Volkes. Aber mit LudwigXVI, fuhr ich weiter fort, scheint mir das Ding ein ganz anderes Be- wandniß zu haben. Der Nationalkonvent oder die Nationalversammlung vertrat wirklich die ganze Nation, und hatte folglich das Recht, Gesetze zu machen, ohne jemand, selbst den König nicht ausgenommen, um Rath zu fragen. Dieses Ge- setz, daß das Volk, durch die Nationalversamm- lung repräsentirt, eine Aenderung in der Regie- rungsform machen könnte, hatte selbst der König angenommen und sanktionirt. Von nun an war also die Suveränität des Königs aufgehoben d. i. er wurde dem Gesetz, oder allen aus dem Rechte der Natur und der Menschheit hergeleiteten und herzuleitenden unmittelbaren Regeln des öffent- lichen Guvernements unterworfen.
LudwigXVI. war also damals, was eigent- lich jeder wahre König nur seyn sollte, gesetzlicher Verwalter der Nationalkraft nach dem National- willen, oder nach den Gesetzen, welche die Nation selbst entworfen und gutgeheißen hatte. Verwal- tete er nun sein Ober-Staatsamt nach dem allge- meinen Staatswillen, so that er seine Pflicht, und war des Gehorsams, der Ehre und seiner Besol- dung bey der französischen Nation sicher und werth: denn [ - 3 Zeichen fehlen] erfüllte er den National-Contrakt und war das, was er nach demselben der Nation zu
Volkes. Aber mit LudwigXVI, fuhr ich weiter fort, ſcheint mir das Ding ein ganz anderes Be- wandniß zu haben. Der Nationalkonvent oder die Nationalverſammlung vertrat wirklich die ganze Nation, und hatte folglich das Recht, Geſetze zu machen, ohne jemand, ſelbſt den Koͤnig nicht ausgenommen, um Rath zu fragen. Dieſes Ge- ſetz, daß das Volk, durch die Nationalverſamm- lung repraͤſentirt, eine Aenderung in der Regie- rungsform machen koͤnnte, hatte ſelbſt der Koͤnig angenommen und ſanktionirt. Von nun an war alſo die Suveraͤnitaͤt des Koͤnigs aufgehoben d. i. er wurde dem Geſetz, oder allen aus dem Rechte der Natur und der Menſchheit hergeleiteten und herzuleitenden unmittelbaren Regeln des oͤffent- lichen Guvernements unterworfen.
LudwigXVI. war alſo damals, was eigent- lich jeder wahre Koͤnig nur ſeyn ſollte, geſetzlicher Verwalter der Nationalkraft nach dem National- willen, oder nach den Geſetzen, welche die Nation ſelbſt entworfen und gutgeheißen hatte. Verwal- tete er nun ſein Ober-Staatsamt nach dem allge- meinen Staatswillen, ſo that er ſeine Pflicht, und war des Gehorſams, der Ehre und ſeiner Beſol- dung bey der franzoͤſiſchen Nation ſicher und werth: denn [ – 3 Zeichen fehlen] erfuͤllte er den National-Contrakt und war das, was er nach demſelben der Nation zu
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Volkes. Aber mit Ludwig XVI, fuhr ich weiter
fort, ſcheint mir das Ding ein ganz anderes Be-
wandniß zu haben. Der Nationalkonvent oder
die Nationalverſammlung vertrat wirklich die ganze
Nation, und hatte folglich das Recht, Geſetze zu
machen, ohne jemand, ſelbſt den Koͤnig nicht
ausgenommen, um Rath zu fragen. Dieſes Ge-
ſetz, daß das Volk, durch die Nationalverſamm-
lung repraͤſentirt, eine Aenderung in der Regie-
rungsform machen koͤnnte, hatte ſelbſt der Koͤnig
angenommen und ſanktionirt. Von nun an war
alſo die Suveraͤnitaͤt des Koͤnigs aufgehoben d. i.
er wurde dem Geſetz, oder allen aus dem Rechte
der Natur und der Menſchheit hergeleiteten und
herzuleitenden unmittelbaren Regeln des oͤffent-
lichen Guvernements unterworfen.
Ludwig XVI. war alſo damals, was eigent-
lich jeder wahre Koͤnig nur ſeyn ſollte, geſetzlicher
Verwalter der Nationalkraft nach dem National-
willen, oder nach den Geſetzen, welche die Nation
ſelbſt entworfen und gutgeheißen hatte. Verwal-
tete er nun ſein Ober-Staatsamt nach dem allge-
meinen Staatswillen, ſo that er ſeine Pflicht, und
war des Gehorſams, der Ehre und ſeiner Beſol-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/319>, abgerufen am 01.11.2024.
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