Kriegskommissärs übernahm. Sein Haus wurde geplündert und seine Frau, ein junges hübsches Weib, aufs ärgste mishandelt. Kaum ließ man ihr so viel, daß sie sich decken und nach Alzey flüch- ten konnte. Hier nahm sich Herr Walther, der Alzeyer reformirte Pfarrer, ihrer au, ließ sie bey sich wohnen und pflegte ihrer wie Bruder. Wahr- scheinlich ist sie nach der schimpflichen Retirade der Deutschen aus jenen Gegenden, wieder zu ihrem Mann gekommen, und wahrscheinlich haben die Franzosen sich gegen meinen Freund, den recht- schaffnen Walther, gut benommen wegen der Sorge für die Frau eines Mannes, der sein Glück ihrem Systeme opferte.
Pfarrer Heres von Bechtheim, ein Vertrau- ter Bahrdts, und der dortige Amtmann Susse- miehl, einer von den wenigen Juristen in der Pfalz, die das Hirn nicht erfroren haben, waren auch unter den Klubbisten: Sussemiehl hatte sogar die Lieferung für Cüstine übernommen. Sie giengen beyde nach Frankreich, nahmen aber ihre Weiber mit. Was sie hinterlassen mußten, fiel den Plünderern in die Hände.
Wer den Hirten hat, hat die Heerde, dieß ist die Maxime, deren Befolgung das Befremden mindert: warum auf dem Lande am Rhein gerade die ansehnlichsten Klubbisten Pfarrer waren, oder
Kriegskommiſſaͤrs uͤbernahm. Sein Haus wurde gepluͤndert und ſeine Frau, ein junges huͤbſches Weib, aufs aͤrgſte mishandelt. Kaum ließ man ihr ſo viel, daß ſie ſich decken und nach Alzey fluͤch- ten konnte. Hier nahm ſich Herr Walther, der Alzeyer reformirte Pfarrer, ihrer au, ließ ſie bey ſich wohnen und pflegte ihrer wie Bruder. Wahr- ſcheinlich iſt ſie nach der ſchimpflichen Retirade der Deutſchen aus jenen Gegenden, wieder zu ihrem Mann gekommen, und wahrſcheinlich haben die Franzoſen ſich gegen meinen Freund, den recht- ſchaffnen Walther, gut benommen wegen der Sorge fuͤr die Frau eines Mannes, der ſein Gluͤck ihrem Syſteme opferte.
Pfarrer Heres von Bechtheim, ein Vertrau- ter Bahrdts, und der dortige Amtmann Suſſe- miehl, einer von den wenigen Juriſten in der Pfalz, die das Hirn nicht erfroren haben, waren auch unter den Klubbiſten: Suſſemiehl hatte ſogar die Lieferung fuͤr Cuͤſtine uͤbernommen. Sie giengen beyde nach Frankreich, nahmen aber ihre Weiber mit. Was ſie hinterlaſſen mußten, fiel den Pluͤnderern in die Haͤnde.
Wer den Hirten hat, hat die Heerde, dieß iſt die Maxime, deren Befolgung das Befremden mindert: warum auf dem Lande am Rhein gerade die anſehnlichſten Klubbiſten Pfarrer waren, oder
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Kriegskommiſſaͤrs uͤbernahm. Sein Haus wurde
gepluͤndert und ſeine Frau, ein junges huͤbſches
Weib, aufs aͤrgſte mishandelt. Kaum ließ man
ihr ſo viel, daß ſie ſich decken und nach Alzey fluͤch-
ten konnte. Hier nahm ſich Herr Walther, der
Alzeyer reformirte Pfarrer, ihrer au, ließ ſie bey
ſich wohnen und pflegte ihrer wie Bruder. Wahr-
ſcheinlich iſt ſie nach der ſchimpflichen Retirade der
Deutſchen aus jenen Gegenden, wieder zu ihrem
Mann gekommen, und wahrſcheinlich haben die
Franzoſen ſich gegen meinen Freund, den recht-
ſchaffnen Walther, gut benommen wegen der
Sorge fuͤr die Frau eines Mannes, der ſein Gluͤck
ihrem Syſteme opferte.
Pfarrer Heres von Bechtheim, ein Vertrau-
ter Bahrdts, und der dortige Amtmann Suſſe-
miehl, einer von den wenigen Juriſten in der
Pfalz, die das Hirn nicht erfroren haben, waren
auch unter den Klubbiſten: Suſſemiehl hatte ſogar
die Lieferung fuͤr Cuͤſtine uͤbernommen. Sie
giengen beyde nach Frankreich, nahmen aber ihre
Weiber mit. Was ſie hinterlaſſen mußten, fiel
den Pluͤnderern in die Haͤnde.
Wer den Hirten hat, hat die Heerde, dieß iſt
die Maxime, deren Befolgung das Befremden
mindert: warum auf dem Lande am Rhein gerade
die anſehnlichſten Klubbiſten Pfarrer waren, oder
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/362>, abgerufen am 21.11.2024.
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