seyn, feyerlich geschworen hatte. Handelte er aber dawider, besoldete er nach der Civilliste, wie man ihn beschuldiget, die rebellischen Emigrirten, und war er mit den Feinden der Nation gegen die Na- tion sogar einverstanden: -- so war er der erste, der den National-Contract brach, der sich selbst sei- ner Vorzüge nach demselben, verlustig machte, der als der ärgste Meineidige und Hochverräther an der Nation dieser für seine gesetzwidrige Hand- lungen verantwortlich blieb; der also den Natio- nal-Repräsentanten es zur Pflicht machte, ihn vor ihr Gericht zu ziehen, die Nation vor ihm zu sichern, seine Handlungen zu untersuchen und seine Vergehungen, nach dem Nationalwillen, zu be- strafen.
Ich weiß zwar recht wohl, sezte ich hinzu, daß 1789 ein Gesetz in Frankreich gemacht ist, nach welchem der König unverletzbar seyn sollte: allein dieses Gesetz könnte allemal, wie jedes andere, ge- ändert und abgeschafft werden, sobald die Nation, als die eigentliche und rechtmäßige Gesetzgeberin, einsah, daß es dem öffentlichen oder allgemeinen Wohl zuwider war. Hieraus ergiebt sich nun von selbst, daß LudwigXVI. vor das Gericht des Nationalkonvents gehörte, und die einzige Frage wäre noch aufzulösen: ob er wirklich Staatsver- brechen begangen habe, welche den Tod verdienten,
ſeyn, feyerlich geſchworen hatte. Handelte er aber dawider, beſoldete er nach der Civilliſte, wie man ihn beſchuldiget, die rebelliſchen Emigrirten, und war er mit den Feinden der Nation gegen die Na- tion ſogar einverſtanden: — ſo war er der erſte, der den National-Contract brach, der ſich ſelbſt ſei- ner Vorzuͤge nach demſelben, verluſtig machte, der als der aͤrgſte Meineidige und Hochverraͤther an der Nation dieſer fuͤr ſeine geſetzwidrige Hand- lungen verantwortlich blieb; der alſo den Natio- nal-Repraͤſentanten es zur Pflicht machte, ihn vor ihr Gericht zu ziehen, die Nation vor ihm zu ſichern, ſeine Handlungen zu unterſuchen und ſeine Vergehungen, nach dem Nationalwillen, zu be- ſtrafen.
Ich weiß zwar recht wohl, ſezte ich hinzu, daß 1789 ein Geſetz in Frankreich gemacht iſt, nach welchem der Koͤnig unverletzbar ſeyn ſollte: allein dieſes Geſetz koͤnnte allemal, wie jedes andere, ge- aͤndert und abgeſchafft werden, ſobald die Nation, als die eigentliche und rechtmaͤßige Geſetzgeberin, einſah, daß es dem oͤffentlichen oder allgemeinen Wohl zuwider war. Hieraus ergiebt ſich nun von ſelbſt, daß LudwigXVI. vor das Gericht des Nationalkonvents gehoͤrte, und die einzige Frage waͤre noch aufzuloͤſen: ob er wirklich Staatsver- brechen begangen habe, welche den Tod verdienten,
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ſeyn, feyerlich geſchworen hatte. Handelte er aber
dawider, beſoldete er nach der Civilliſte, wie man
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war er mit den Feinden der Nation gegen die Na-
tion ſogar einverſtanden: — ſo war er der erſte,
der den National-Contract brach, der ſich ſelbſt ſei-
ner Vorzuͤge nach demſelben, verluſtig machte,
der als der aͤrgſte Meineidige und Hochverraͤther
an der Nation dieſer fuͤr ſeine geſetzwidrige Hand-
lungen verantwortlich blieb; der alſo den Natio-
nal-Repraͤſentanten es zur Pflicht machte, ihn vor
ihr Gericht zu ziehen, die Nation vor ihm zu
ſichern, ſeine Handlungen zu unterſuchen und ſeine
Vergehungen, nach dem Nationalwillen, zu be-
ſtrafen.
Ich weiß zwar recht wohl, ſezte ich hinzu, daß
1789 ein Geſetz in Frankreich gemacht iſt, nach
welchem der Koͤnig unverletzbar ſeyn ſollte: allein
dieſes Geſetz koͤnnte allemal, wie jedes andere, ge-
aͤndert und abgeſchafft werden, ſobald die Nation,
als die eigentliche und rechtmaͤßige Geſetzgeberin,
einſah, daß es dem oͤffentlichen oder allgemeinen
Wohl zuwider war. Hieraus ergiebt ſich nun von
ſelbſt, daß Ludwig XVI. vor das Gericht des
Nationalkonvents gehoͤrte, und die einzige Frage
waͤre noch aufzuloͤſen: ob er wirklich Staatsver-
brechen begangen habe, welche den Tod verdienten,
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/320>, abgerufen am 22.11.2024.
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