frage. Ohne Mühe sieht man ein, daß ein solcher Betrug leicht zu begehen war: aber eben so leicht sieht man ein, daß ein Betrug von der Art unter allen Schurkereien die allerschändlichste, obgleich nicht die ungewöhn- lichste ist.
Soldaten die gute Idee, welche ſie ſeit der Kano- nade von den Franzoſen ſchon hatten. Von nun an hoͤrte man auch faſt allgemein auf, ſie Spiz- buben, Racker, dumme Jungen u. dgl. zu ſchelten.
Man hatte auch von allen Orten her ſo viel Vieh zuſammen getrieben, als man nur konnte, und da er- hielt denn freylich der Soldat auch Fleiſch, aber mageres elendes ſtatt des Brods: und Brod muß der Soldat haben, wenn er nicht hungern, oder an Nebenſpeiſen nicht erkranken ſoll.
Als am 27ten endlich das Brod ankam — der 25te und 26te war ausgefallen — ſo befahl der Koͤnig, daß die Kompagnien dereinſt, aber doch bald, die ausgefallnen Brodtage den Soldaten bezahlen ſollten, oder vielmehr, er verſprach, ſie ſelbſt zu bezahlen. Aber dieſe Zahlung blieb aus! Ohne Zweifel hat der gutmuͤthige Monarch, der das Elend ſeiner Soldaten, welche uͤber 59 Stunden ohne alle Speiſe ſeyn mußten, wohl ſelbſt fuͤhlte, dieſen armen Leuten einen kleinen Erſatz an Gelde fuͤr dieſen Hunger beſtimmt: Aber wo das Geld blieb — iſt eine andre Frage. Ohne Muͤhe ſieht man ein, daß ein ſolcher Betrug leicht zu begehen war: aber eben ſo leicht ſieht man ein, daß ein Betrug von der Art unter allen Schurkereien die allerſchaͤndlichſte, obgleich nicht die ungewoͤhn- lichſte iſt.
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Soldaten die gute Idee, welche ſie ſeit der Kano-
nade von den Franzoſen ſchon hatten. Von nun
an hoͤrte man auch faſt allgemein auf, ſie Spiz-
buben, Racker, dumme Jungen u. dgl. zu ſchelten.
Man hatte auch von allen Orten her ſo viel Vieh
zuſammen getrieben, als man nur konnte, und da er-
hielt denn freylich der Soldat auch Fleiſch, aber
mageres elendes ſtatt des Brods: und Brod muß
der Soldat haben, wenn er nicht hungern, oder an
Nebenſpeiſen nicht erkranken ſoll.
Als am 27ten endlich das Brod ankam — der
25te und 26te war ausgefallen — ſo befahl der
Koͤnig, daß die Kompagnien dereinſt, aber doch
bald, die ausgefallnen Brodtage den Soldaten
bezahlen ſollten, oder vielmehr, er verſprach, ſie
ſelbſt zu bezahlen. Aber dieſe Zahlung blieb aus!
Ohne Zweifel hat der gutmuͤthige Monarch, der
das Elend ſeiner Soldaten, welche uͤber 59 Stunden
ohne alle Speiſe ſeyn mußten, wohl ſelbſt fuͤhlte,
dieſen armen Leuten einen kleinen Erſatz an Gelde
fuͤr dieſen Hunger beſtimmt: Aber wo das Geld
blieb — iſt eine andre Frage. Ohne Muͤhe ſieht
man ein, daß ein ſolcher Betrug leicht zu begehen
war: aber eben ſo leicht ſieht man ein, daß ein
Betrug von der Art unter allen Schurkereien die
allerſchaͤndlichſte, obgleich nicht die ungewoͤhn-
lichſte iſt.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/188>, abgerufen am 24.11.2024.
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