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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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einzubilden schien, daß die Herren Prediger in
Sachsen gewaltig kommode Herren wären, welche
immer für sich von Kandidaten predigen ließen,
und selbst auf ihrem Loderstuhle ruhig sitzen blieben,
und ihre Einkünfte bey einem Glase Bier oder Wein,
und einer Pfeife Tobak verzehrten.

Ich finde dieses indeß recht gut; denn wären
die Herren nicht so kommode: so würde mancher Kan-
didat gar manchesmal schmale Bissen essen müssen,
so aber wird er stattlich traktirt: und einige gute
Mahlzeiten sind doch immer werth, daß man da-
für eine halbe Stunde -- salbadere.

Als wir den dritten Morgen früh das Quartier
verlassen wollten, hatte ich meine Uhr auf dem Stroh
liegen lassen. Meine Kameraden und ich suchten
danach, und einer derselben, Namens Schrader,
dem ich sonst manchen Gefallen erzeigt hatte, fand
sie, gab sie aber erst wieder heraus, als ich ver-
sprochen hatte, dem Finder ein gutes Biergeld zu
reichen. Das war allemal ein sehr schlechtes Stück-
chen von einem Kameraden!

In Weimar hatte ich mein Logis bey einem
Seiler, dessen Vetter, ein Pastor vom Lande, in
die Stadt gekommen war, den Preußen mit zu zu-
sehen. Er speisete mit uns zu Mittage, und da
er an mir, wie natürlich, nichts anders vermuthete,
als einen Soldaten von gemeinem Schlage: so fuhr

einzubilden ſchien, daß die Herren Prediger in
Sachſen gewaltig kommode Herren waͤren, welche
immer fuͤr ſich von Kandidaten predigen ließen,
und ſelbſt auf ihrem Loderſtuhle ruhig ſitzen blieben,
und ihre Einkuͤnfte bey einem Glaſe Bier oder Wein,
und einer Pfeife Tobak verzehrten.

Ich finde dieſes indeß recht gut; denn waͤren
die Herren nicht ſo kommode: ſo wuͤrde mancher Kan-
didat gar manchesmal ſchmale Biſſen eſſen muͤſſen,
ſo aber wird er ſtattlich traktirt: und einige gute
Mahlzeiten ſind doch immer werth, daß man da-
fuͤr eine halbe Stunde — ſalbadere.

Als wir den dritten Morgen fruͤh das Quartier
verlaſſen wollten, hatte ich meine Uhr auf dem Stroh
liegen laſſen. Meine Kameraden und ich ſuchten
danach, und einer derſelben, Namens Schrader,
dem ich ſonſt manchen Gefallen erzeigt hatte, fand
ſie, gab ſie aber erſt wieder heraus, als ich ver-
ſprochen hatte, dem Finder ein gutes Biergeld zu
reichen. Das war allemal ein ſehr ſchlechtes Stuͤck-
chen von einem Kameraden!

In Weimar hatte ich mein Logis bey einem
Seiler, deſſen Vetter, ein Paſtor vom Lande, in
die Stadt gekommen war, den Preußen mit zu zu-
ſehen. Er ſpeiſete mit uns zu Mittage, und da
er an mir, wie natuͤrlich, nichts anders vermuthete,
als einen Soldaten von gemeinem Schlage: ſo fuhr

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[7/0019] einzubilden ſchien, daß die Herren Prediger in Sachſen gewaltig kommode Herren waͤren, welche immer fuͤr ſich von Kandidaten predigen ließen, und ſelbſt auf ihrem Loderſtuhle ruhig ſitzen blieben, und ihre Einkuͤnfte bey einem Glaſe Bier oder Wein, und einer Pfeife Tobak verzehrten. Ich finde dieſes indeß recht gut; denn waͤren die Herren nicht ſo kommode: ſo wuͤrde mancher Kan- didat gar manchesmal ſchmale Biſſen eſſen muͤſſen, ſo aber wird er ſtattlich traktirt: und einige gute Mahlzeiten ſind doch immer werth, daß man da- fuͤr eine halbe Stunde — ſalbadere. Als wir den dritten Morgen fruͤh das Quartier verlaſſen wollten, hatte ich meine Uhr auf dem Stroh liegen laſſen. Meine Kameraden und ich ſuchten danach, und einer derſelben, Namens Schrader, dem ich ſonſt manchen Gefallen erzeigt hatte, fand ſie, gab ſie aber erſt wieder heraus, als ich ver- ſprochen hatte, dem Finder ein gutes Biergeld zu reichen. Das war allemal ein ſehr ſchlechtes Stuͤck- chen von einem Kameraden! In Weimar hatte ich mein Logis bey einem Seiler, deſſen Vetter, ein Paſtor vom Lande, in die Stadt gekommen war, den Preußen mit zu zu- ſehen. Er ſpeiſete mit uns zu Mittage, und da er an mir, wie natuͤrlich, nichts anders vermuthete, als einen Soldaten von gemeinem Schlage: ſo fuhr

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/19>, abgerufen am 29.04.2024.