Sollen wir freudig horchen und willig gehorchen, so mußt du Schmeicheln! Sprichst du zum Adel, zu Fürsten, zu Königen: allen Mußt du Geschichten erzählen, worin als wirklich er- scheinet, Was sie wünschen! *)
Freilich was sie wünschen! denn gerade dieses glau- ben sie am ersten, und sind dadurch am leichtesten zu berücken. Dieß lehrt die neuere Geschichte, leider, bis zu Thränen. Die Emigrirten, ganz in die empfohlne Hofkunst eingeweiht, stellten den großen Herren die Eroberung und Unterdrückung Frankreichs so leicht, und so bald thunlich vor, daß es ihnen gelang, den gutmüthigen König von Preu- ßen und den Kaiser in den schrecklichen Krieg zu verwickeln, der eben jenes Elend über Deutschland brachte, welches ehemals ein ähnlicher Krieg des Darius und Xerxes über Persien und über- haupt über ganz Asien gebracht hat. Man kann leicht darthun, daß die Eroberung von Persien durch Alexander den Großen eine Folge der Unternehmungen der alten Persischen Tyrannen ge- gen die Freyheit der Griechen war: und so wissen unsre Herren gar nicht, was sie wollen, wenn sie
*)HorenI. B. S. 3.
Sollen wir freudig horchen und willig gehorchen, ſo mußt du Schmeicheln! Sprichſt du zum Adel, zu Fuͤrſten, zu Koͤnigen: allen Mußt du Geſchichten erzaͤhlen, worin als wirklich er- ſcheinet, Was ſie wuͤnſchen! *)
Freilich was ſie wuͤnſchen! denn gerade dieſes glau- ben ſie am erſten, und ſind dadurch am leichteſten zu beruͤcken. Dieß lehrt die neuere Geſchichte, leider, bis zu Thraͤnen. Die Emigrirten, ganz in die empfohlne Hofkunſt eingeweiht, ſtellten den großen Herren die Eroberung und Unterdruͤckung Frankreichs ſo leicht, und ſo bald thunlich vor, daß es ihnen gelang, den gutmuͤthigen Koͤnig von Preu- ßen und den Kaiſer in den ſchrecklichen Krieg zu verwickeln, der eben jenes Elend uͤber Deutſchland brachte, welches ehemals ein aͤhnlicher Krieg des Darius und Xerxes uͤber Perſien und uͤber- haupt uͤber ganz Aſien gebracht hat. Man kann leicht darthun, daß die Eroberung von Perſien durch Alexander den Großen eine Folge der Unternehmungen der alten Perſiſchen Tyrannen ge- gen die Freyheit der Griechen war: und ſo wiſſen unſre Herren gar nicht, was ſie wollen, wenn ſie
*)HorenI. B. S. 3.
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Sollen wir freudig horchen und willig gehorchen, ſo
mußt du
Schmeicheln! Sprichſt du zum Adel, zu Fuͤrſten, zu
Koͤnigen: allen
Mußt du Geſchichten erzaͤhlen, worin als wirklich er-
ſcheinet,
Was ſie wuͤnſchen! *)
Freilich was ſie wuͤnſchen! denn gerade dieſes glau-
ben ſie am erſten, und ſind dadurch am leichteſten
zu beruͤcken. Dieß lehrt die neuere Geſchichte,
leider, bis zu Thraͤnen. Die Emigrirten, ganz
in die empfohlne Hofkunſt eingeweiht, ſtellten den
großen Herren die Eroberung und Unterdruͤckung
Frankreichs ſo leicht, und ſo bald thunlich vor, daß
es ihnen gelang, den gutmuͤthigen Koͤnig von Preu-
ßen und den Kaiſer in den ſchrecklichen Krieg zu
verwickeln, der eben jenes Elend uͤber Deutſchland
brachte, welches ehemals ein aͤhnlicher Krieg des
Darius und Xerxes uͤber Perſien und uͤber-
haupt uͤber ganz Aſien gebracht hat. Man kann
leicht darthun, daß die Eroberung von Perſien
durch Alexander den Großen eine Folge der
Unternehmungen der alten Perſiſchen Tyrannen ge-
gen die Freyheit der Griechen war: und ſo wiſſen
unſre Herren gar nicht, was ſie wollen, wenn ſie
*) Horen I. B. S. 3.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/230>, abgerufen am 16.02.2025.
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