und dessen Erben wohnten weit von Koblenz. Es war also unmöglich, da zu bleiben, zumal da auch weder Stroh noch Holz verhanden war. Ich lief also zum Hauptmann, und dieser wirkte uns, frey- lich mit Mühe (denn die Herren zu Koblenz auf der Billetstube waren gar ungeschliffene, massive Herren) einen Zettel aus, nach welchem wir in ein Benediktiner Nonnenkloster verlegt wurden.
Hier war es nun ganz erträglich; und nachdem ich mir durch mein bissel Latein die Gunst des Hn. Wolff, als des Oekonomen des Klosters, erworben hatte, reichte er mir vom ächten Moselwein mehr als ich verlangte, wenn er ihn gleich den Uebrigen sehr sparsam mittheilte. Pecu[ - 1 Zeichen fehlt] hauriat undam, sagte er; aber doctus vina: oder Vinum da Docto; Laico de flumine cocto -- ganz nach der Kirchen- Oekonomie der katholischen Geistlichkeit, bey wel- cher pecus und laicus dem doctus und clericus gegen- über steht. --
Hr. Wolff war Priester, aber nicht der Beicht- vater des Klosters, welcher, wie ich merkte, ein herrschsüchtiger, stolzer Pfaffe war. Von den Wissenschaften hielt Hr. Wolff wenig, und außer seinem Brevier und Meßbuch vergriff er sich an kei- nem weiter. Vanitas vanitatum praeter amare Deum et bonum haultum vini bibere -- war so sein Symbolum; und seine ganze Lebensart stimmte
und deſſen Erben wohnten weit von Koblenz. Es war alſo unmoͤglich, da zu bleiben, zumal da auch weder Stroh noch Holz verhanden war. Ich lief alſo zum Hauptmann, und dieſer wirkte uns, frey- lich mit Muͤhe (denn die Herren zu Koblenz auf der Billetſtube waren gar ungeſchliffene, maſſive Herren) einen Zettel aus, nach welchem wir in ein Benediktiner Nonnenkloſter verlegt wurden.
Hier war es nun ganz ertraͤglich; und nachdem ich mir durch mein biſſel Latein die Gunſt des Hn. Wolff, als des Oekonomen des Kloſters, erworben hatte, reichte er mir vom aͤchten Moſelwein mehr als ich verlangte, wenn er ihn gleich den Uebrigen ſehr ſparſam mittheilte. Pecu[ – 1 Zeichen fehlt] hauriat undam, ſagte er; aber doctus vina: oder Vinum da Docto; Laico de flumine cocto — ganz nach der Kirchen- Oekonomie der katholiſchen Geiſtlichkeit, bey wel- cher pecus und laicus dem doctus und clericus gegen- uͤber ſteht. —
Hr. Wolff war Prieſter, aber nicht der Beicht- vater des Kloſters, welcher, wie ich merkte, ein herrſchſuͤchtiger, ſtolzer Pfaffe war. Von den Wiſſenſchaften hielt Hr. Wolff wenig, und außer ſeinem Brevier und Meßbuch vergriff er ſich an kei- nem weiter. Vanitas vanitatum praeter amare Deum et bonum haultum vini bibere — war ſo ſein Symbolum; und ſeine ganze Lebensart ſtimmte
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[19/0031]
und deſſen Erben wohnten weit von Koblenz. Es
war alſo unmoͤglich, da zu bleiben, zumal da auch
weder Stroh noch Holz verhanden war. Ich lief
alſo zum Hauptmann, und dieſer wirkte uns, frey-
lich mit Muͤhe (denn die Herren zu Koblenz auf
der Billetſtube waren gar ungeſchliffene, maſſive
Herren) einen Zettel aus, nach welchem wir in ein
Benediktiner Nonnenkloſter verlegt wurden.
Hier war es nun ganz ertraͤglich; und nachdem
ich mir durch mein biſſel Latein die Gunſt des Hn.
Wolff, als des Oekonomen des Kloſters, erworben
hatte, reichte er mir vom aͤchten Moſelwein mehr
als ich verlangte, wenn er ihn gleich den Uebrigen
ſehr ſparſam mittheilte. Pecu_ hauriat undam,
ſagte er; aber doctus vina: oder Vinum da Docto;
Laico de flumine cocto — ganz nach der Kirchen-
Oekonomie der katholiſchen Geiſtlichkeit, bey wel-
cher pecus und laicus dem doctus und
clericus gegen-
uͤber ſteht. —
Hr. Wolff war Prieſter, aber nicht der Beicht-
vater des Kloſters, welcher, wie ich merkte, ein
herrſchſuͤchtiger, ſtolzer Pfaffe war. Von den
Wiſſenſchaften hielt Hr. Wolff wenig, und außer
ſeinem Brevier und Meßbuch vergriff er ſich an kei-
nem weiter. Vanitas vanitatum praeter amare
Deum et bonum haultum vini bibere — war ſo
ſein Symbolum; und ſeine ganze Lebensart ſtimmte
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/31>, abgerufen am 21.11.2024.
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